Bundesligafußball – das ist das Ziel, das die Vorarlberger Kleinstadt Lustenau für ihren Fußballclub SC Austria Lustenau verfolgt. Zweimal konnte der Verein sogar schon mal ganz oben mitspielen. Und in der 1. Liga (so nennt sich in Österreich die zweite Liga) hat er sich dauerhaft etabliert. Als Spielort dient das Reichshofstadion, das seit seiner Eröffnung 1951 immer wieder an die sich verändernden Bedürfnisse angepasst wurde und gerade deshalb einen etwas improvisierten Eindruck macht.
Überhaupt fällt es nach heutigen Vorstellungen schwer, mit Blick auf das Ensemble von einem Stadion zu sprechen. Man denkt doch eher an einen Fußballplatz, auch wenn es immerhin rund 9.000 Plätze gibt. Kurz, ein Umbau des Bestands wurde nicht nur aus funktionalen Gründen immer dringlicher, man wünschte sich wohl auch eine Anlage, die besser zum Selbstbild dieser erfolgreichen Region passt. Ein gewisser ästhetischer Anspruch ist damit gesetzt, und Holz als bevorzugter Baustoff ergibt sich mit Blick auf das lokale Bauen ebenfalls wie von selbst. Da passt es, dass mit Bernardo Bader (im Team mit Walter Angonese) ein Architekt gewonnen hat, der als Vertreter einer jüngeren Generation die Vorarlberger Traditionen fortschreibt. Das Ergebnis des Wettbewerbs im Überblick:
- 1. Preis: Bernardo Bader Architekten (Dornbirn) mit Walter Angonese (Kaltern) und gbd (Dornbirn)
- 2. Preis: ARGE Ritter Schumacher (Chur) und wh-p Ingenieure (Basel)
- 3. Preis: marte.marte Architekten mit M+G Ingenieure (beide Feldkirch)
Anerkennungen:
- SHARE architects mit Gmeiner Haferl Zivilingenieure (beide Wien)
- Architektengemeinschaft Walser+Werle (Feldkirch) mit SSD Beratende Ingenieure (Röthis)
- ARGE ma.lo architectural office und arte weissteiner (beide Innsbruck)
Das Programm des geplanten Umbaus wird vor allem von zwei Aspekten geprägt. Erstens steht die räumliche Neuorganisation und funktionale Verbesserung der gesamten Anlage an. Darüber hinaus soll es aber ganz explizit auch um die Identität und die atmosphärische Qualität des Stadions gehen. Wie in vielen fußballbegeisterten Städten wünscht man sich einen von Tribünen möglichst eng und steil umschlossenen Spielort, der das Publikum nahe ans Geschehen bringt. Zugleich muss die Gestaltung aber auch so erfolgen, dass selbst bei geringeren Besucherzahlen kein Gefühl der Leere entsteht. Hinzu kommt, dass das Stadion nicht irgendwo im Industriegebiet steht, sondern zwischen Innenstadt und Rhein, weshalb man sich von der Neugestaltung auch einen Beitrag zur lokalen Identitätsbildung erhofft.
Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung der Jury unter Vorsitz der Wiener Architektin
Hemma Fasch für den Entwurf von Bernardo Bader eine interessante Wahl. Als einziges unter den prämierten Teams nutzten Bader und der Südtiroler Angonese, die zusammen mit dem Ingenieurbüro
gbd ZT arbeiteten, die ohnehin notwendige Flutlichtanlage für eine ikonische Setzung. Sie schlagen vier schlanke Türme vor, mit denen sie das Stadion weithin sichtbar im Rheintal positionieren. Die Sockel dieser Türme sind zugleich Teil eines steinernen Unterbaus, der die neuen Tribünen teilweise zu tragen scheint. Bei aller Strenge überzeugt auch der entspannte Umgang mit den Gastronomie-Zelten des sogenannten Austria Dorfs. Diese werden zwar architektonisch gerahmt, können aber in ihrem informellen Charakter bestehen bleiben. Das macht auch insofern Sinn, als dass sich die Verantwortlichen bei Stadt und Club explizit keine Edel-Arena für VIPs, sondern ein bodenständiges Familienerlebnis wünschen – Stichwort: Ein Wohnzimmer für Lustenau.
Am nichtoffenen Wettbewerb für den Umbau des Lustenauer Stadions hatten sich insgesamt 17 Teams beteiligt, darunter weitere bekannte Vorarlberger Büros wie
Bechter Zaffignani Architekten,
Cukrowicz Nachbaur Architekten und die drittplatzierten
marte.marte Architekten. Über die nächsten Schritte ist noch nichts bekannt, generell sollen die Maßnahmen aber innerhalb des nächsten Jahres begonnen werden.
(sb)
Auf Karte zeigen:
Google Maps