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23.07.2014

Scharfe Kanten

Berliner Wohnhaus von Atelier Zafari


In Berlin verbergen sich viele unerwartete Orte – sogar in der Stadtmitte. Oft übersehen, sind es die Seitenstraßen, die überraschen. Die Waisenstraße zum Beispiel, keine fünf Minuten vom Alexanderplatz und nur einen Katzensprung von der Niederländischen Botschaft entfernt, ist so eine. Hier findet man Relikte der alten Stadtmauer, eine evangelische Kirchengemeinde und seit Kurzem auch eine Neuinterpretation des Berliner Blocks – aber in welcher Sprache?

Für Japan zu groß, für eine mediterrane Architektur zu weiß und für die gewohnte deutsche Architektur zu geheimnisvoll. Entworfen hat dieses für die Hauptstadt untypische Wohngebäude der 42-jährige Sohrab Zafari; das Projekt bekam der junge Berliner Architekt mit persischer Herkunft als privaten Direktauftrag. Weiß strahlt die Fassade des verschachtelten Neubaus, scharfkantig sind seine Ecken.

Die Belichtung der Wohnungen war eine der großen Herausforderung. Das 520 Quadratmeter große Grundstück, auf dem vorher ein paar Garagen standen, schließt auf der einen Seite an die enge Waisenstraße an und ist auf der anderen Seite von einem sechsgeschossigen Gewerbehof umbaut. Die „komplizierte Grundstücks-Geometrie“ dürfte einer der Gründe sein, warum der Baugrund mitten in der Stadt überhaupt noch frei war.

Berlintypisch ist die Brandwand: Die Nordwestfassade musste frei von Fenstern bleiben, damit auch das Nachbargrundstück noch bebaut werden kann. Zafari machte die Not zur Tugend und formuliert diese geschlossene Fassade als eigenes Element, das nicht nur stolz strahlt, sondern auch für die geheimnisvolle Aura des Neubaus sorgt.

Anders als der für den Berliner Wohnungsbau bekannte Wohnblock hat der Architekt ein komplexes und verdichtetes Gebäude entwickelt, in dem sich insgesamt sieben individuelle Wohneinheiten miteinander verschachteln. Bei dreien hat Zafari auch die Innengestaltung übernommen, darunter eine Maisonette-Wohnung und das fünfgeschossige Townhouse mit Pool auf dem Dach.

„Alle Wohnungen sind individuell geplant und gestaltet worden. Sie unterscheiden sich grundsätzlich voneinander und bilden doch zusammen eine Einheit“, so der Architekt. Das sechsgeschossige Vorderhaus beherbergt im Untergeschoss eine Tiefgarage, darüber fünf Geschosswohnungen – davon zwei als Maissonette organisiert. Zwei Stadthäuser, fünf- und dreigeschossig, konzipiert als eigenständige vertikale Wohneinheiten sind zusätzlich über einen Innenhof im ersten Obergeschoss erschlossen.

Sohrab Zafari wollte ein Haus bauen, das „nicht nur Lücken füllt, sondern auch Lücken lässt. Das Haus lebt mit dem Licht und ändert sich zu jeder Tages- und Jahreszeit“, so der Architekt, der vor seiner Selbstständigkeit bei Enric Miralles in Barcelona und bei Schneider + Schumacher in Frankfurt gearbeitet hat. „Es ist mit Licht gebaut und das ist immer spürbar.“ Die weißen, feinkörnig und fugenlos verputzten Wände reflektieren das Licht, außerdem sollen sie durch die Scharfkantigkeit der Gebäudeecken die einzelnen Baukörper einfach, abstrakt und plastisch erscheinen lassen.

Für das Atelier Zafari ist es das erste realisierte Projekt in Berlin – ein weiteres Wohnhaus, das sich an eine Berliner Brandwand anschmiegen soll, ist in Planung. Sohrab Zafari wird die Hauptstadtarchitektur also auch weiterhin aufmischen. (jk)

Fotos: Werner Huthmacher, Christian Dammert, Aviel Avdar


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