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30.08.2017
Schnute, Easter und die Kunst
Berliner Bärenzwinger wird zwischengenutzt
Jahrzehntelang gab es mit dem Bärenzwinger im Köllnischen Park mitten in Berlin eine ganz und gar sonderbare zoologische Einrichtung: Zwei Braunbären hausten dort auf engstem Raum in einem Gebäude aus Backstein, das in seiner idealisierten Formensprache entfernt an Revolutionsarchitektur denken ließ. Entstanden war der Zwinger 1939 durch den Umbau einer alten Betriebsanlage der Stadtreinigung nach Plänen von Georg Lorenz. Die Idee war, eine Art lebendiges Stadtwappen zu schaffen – nach Vorbild des Berner Bärenparks, von wo auch die ersten Bären als Schenkung stammten. Mit dem Tod von Schnute, der letzten Braunbärin, fand diese Berliner Tradition allerdings vor zwei Jahren ein Ende, denn der Zwinger entspricht kaum den Anforderungen des Tierwohls.
Das Gehege samt Haupthaus stand seitdem leer, langsam überwuchert von dichter Vegetation. Zwar wünscht sich eine Bürgerinitiative bis heute die Wiederaufnahme des Bärenbetriebs, und auch weitere Ideen wie der Umbau in einen Kinderspielplatz waren in der Diskussion. Bisher fand sich jedoch kein neuer Verwendungszweck. Jetzt wagt der Bezirk Mitte einen Schritt in die Zukunft und öffnet die Räume für eine zweijährige Zwischennutzung als Ausstellungsraum. Nicht irgendetwas soll dort zu sehen sein, der Fokus liegt auf einer Auseinandersetzung mit dem Ort: In einem ersten Teil geht es um die „Spuren des Animalischen“, die dort noch zu finden sind, danach widmet man sich der „Architektur der Segregation“, für die der Zwinger eben auch steht, und schließlich sollen Perspektiven für die künftige Nutzung des Ortes entwickelt werden. Das Programm haben junge Kuratorinnen und Kuratoren verschiedener Kultureinrichtungen des Bezirks, die auch für die Umsetzung verantwortlich sind, zusammengestellt.
Das Motto bei alledem: „Baer Witness“, was nicht nur auf die Bären anspielt, sondern auch an das englische „Zeugnis ablegen“ denken lässt. Auftakt des zweijährigen Programms bildet unter diesem Titel am kommenden Freitag, den 1. September 2017, die Präsentation von „CUPPA“, einem neuen Musikvideo des Duos EASTER, dessen narrative Szenen im Zwinger spielen. In diesem Rahmen ist außerdem eine performative Installation von Anne-Sophie Kneer zu erleben, mittels der die Besucher die Spuren der letzten Bärin in den Stadtraum tragen. Und Julia König setzt sich skulptural mit den „Verhaltens- oder Umweltanreicherungen“ auseinander, die einst, streng nach dem Handbuch der Tierhaltung, das Leben der Raubtiere mitten in der Stadt erträglicher machen sollten.
Die erste reguläre Ausstellung, kuratiert von Nadia Pilchowski und Julia Heunemann, wird dann knapp zwei Wochen später am 12. September 2017 eröffnet werden. Unter dem Titel „Ursus Olfaciens“ beschäftigen sich Reto Pulfer und Sarah Ancelle Schönfeld ebenfalls mit den Spuren der letzten Bärin. Schönfeld wird den Ort in eine Art Sauna verwandeln, um dadurch „Erstarrtes und Betäubtes“ zu lösen. Und Pulfer, der in Berlin lebt, aber passenderweise wie die ersten Bären in Bern geboren wurde, lädt zur Erforschung der Räume mit der Taschenlampe ein. Verschiedene Objekte und Installationen des Künstlers kontextualisieren dabei die Geschichte des Ortes.
Baer Witness
Termin: Freitag, 1. September 2017, 19 Uhr
Ursus Olfaciens
Eröffnung: Dienstag, 12. September 2017, 18 Uhr
Ausstellung: 13. September bis 29. Oktober 2017
Ort: Bärenzwinger im Köllnischen Park, 10179 Berlin
Fotos: Tobias Willmann
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