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02.06.2021

Filmtipp: Wasserbüffel vor Hochhaussilhouette

Berlinale startet als Open Air-Festival


Berlinale, das schließt normalerweise das Wälzen telefonbuchdicker Filmkataloge mit ein. Dieses Jahr ist auch das, wie so vieles, anders: Nachdem der erste Teil des zweigeteilten Filmfests ausschließlich der Presse und dem Fachpublikum vorbehalten war, lädt jetzt die Sommeredition zum echten Kinoerlebnis. Es findet als reine Open-Air-Veranstaltung dezentral in 16 Freilufkinos statt. Das diesjährige Programm präsentiert sich in verschlankter Form, aber auch mit Filmen, die den architektonischen Blick feiern. Morgen startet der Vorverkauf.

Sektion Forum: „A River Runs, Turns, Erases, Replaces“ von
Shengze Zhu

Die Stadt und der Fluss sind hier Spieler und Gegenspieler. Eine Stadt, die unaufhörlich wächst, deren Betonbrücken und bunt erleuchtete Hochhäuser sich immer weiter in das grünsumpfige Land vorfressen und der Fluss, der ruhig an dem Geschehen vorbeizufließen scheint, ihm jedoch manchmal mit der Unberechenbarkeit der Natur Einhalt gewährt. Die Filmemacherin Shengze Zhu erhebt mit „A River Runs, Turns, Erases, Replaces“ ihre Heimatstadt Wuhan zur Protagonistin dieses abendfüllenden Films. Sie beginnt mit Aufnahmen einer Sicherheitskamera aus dem Frühjahr 2020, die über viele Tage die menschenleeren Straßen Wuhans aufzeichnet, von denen die weltweite Corona-Pandemie ihren Ausgang nahm. Die Regisseurin wandert mit langen stummen Einstellungen weiter die Ränder einer Megacity ab bis dorthin, wo vor der Hochhaussilhouette die Wasserbüffel grasen und die Salatplantagen beginnen. Die Menschen erscheinen in ihrem Film nur wie die Blutkörperchen dieses Stadtorganismus, sie fahren über die Kamerabilder und verschwinden wieder im Dunst von LED-Lichtern und Nebel. Wären da nicht diese Briefe, die Shengze Zhu über ihre langen Aufnahmen streut und vereinzelte, vergangene Stimmen der 10-Millionen-Stadt hervorholt.

„A River Runs, Turns, Erases, Replaces“
Shengze Zhu
USA, 2021
Film in Farbe ohne Dialoge
87 Minuten

Donnerstag, 17. Juni, 21.30 Uhr, Atelier Gardens Freiluftkino, Tempelhof
Sonntag, 20. Juni, 21.30 Uhr, silent green, Wedding


Sektion Encounters: „Nous“ von Alice Diop
Auch jenseits künstlerischer Architekturfilme ist die gebaute Umwelt ein Sujet auf der Berlinale. Im Dokumentarfilm „Nous” etwa, der im März den Preis für den Besten Film in der Sektion Encounters gewann. Feinfühlig zeigt die Filmemacherin Alice Diop darin die Gesichter und Geschichten von Menschen, die nicht im Zentrum einer Stadt, sondern in der Peripherie leben. Die Pariser Banlieues, ihre Wohnhäuser, Straßen, Bahnhöfe und Parkplätze sind dabei die Kulisse, vor der sich die persönlichen Erzählungen entfalten.

„Nous“
Alice Diop
Frankreich, 2020
Dokumentarfilm in Farbe,
Französisch mit englischem Untertitel
115 Minuten

Sonntag, 13. Juni, 22.15 Uhr, ARTE Sommerkino Kulturforum, Mitte
Freitag, 18. Juni, 22.00 Uhr, Freiluftkino vom Filmrauschpalast, Moabit


Shorts IV: Luz de Presença | Al motociclista no le cabe la felicidad en el traje | Das Glitzern im Barbieblut | Vadim na progulke | Deine Strasse
Kurze, aber feine Denkanstöße liefern die Berlinale Shorts. Empfehlenswert hier das Kurzfilmprogramm Shorts IV, das fünf Beiträge aus Portugal, Mexiko, Deutschland, der Schweiz und der Russischen Föderation zum thematischen Schwerpunkt „Reise“ versammelt. Zwei Filme seien hier besonders hervorgehoben. Der erste ist Ulu Brauns 27-Minüter „Das Glitzern im Barbieblut“, in dem die Stadt zu einem Wald aus Zeichen wird. Durch den suchenden Blick einer Handkamera folgt der Künstler und Filmemacher einer nomadischen Mutter und ihren beiden Töchtern auf ihrer Reise durch eine menschengemachte Umgebung, in der sich technischer Fortschritt, Verfall und Magie überlagern. Der zweite ist „Deine Strasse“: Die schweizerische Regisseurin Güzin Kar bündelt in breitformatigen Bildern die Traurigkeit einer unfassbaren Tat. Protagonist ist ein gesichtsloser Straßenzug im trostlosen Bonner Industriegebiet. Er trägt den Namen eines Kindes, das einen rassistisch motivierten Terroranschlag nicht überlebte. Der Film bietet dem kollektiven Verdrängen auf poetische Weise die Stirn.

Shorts IV: Luz de Presença | Al motociclista no le cabe la felicidad en el traje | Das Glitzern im Barbieblut | Vadim na progulke | Deine Strasse


Mittwoch, 09. Juni, 21.45 Uhr, Freiluftkino Hasenheide, Neukölln
Donnerstag, 10. Juni, 21.45 Uhr, Freiluftkino vom Filmrauschpalast, Moabit


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Auswahl und Texte: Sophie Jung & Kathrin Schömer


Zum Thema:

Das ganze Programm des Berlinale-Sommer-Specials sowie der Ticketvorverkauf sind zu finden unter: www.berlinale.de


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„A River Runs, Turns, Erases, Replaces “ von Shengze Zhu

„A River Runs, Turns, Erases, Replaces “ von Shengze Zhu

„Das Glitzern im Barbieblut“ von Ulu Braun

„Das Glitzern im Barbieblut“ von Ulu Braun

„A River Runs, Turns, Erases, Replaces “ von Shengze Zhu

„A River Runs, Turns, Erases, Replaces “ von Shengze Zhu

„Nous“ von Alice Diop

„Nous“ von Alice Diop

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