Mit einem neuen Vorschlag hat der britische Architekt David Chipperfield die Diskussion um das wirtschaftlich darniederliegende so genannte Ku'damm-Karrée in der Berliner West-City belebt: Nach seiner gestern vorgestellten städtebaulichen Studie soll eine zehn Meter breite, offene Schneise in den Gebäudebestand geschlagen werden, die als Passage vom Kurfürstendamm bis zum bestehenden Hochhaus im Blockinneren führen soll. Die beiden in dem Gebäudekomplex integrierten, denkmalgeschützten Theatersäle will der Architekt innerhalb des Komplexes translozieren bzw. abreißen.
Das Ku-Damm-Karree ist ein verwinkelter Komplex im Blockinneren zwischen Kurfürstendamm, Uhlandstraße, Lietzenburger Straße und Knesebeckstraße. Das Einkaufs- und Bürozentrum entstand bis 1974, nachdem die durch Bauskandale bekannt gewordene Architektin und Bauunternehmerin Sigrid Kressmann-Zschach etliche Grundstücke des Blocks aufgekauft hatte. Sie errichtete ein Hochhaus im Blockinneren und ein Passagensystem mit mehreren Eingängen. Kontakt zu den Straßenfassaden hat der Komplex kaum.
Ausgerechnet die Grundstücksteile, die auf den Kurfürstendamm weisen, sind mit zwei Theatersälen aus den frühen zwanziger Jahren belegt, die von außen nicht wahrzunehmen sind. Dort hatte früher der legendäre Theaterintendant Max Reinhardt gewirkt. Heute befinden sich hier zwei beliebte Spielstätten für Boulevardtheater, die die Bevölkerung gerne erhalten sehen möchte. Der Investor hingegen will die Säle abreißen, um die Kudamm-Grundstücke profitabler nutzen zu können.
Seine ersten Planer hat der Investor 2007 entlassen und sich an David Chipperfield gewandt. Doch auch in dessen Vorschlag werden die Theatersäle nicht an Ort und Stelle erhalten. Einer soll an anderer Stelle innerhalb des Komplexes zur Uhlandstraße hin neu aufgebaut, der andere abgerissen und allenfalls durch ein neues, wesentlich kleineres „Studiotheater“ erstezt werden. Bisher war es Konsens unter Bezirkspolitikern gewesen, mindestens einen der bestehenden Theatersäle in situ zu erhalten.
Die neu entstehende Passage soll Publikum anziehen und dem Hochhaus im Blockinneren, das 1995 eine scheußliche Natursteinfassade erhalten hat, eine „Adresse“ geben. Außerdem sieht Chipperfield einen 80 x 30 Meter großen, kolonnadengesäumten „Max-Reinhardt-Platz“ zwischen Hochhaus und Uhlandstraße vor.
Sollte der Bezirk einen Bebauungsplan in diesem Sinne beschließen, könne 2011 Baubeginn sein, hieß es gestern.
Zum Thema:
Ein Interview mit David Chipperfield bei www.designlines.de
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Kinschel | 23.02.2010 16:14 UhrBerlin ist nicht überall Kulturforum
Die Bebauungsstruktur in Berlin ist so vielfältig und differenziert zu betrachten, daß nicht überall ein Platz entstehen muß. Platzgestaltung ist schwierig. Nur eine Schneise mit flankierenden Bauten ist noch kein Platz.
Theatersäale sind komplex. Denkmalgeschützte Theatersäale sind komplex vielfältig.