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02.06.2020

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Struktur pur

Baustellenbesuch in Leiden mit Studio Akkerhuis


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Viele Jahre arbeitete Peter Zumthor an der Umnutzung der Meelfabriek im niederländischen Leiden. Sein Masterplan gilt auch heute noch, doch sein Büro wurde 2014 durch David Chipperfield Architects ersetzt. Große Fortschritte brachte der Wechsel allerdings nicht, weswegen auch diese Zusammenarbeit beendet wurde. Nun allerdings tut sich etwas auf dem Areal. Mit Studio Akkerhuis und den Landschaftsarchitekten Piet Oudolf und LOLA scheint das richtige Team gefunden zu sein. Unsere Bestandsaufnahme zeigt den aktuellen Stand.

Von Nina C. Müller


Bei ihrer Gründung im Jahr 1884 galt die Getreidemühle von Leiden als hochmodern. Malerisch nahe der Altstadt gelegen, wurden die Rohstoffe auf den angrenzenden Kanälen transportiert. Für die Entladung des Getreides kamen moderne pneumatische Maschinen zum Einsatz. Auch das elektrische Licht hielt hier schon früh Einzug. Ende der 50er Jahre produzierten die hiesigen Arbeiter so viel Mehl, dass damit zwanzig Prozent der niederländischen Bevölkerung versorgt werden konnte. Bis in die 70er Jahre erweitere man das Gelände, wodurch nun etliche architektonische Perioden vertreten sind. Was alle Gebäude eint, ist ihre ästhetische Radikalität. Dicht gestaffelt versprechen sie eine Urbanität, wie man sie in kleineren Städten selten antrifft. Wobei auch gesagt werden muss: Leiden liegt in entspannter Pendelnähe zwischen Den Haag und Amsterdam, auch das Meer und Rotterdam sind nicht weit entfernt.

Ende der 80er Jahre erfolgte aus ökonomischen Gründen die Schließung der Mehlfabrik. Es folgte Ungewissheit, was mit den alten Industriegebäuden geschehen soll. Und es drohte sogar der Abriss durch die Stadt, bis der Projektentwickler Ab van der Wiel den Komplex Ende der 90er Jahre erwarb. Seit 2000 steht er unter Denkmalschutz. Nach dem ersten Anlauf mit Peter Zumthor und einem Intermezzo mit David Chipperfield Architects entstehen hier jetzt vorrangig Wohnungen, Büros, Gastronomie und Galerien. Zudem soll die Fabrik wieder stärker an die Stadt angebunden werdem, woran LOLA Landscape Architects und Pflanzenfachmann Piet Oudolf mit einem Plan arbeiten, der auch die Bewohner*innen Leidens involviert. Das Ziel von van der Wiel: die Bauten zum großen Teil erhalten und die Gegend wiederbeleben. Zu den zwölf bestehenden Gebäuden kommen auch neue hinzu. So setzt sich die Geschichte fort.

In Kürze wird die erste Bauphase abgeschlossen. Sie umfasst den Neubau eines Studentenwohnheims, den Bau eines 45 Meter hohen Wohnturms, die Sanierung von zwei Gebäuden, die als Coworking-Spaces vorgesehen sind, und die Umgestaltung der ersten historischen Gebäude in Lofts und Gewerberäume. Parallel hierzu entsteht eine 370 Quadratmeter große Penthouse-Wohnung. Die zweite Phase sieht ein Hotel, ein Spa, Kulturbereiche und weitere Wohnungen vor.

Mit seinen Plänen für die großen Fabrikgebäude sorgte Zumthor zunächst für eine Überraschung, denn der Schweizer Architekt plante die Offenlegung der inneren Strukturen. Möglichst entmaterialisierte Glashüllen sollten sie umkleiden. Das Pariser Studio Akkerhuis – dessen Gründer Bart Akkerhuis früher Associate bei Renzo Piano war und der aus dem gleichen Ort wie van der Wiel stammt – orientiert sich in den Grundzügen an Zumthors Plan. Doch an Stelle eines radikalen Rückbaus auf die Grundstrukten, wie ihn Zumthor vorsah, geht Akkerhuis einen pragmatischeren Weg: Beton, Stahl und Glas erinnern an die Vergangenheit des Areals. „Manche Fassaden werden einfach nur restauriert, andere werden an ihre neuen Funktionen angepasst“, so Akkerhuis.

Klare Abgrenzung zwischen Bestand und Neubauten kennzeichnen die Entwürfe für den Außenraum. Gläserne Quader krönen die alten Bauten und sorgen für Höhe. Im Inneren der transformierten Gebäude dominiert hingegen das industrielle Erbe mit einer rhythmischen Anordnung aus Betonstützen. Gerade in ihrem Baustellenzustand sind die Strukturen sehr beeindruckend. Bei Gebäuden wie dem Meelpakhus springt in Zukunft die Fassade hinter die Außenlinie des Gebäudes, was auf Zeichnungen wirkt, als habe man einen gläsernen Turm in das historische Volumen gestellt. Dieser Teil des Projekts soll 2023 fertiggestellt sein, auch wenn aufgrund von Corona wohl Versspätungen zu erwarten sind. Deutlich wird allerdings jetzt schon: In diesem transparenten Wechselspiel aus Industriegeschichte und zeitgenössischen Erweiterungen entsteht eine besondere atmosphärische Qualität.


Zum Thema:

www.demeelfabriek.nl

Leiden liegt im Trend: Unter anderem entstanden hier in jüngster Zeit ein Museumsbau von HCVA, ein Zentrum für Biodiversität von Neutelings Riedijk Architecten und ein Wohn- und Gewerbekomplex von Geurst & Schulze architecten.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

1

STPH | 03.06.2020 12:50 Uhr

Die Mischung machts


Holland mit Lust auf vertikale Schluchten, die noch steiler sind als die Gebäude selbst, dazu der seltene blick von oben, ergeben eine Kunstlandschaft, die wohl auf dem im platten Land vermisst wird.

was ist, schon Urlaub?

 
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Ein Penthouse wächst aus dem Molengebouw.

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Zwei Studentenhäuser wurden als erstes fertig.

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Wo sich jetzt noch ein Wasserbecken befindet, entsteht eine Tiefgarage und darüber ein Garten. Rechts das alte Direktorenhaus.

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Im Direktorenhaus befinden sich schon seit einer Weile Büros, das Gebäude wurde als eines der ersten saniert.

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