In Lausanne entsteht ein neues Museumsquartier. Wenige Meter vom Bahnhof entfernt bauen Barozzi Veiga derzeit das neue Musée cantonal des Beaux-Arts (mcb-a). In einem Jahr soll es fertig sein. Die erste Ausstellung ist für September 2019 geplant.
Von Friederike Meyer
Das neue Musée cantonal des Beaux Arts (mcb-a) in Lausanne ist ein Riegel im wahrsten Sinne des Wortes. 145 Meter lang, 22 Meter hoch, 21 Meter tief. Es liegt parallel zu den Bahngleisen, die Lausanne mit Genf, Luzern und Zürich verbinden. Auf vier Etagen wird das Haus die neue Heimat jener Kunstwerke, die bisher im Palais de Rumine zu sehen waren. Der Neubau bietet nicht nur dreimal so viel Ausstellungsfläche, sondern auch Buchladen, Restaurant, Bibliothek und ein Auditorium für 300 Leute.
Lange hat der Kanton Waadt um den Standort des Museums gerungen. Anfangs war ein Grundstück am See ausgeguckt, dann bot die Schweizer Bahn (SBB) die jetzige Fläche – ein altes Lokdepot am Bahnhof – an. Insgesamt sollen darauf drei Museen entstehen: Neben dem mcb-a auch das Musée de l’Elysée (Museum für Fotografie) und das mudac (Museum für Design und angewandte Kunst), deren gemeinsamer Neubau nach Plänen von Aires Mateus demnächst beginnen wird. Als Plateforme 10 sollen die Bauten Lausanne zur internationalen Kulturdestination machen – mit optimalen Ausstellungsbedingungen.
Im Jahr 2011 gewann das Büro Barozzi Veiga aus Barcelona den Wettbewerb für das mcb-a. Aufgrund des schwierigen Baugenehmigungsprozesses verzögerte sich der Baustart mehrfach. Inzwischen beginnt der Innenausbau, 2019 soll das Museum fertig sein.
Erhöhter Brandschutz in Gleisnähe
„Die Planung widmet den Kunstwerken mindestens ebenso viel Aufmerksamkeit wie den Museumsbesuchern“ sagt Projektleiter Pieter Janssens, der seit 2011 jede Woche für zwei Tage vom Büro in Barcelona aus auf die Baustelle kommt. Er erzählt von den hohen Sicherheitsmaßnahmen zum Brandschutz. Denn das Haus steht direkt an den Gleisen, das potenzielle Risiko eines Zugunglücks mit brennbaren Gütern ist vorhanden. Zwei Lagen Dämmung auf der Fassade und viele Feuerschutztüren im Innenraum kommen deshalb zum Einsatz.
Die Seite zu den Gleisen ist nahezu komplett geschlossen. Nach Norden, zur künftigen Passage, gibt es mehrere große Öffnungen und die Fassade ist mit 1,50 Meter vorstehenden Lisenen im Abstand von 1,50 Meter strukturiert. Im Wettbewerb hatten Barozzi Veiga eine graue Ziegelfassade in Kombination mit Betonfertigteilen vorgeschlagen. In ganz Europa suchten die Architekten nach einem günstigen Klinker, der ins Budget und zu ihren ästhetischen Vorstellungen passte. Denn Ziegelfassaden sind aufgrund der hohen Löhne in der Schweiz preisintensiv. Schließlich fanden sie einen deutschen Hersteller, der den Klinker speziell fürs Museum herstellt. Am Mockup zeigt Janssens Varianten der Mörtelbearbeitung und der Betonoberflächenbehandlung, und erzählt, dass sechs verschiedene Arten Verglasung zum Einsatz kommen.
Etwa auf der Hälfte des Riegels liegt der Haupteingang zum mcb-a. Eine breite Treppe führt zu einem Bauteil, das noch von der alten Bahnhofshalle stammt und in den Neubau integriert wurde. Sein Fensterbogen bestimmt zugleich die Deckenform im Foyer. Während im Erdgeschoss Bibliothek, Buchladen, Auditorium und ein Projektraum für Workshops und kurzfristige experimentelle Ausstellungen unterkommen, sind die beiden oberen Stockwerke mit insgesamt 3000 Quadratmetern für Dauer- und Wechselausstellungen vorgesehen.
Bloß kein Staub, bloß kein Lüftchen
In den Ausstellungsräumen wird derzeit die Untergrundkonstruktion für die Wandpaneele montiert. Diese bestehen nicht wie häufig aus Gipskarton, sondern aus Holz. Wenn Löcher für Bilderhaken in die Wand gebohrt werden, soll so wenig Staub wie möglich entstehen. Staub schadet der Kunst – ebenso wie Temperaturschwankung. Deshalb ist die Lüftungsanlage nach der Prämisse des geringstmöglichen Luftzuges ausgelegt. Die Schächte sind im Sinne großer Leitungsquerschnitte und somit langsamem Luftdurchflusses großzügig bemessen. Die Zuluftöffnungen liegen auf dem Boden in der Mitte der Ausstellungsräume und nicht etwa vor den Wänden, wo der Luftzug die hängenden Bilder beeinflussen könnte.
Das Dach ist eine Landschaft aus Sheds mit Solarpaneelen, die künftig nur den Hausmeistern zugängig sein wird. Die Ausstellungsräume darunter beeindrucken durch eine skulpturale Decke, die das von Norden einfallende Licht in großen Trichtern reflektiert. Ihre Unterkanten bilden ein quadratisches Deckenraster, in dem die Belichtung und Hängevorrichtungen eingebaut sind.
Beim mcb-a ist es ähnlich wie mit vielen ambitionierten Neubauten, die Städte bauen, um im internationalen Kulturgeschäft attraktiv zu sein. Sie sollen die bestmöglichsten technischen und logistischen Bedingungen bieten, damit Sammler stiften, Prominente Gastspiele geben, Veranstalter Festivals abhalten und dabei nicht zuletzt auch die Versicherungen beruhigt sind. Für das mcb-a liegt die Konkurrenz nur wenige Bahnstunden entfernt. Basel eröffnete 2016 ein neues Haus nach Plänen von Christ und Gantenbein. Und in Zürich wird derzeit das Kunsthaus erweitert, nach einem Entwurf von David Chipperfield – für ein doppelt so großes Budget wie in Lausanne. Das ist Ansporn und Herausforderung genug.
Am 2. Juni von 10 bis 17 Uhr öffnet das Haus erstmals seine Türen für einen Baustellenrundgang. Die Einweihung ist für den 6. und 7. April 2019 geplant.
Weitere Informationen gibt es unter: www.mcba.ch
Zum Thema:
PLATEFORME10.ch
barozziveiga.com
Auf Karte zeigen:
Google Maps