Der Berliner Mauerstreifen ist in den vergangenen Jahrzehnten langsam zugewachsen. Jetzt wird auch die Brache am ehemaligen Grenzübergang Heinrich-Heine-Straße Stück für Stück bebaut. Zwischen aufgelockerter Ost- und Westplatte entsteht neue Blockrandbebauung. Als eines der ersten Häuser wurde nun ein Baugruppenprojekt der Berliner roedig.schop Architekten fertig gestellt. Christoph Roedig, Ulrich Schop und ihre Mitarbeiter sind erfahren im Entwerfen für Berliner Baugruppen. Beispielsweise waren sie am Projekt 3XGrün beteiligt – der Holzbau wurde 2012 beim BDA-Preis mit einer lobenden Erwähnung prämiert. Ihr Projekt Dennewitz Eins am Gleisdreieck gewann den ersten Preis beim diesjährigen KfW-Award.
Das neue Projekt Heinrich 73 bietet 15 Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten auf sechs Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss. Die Architekten platzierten den Erschließungskern zentral hinter der Straßenfassade, vor dem im Erdgeschoss ein Schaufenster und in den oberen Geschossen ein kleiner Austritt für die angrenzenden Wohnungen bleibt. Als Grundlage für die Partizipation der Baugruppe gaben sie ein Raster von drei Metern vor, in dem die Wände individuell platziert wurden. Dies ermöglichte sowohl „Durchwohnen“ zwischen Straßen- und Hofseite, als auch „Querwohnen“ entlang der Fassaden.
Der partizipative Ansatz bot die Vorausssetzung für individuelle Einbauten wie den freistehenden Küchenblock mit Einbauschränken oder den Arbeitsplatz an einer halbhohen Wand. Da die Abluft der Bäder in die Massivdecke integriert wurde, konnte auf weitere Abhangdecken verzichtet werden. Die Deckenhöhe von 2,80 Metern steht im Wohnraum voll zur Verfügung. Die bodentiefe Dreifachverglasung wird an der Straßenseite durch verschiebbare Streckmetallelemente mit goldfarbener Pulverbeschichtung verschattet.
Da an die geschlossene Nordseite des Hauses in naher Zukunft vermutlich kein Gebäude anschließen wird, blieb hier Raum für Kunst am Bau. Das Wandbild „facetime“ der Künstlergruppe various&gould zeigt ein „abstraktes und vielschichtiges Gesicht, das sich jeder Einordnung in Geschlecht und Herkunft verweigert“. „Durch seine Abstraktion und Mehrdeutigkeit passt es sehr gut zu unserer mehrschichtigen, sich immer wieder verändernde Straßenfassade,“ finden die Architekten. (dd)
Fotos: Stefan Müller
Zum Thema:
Mehr neue Wohnformen in der Architektur aus Berlin, Zürich und Weimar zeigt die Baunetzwoche #441
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
1
Thassilo Trost | 24.11.2016 16:02 UhrDas mehrdeutige Gesicht
wow, einfach und gut, es geht doch, - auch im Wohnungsbau wo es hier oft sooo langweilig ist. Mehr davon, lasst die Baugruppen ran!