„There is something for everyone at King’s Cross“ – das Versprechen der Entwickler des Sanierungsgebietes unweit des berühmten Pendlerbahnhofs im nördlichen Zentrum von London ist ein Indiz dafür, wie bei Londoner Städtebauprojekten die Sehnsüchte möglichst vieler Menschen in eine Verwertungslogik überführt werden sollen.
Auf Grundlage eines Masterplans der Londoner Büros Allies and Morrison, Porphyrios Associates und Townshend Landscape Architects entwickelte der Bauträger King’s Cross Central Limited Partnership auf 27 Hektar Wohnungen, Büros und eine Designschule sowie Sporteinrichtungen und – selbstredend – einen urbanen Gemeinschaftsgarten, heutzutage eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiches Stadtteil-Marketing.
Mit dabei sind auch Studenten der Bartlett School of Architecture (UCL), die aus recycelten Materialen wie alten Fenstern für den Garten einige kleine Architekturen entwarfen. Zusammen mit Global Generation, dem künftigen Betreiber des Gartens, konzipiert, ist die Gestaltung nomadisch gedacht, was bedeutet, das die Beete später auf dem gesamten Entwicklungsgebiet umherwandern können. Mit Erde gefüllte Kaffeesäcke und alte Bahnschwellen, die zu Klohäuschen umfunktioniert wurden – die Arbeit mit nachhaltigen Konstruktionsmethoden liefert die passende Ästhetik für die Philosophie des Betreibers: „I, We and the Planet“ erzählt von ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit.
Aber was bedeutet das in einem Viertel mit großem Entwicklungsdruck, in dem sich beispielsweise bald Google niederlassen wird? Birgt dieser Ansatz tatsächlich die Chance auf ein Vorzeigeprojekt mit „sozialem Mix“, wie es sich Peter Bishop – Vorsitzender der Umweltabteilung des Bezirks Camden und Städtebauprofessor an der Bartlett School of Architecture – für Kings Cross vorstellt, oder handelt es sich vor allem um leere Marketingfloskeln?
Sicher ist: Im Gemeinschaftsgarten wird die Sehnsucht des Großstädters nach Authentizität und dem echten Leben bedient. Kinder spielen mit Hühnern vor der Kulisse der umliegenden Büroblocks. „Organic herbs and vegetabes, like us, are locally grown“ heißt es bei Global Generation. Bio-Gemüse: lokal, Akteure und Studenten: auch lokal, denn die Bartlett liegt um die Ecke. So verrät die Rhetorik etwas über das künftige Viertel, denn trotz aller Versprechen, hier bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist die Zielgruppe des Gesamtprojekts doch eine kleine, privilegierte Gruppe gut ausgebildeter Innenstadtbewohner. (df)