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20.01.2017
Hasso Plattners Potsdam
Barberini Palais eröffnet
Es gibt den Typ Kunstsammler wie Julia Stoschek oder Christian Boros. Beide präsentieren sich auf ihre Art als Avantgarde, auch baulich. Boros zeigt seine Sammlung in einem Betonbunker, dem eine Glashaube aufsitzt, und Stoschek lässt für ihre Video- und Filmkollektion eine Berliner DDR-Platte zum Kunstraum umbauen. Und dann gibt es den Typ wie Hasso Plattner. Der SAP-Mitbegründer und Milliardär blickt schon bei seiner Privatsammlung, die er vor allem aus Werken des Impressionismus und der klassischen Moderne anlegte, lieber in die Vergangenheit als in die Gegenwart. In der Architektur greift er nun besonders in die Geschichte: In Potsdam setzte er sich für den Wiederaufbau des Stadtschlosses ein und hat jetzt ein ganzes Palais aus Zeiten Friedrichs d. Großen wieder aufbauen lassen. Heute, 20. Januar, eröffnet der Bau als eine neue, rein privat finanzierte Kunsthalle in der Landeshauptstadt.
In Potsdams historischer Mitte, unmittelbar neben dem Landtagsgebäude und der Nicolai-Kirche, schmiegt sich das neu-alte Barberini Palais in ein ganzes Ensemble von Nachbildungen ein. Ebenfalls noch in unmittelbarer Nachbarschaft: Das abrissgefährdete Mercure-Hotel und die schon zum Abbruch verurteilte Fachhochschule. Und so liegt die neue Kunsthalle in einer recht seltsamen Umgebung, die zwischen bereits rekonstruktiertem Barock und noch bestehender DDR-Moderne schwankt.
An der Qualität der Architektur des wieder aufgebauten Palais besteht kein Zweifel. Thomas Albrecht von Hilmer & Sattler und Albrecht (München) entwickelte aus den Dokumenten, die noch vom originalen Palais erhalten sind, einen modernen Museumsbau mit detailliert ausgearbeiteter Barockhülle. Auf vier Ebenen (Untergeschoss, Erdgeschoss und zwei Obergeschosse) breitete er ein Raumprogramm mit Ausstellungssälen, Veranstaltungsräumen, Eingangshalle und einem Café aus. Hier dominiert gutes Handwerk: Feiner Naturstein, edel gemustertes Fischgrätenparkett, durchdachte Belichtung, neueste Technik verborgen in Wand und Boden.
Hilmer & Sattler und Albrecht beziehen den öffentlichen Raum mit ein, wenn sie die Säulen des Mittelrisalit zu einer offenen Passage ausformulieren, von der aus die Besucher schließlich zum Eingangsfoyer kommen, in dem die Passage in Form einer modernen Säulenhalle weitergeführt wird. Ein „perfekter Museumsbau“ lobt Nicola Kuhn im Tagesspiegel, ein “Geschenk“ schreibt Andreas Kilb in der FAZ. Das Barberini Palais wird auch mit einem hochwertigen Museumsprogramm auffahren. Unter der Direktion von Ortrud Westheider, die bereits im Bucerius Forum in Hamburg Kuratorin war, eröffnet das Palais heute Abend mit einer Ausstellung, die schon jetzt Warteschlangen prognostiziert: Eine Impressionisten-Schau.
Eine gewisse Ironie liegt dem Projekt trotzdem inne, denn selbst der Originalbau des nun kopierten Barberini Palais war einst eine Kopie: Friedrich der Große ließ den Bau von Carl von Gontard nach dem Vorbild des Palazzo Barberini in Rom errichten. Das ganze Projekt war also immer schon ein Fake. (sj)
Fotos: Helge Mundt, Stefan Müller, © Museum Barberini
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Ansicht vom Alten Markt
Rückansicht
Säulenhalle als Eingangsfoyer
Blick auf die historische/neue Mitte Potsdams
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