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09.05.2022
Brüsseler Gewand aus Beton
Bankzentrale von Baumschlager Eberle Architekten
Die Topografie von Brüssels Innenstadt ist recht bewegt. Zwischen den Ufern der Senne und dem Brabanter Plateau geht es von 15 bis 100 Höhenmeter immer wieder munter auf und ab. So auch zwischen dem Grand Place und dem Parc de Bruxelles, wo die Straße von West nach Ost des Höhenunterschieds wegen teilweise über breite Freitreppen führt. Hier hatte die französisch-belgische Bankengruppe BNP Paribas Fortis ihr in die Jahre gekommenes Hauptquartier, das sie durch einen Neubau ersetzen lassen wollte. 2013 schrieb sie dafür einen Architekturwettbewerb aus, den Baumschlager Eberle Architekten (Vaduz) für sich entscheiden konnten.
Die Anforderungen an den Neubau waren vielfältig und reichten von einer neuen Gestaltung über mehr Nachhaltigkeit und einer zeitgemäßeren Büroinfrastruktur bis zu einer besseren städtebaulichen Einbindung in die Nachbarschaft. Gleichzeitig mussten auf dem 14.000 Quadratmeter großen Grundstück aber auch 100.000 Quadratmeter Bruttogrundläche für etwa 4.100 Mitarbeiter*innen untergebracht werden.
Baumschlager Eberle Architekten entwickelten für diesen Zweck eine große, geschwungene Bauform, in der die kurvigen Straßenverläufe des Quartiers aufgegriffen werden. Die Topographie sorgt dafür, dass der Baukörper mal mit sieben, mal mit bis zu elf Obergeschossen sichtbar wird. In der Höhe verspringen die Fassaden an manchen Stellen, sodass das gewaltige Volumen weiter aufgeteilt und mit der Nachbarschaft (die übrigens hauptsächlich aus weiteren stattlichen Steinkästen besteht) verknüpft wird. Innen wird das Volumen mittels dreier organisch geformter Innenhöfe mit insgesamt etwa 1.400 Quadratmetern Fläche geöffnet. Auf Höhe des dritten Geschosses verbinden Brücken die Gebäudeteile miteinander.
Die Architekten betonen, dass sie, so weit es im Rahmen des Auftrags möglich war, auf eine Kreislaufwirtschaft gesetzt haben: „So sicherte der stockwerkweise Abbau der Vorgängergebäude dank Materialtrennung und -recycling wertvolle Resourcen. Zudem wurde die mächtige unterirdische Wanne weiterverwendet.“ Das Gebäude nutzt einen unterirdischen Speicher mit bis zu 14.000 Kubimetern Wasser zur saisonalen Wärmespeicherung oder Kühlung. So benötigt das Haus keine fossilen Brennstoffe und erreichte eine Klassifizierung als Passivhaus. Das Dach ist eine „grüne Landschaft“, abgesehen von den eingebetteten PV-Paneelen bleibt es frei von technischen Aufbauten. Man hofft, dass die 5.500 Quadratmeter von Bienen, Vögeln und Pflanzen als Lebensraum entdeckt werden.
Das äußere Bild wird von etwa 300 tragenden, außenliegenden Säulen aus Betonfertigteilen bestimmt. Dieses „Exoskelett“ wirke wie ein „umhüllendes Gewand, dessen Muster das Volumen zähmt“, schreiben Baumschlager Eberle. In der frontalen Ansicht zeigen sich die Fassaden als zartes, elegantes Tragwerk, das sich in der Halbtotalen und bei der Bewegung ums Gebäude verdichtet oder öffnet. Im Beton enthalten sei ein grün schillerndes Granulat aus Fuchsit, das vor allem an den gestoßenen Ecken sichtbar wird und so für eine leicht polychrom-glitzernde Wirkung der Fassade sorgen soll.
Im Inneren bestimmen drei große Kerne mit Treppenhäusern, Sanitär- und Technikräumen den Grundriss. Sie liegen in einer „weichen Schale“ aus Holzlamellen, die wiederum die äußere Hülle des Gebäudes spiegelt. Die restliche Geschossfläche kann frei unterteilt werden. Laut Architekt*innen lässt dies auch in Zukunft eine flexible Nutzung zu. Arkaden, Höfe und ein Aufzug, der die beiden umliegenden Stadtniveaus verbindet, bleiben öffentlich zugänglich. (fh)
Fotos: Cyrille Weiner
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