Jährlich vergibt der Schweizer Heimatschutz den Wakkerpreis an eine Gemeinde in der Schweiz, die sich mit besonderem Engagement in der Ortsplanung hervorgetan hat. Dazu gehören der bewusste Umgang mit historischer Bausubstanz, die Förderung gestalterischer Qualität im Neubau und eine auf Menschen und Umwelt gerichtete Erhöhung der Lebensqualität. Diese im deutschsprachigen Raum bisher ohne Vergleich stehende Auszeichnung wird in der Schweiz seit 1972 vergeben, zuerst ermöglicht durch ein Vermächtnis des Genfer Geschäftsmanns Henri-Louis Wakker. Zuletzt wurde 2019 die Gemeinde Langenthal ausgewählt und im Jahr zuvor erstmalig eine Stiftung – die Nova Fundaziun Origen. Gleich zu Beginn des Jahres 2020 wurde nun die Stadt Baden gekürt, zum fünften Mal eine Gemeinde des Kantons Aargau.
Clever investieren in öffentliche Freiräume und stoisch an der Verkehrsplanung weiterarbeiten – so in etwa lässt sich das Konzept der Badener Stadtplanung zusammenfassen. Die Zentrumsstadt mit 19.000 Einwohnern liegt im dicht besiedelten Limmattal in der Metropolregion Zürich und bildet einen bedeutenden Verkehrsknotenpunkt in der Schweiz. Ein dichtes Netz aus regionalen Buslinien, Gleisanlagen und Schnellstraßen führten jahrzehntelang zu massivem Verkehr in der Innenstadt. An besonders störanfälligen Kreuzungen – wie etwa dem Schulhausplatz – wurden auch mal dramatische 50.000 Überquerungen pro Tag gezählt. Die unglückliche Kombination aus Zug- und Autoverkehr brachte dem Platz aufgrund seiner Unübersichtlichkeit den Spitznamen „Piazza Insalata“ ein.
Seit fast 100 Jahren engagieren sich Badener Politiker für eine Entflechtung des Verkehrschaos in der Innenstadt, das sich aus übergeordneten Maßnahmen der regionalen und kantonalen Verkehrsplanung immer wieder neu zu speisen scheint. Mit dem Wakkerpreis wird auch diese beharrliche Arbeit gewürdigt und den größten bisherigen Erfolgen Anerkennung gezollt. Zunächst erzielte die Verbannung von Autos und Bussen aus dem historischen Stadtkern einen eindeutigen Gewinn an Lebensqualität für die Badener und stärkte die Gemeinde als Tourismus-Ziel. Im Augenblick noch unkritisch betrachtet, bewirkt diese Aufwertung, dass historische Straßenzüge wie die „Weite Gasse“ sich nun zum Flanieren und Einkaufen eignen.
Die Ableitung des Verkehrs aus der Innenstadt ist auch der aufwendigen Umgestaltung des Schulhausplatzes zu verdanken, für dessen Umgestaltung von 2011 bis 2019 die Gemeinde Baden von der Komission des Wakkerpreises ebenfalls ausgezeichnet wird. Die angrenzenden Wohn- und Arbeitsquartiere sowie der Platz selbst erfahren erhebliche Qualitätssteigerungen für den Fuß- und Fahrradverkehr. Zu weiteren klugen Maßnahmen gehören die Umwidmungen ehemaliger Parkflächen zu städtischen Plätzen mit Aufenthaltscharakter, wie etwa der Theaterplatz am Ufer der Limmat oder der Schlossbergplatz, der nun als Drehscheibe zwischen Altstadt und Bahnhofsquartier fungiert.
Neben den infrastrukturellen Verkehrsmaßnahmen hat sich die Stadt Baden auch auf die denkmalgerechte Pflege historischer Parkanlagen und die Einplanung öffentlicher Freiräume in städtischen Entwicklungsgebieten konzentriert. So erhält und pflegt die Gemeinde mit dem Kurpark und dem Alten Stadtfriedhof ein Stück Stadtgeschichte und Identität, mit dem Trafoplatz und dem sich derzeit in Planung befindenden Brown-Boverie-Platz bekommt Baden neue Grün- und Erholungsräume sowie Raum für öffentliche Veranstaltungen. (kg)
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