Dreißig Jahre braucht das weltbekannte Wasser von den schneebedeckten Bergkuppen der Dolomiten durch Felsen und Gesteinsschichten bis zur Quelle in San Pellegrino im Val Brembana, wo es seit 1899 in einer Fabrik abgefüllt und in die ganze Welt exportiert wird. Sprudelnd und besonders mineralreich ist es, durch Klima und Boden einzigartig. Das Unternehmen spricht von einem besonderen „Terroir“ – ein Begriff, der bekanntlich beim Wein geschmackliche Spezifika, die auf geologischen Eigenheiten beruhen, beschreibt.
Das Konzept des Terroirs verdeutlicht, wie bei San Pellegrino bestimmte Alleinstellungsmerkmale der Marke untrennbar mit der Firmenidentität und der vordergründig unberührten Natur der Umgebung verwoben sind. Wenn es nun bei einem Wettbewerb um eine Erweiterung der existierenden Abfüllanlagen ging, war eine Architektur, die dem Rechnung trägt, sicherlich im Vorteil. Geplant ist ein Gebäude, das gleichermaßen das alltägliche Arbeitsumfeld für die Mitarbeiter verbessert und Besuchern das Erlebnis der Marke – die „San Pellegrino-Erfahrung“ – in einem „Experience-Lab“ ermöglicht. Von den vier Büros, die der Einladung zum Wettbewerb folgten, Snøhetta (Oslo), aMDL Michele De Lucchi (Mailand), MVRDV (Rotterdam) und BIG (Kopenhagen) schafften es die beiden Letzteren in die engere Wahl. BIG erhielten jetzt schließlich den Zuschlag – ab 2018 soll der Komplex aus Funktionsbauten und Besucherzentrum realisiert werden.
Wie es halt typisch ist für Flagship-Architektur: Plakative, symbolische Gesten als Übersetzung von Firmenwerten sind Trumpf – auch in San Pellegrino. Im Zusammenhang mit der angesprochenen Liaison von Markenidentität und landschaftlichem Kontext öffnet sich hier natürlich hinsichtlich möglicher Metaphern die Büchse der Pandora. Von den Oberkanten einer sternförmigen Gebäudekubatur, die das Firmensymbol reproduziert, strömt San Pellegrino in einem Wasserfall über die Fassade (MVRDV). Oder es wird von einer kreisrunden, gebauten Regenwolke, die den Startpunkt der Wanderung des Wassers verbildlicht, eine umlaufende Glasfassade extrudiert, die dem Gebäude eine mit Regen assoziierte, permeabel wirkende Hülle geben soll – die aber gleichzeitig auch noch die Geometrie eines Flaschenbodens referenziert (Snøhetta).
Auch die Dänen um Bjarke Ingels bedienen sich eines kitschigen Bildes. Aber eher rhetorisch zur Kommunikation ihrer Entwurfsstrategie, als dass es direkt in der Architektur verwirklicht wäre. „Wie das Mineralwasser selbst, entspringen die neue Fabrik und das Experience-Lab aus natürlichen Quellen“. Statt dem existierenden Komplex „eine neue Identität aufzuzwingen“, schlagen sie vor, ihn „aus sich heraus wachsen zu lassen.“ Das erklärt im Übrigen auch die klassischen Zitate aus dem Fundus der italienischen Architektur und des Städtebaus: Arkaden, Viali, Piazza und Portico.
Damit bekommt die Quelle eine weitere Bedeutungsebene, die Für BIG eher ungewöhnlich ist. Das passt ganz gut zur Made-In-Italy-Verpflichtung von San Pellegrino, die Stefano Agostini, Präsident der San Pellegrino Group, mit dem Bau verwirklicht sehen will. Architektonische Elemente der italienischen Klassik und des Rationalisumus, Firmenerbe und Natur werden hier synthetisiert. „Turning all the ordinary into something extraordinary“, wie Bjarke Ingels die Aufgabe des Architekten im von San Pellegrino produzierten Werbefilmchen umreißt. (df)
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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d.teil | 12.03.2017 18:38 Uhr
guter Artikel......
......und wie es auf den ersten Blick scheint: schlechte Architektur oder schlechte Ideen? Nun, wir Architekten haben es aber nicht zwingend immer leicht heutzutage. Man weiss ja nicht, wieviel Zeit die Büros für die Bearbeitung erhalten haben. Die Regel ist leider heutzutage: Du hast kaum Zeit. In der Regel bleiben dir plus minus 2 Monate für eine Beabeitung. Selten mehr, öfters gar weniger. Bei den Bildern kommt kein Frohsinn auf. ...."Wie aus der Pandorra"....trifft es schon recht gut.
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Tine Wittler | 22.02.2017 18:42 Uhr
Den Bogen überspannt
...insgesamt die überzeugendeste Variante von BIG für die Aufgabe. Aber jetzt mal ehrlich Jäger: die Entwürfe, allesamt, ertrinken in ihren Symboliken zur Marke und zum Standort derart, dass es wehtut... ganz zu schweigen von den Kompositionen der Rederings und dem Griff zur Flasche... Kontextbezogene Architektur muss ja nicht heißen, dass man sich der Anbiederung oder einfacher Metapher bedienen muss... Herr Venturi, bitte übernehmen Sie!
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alex | 22.02.2017 17:28 Uhr
nestlé
alle mit dabei beim wasserklau? war das nicht so, dass der mutterkonzern günstig an quellen kommt und das wasser dann an die dortige bevölkerung günstig verkauft? was die grossen architekten da alles mitmachen.
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auch ein | 22.02.2017 17:12 Uhr
architekt
was ein käse "marke san pellegrino"
trinkt wasser aus der region, das braucht kein mensch
dann muss man auch nicht so nen unsinnigen architektur-zoo wettbewerb machen
2
Karin Domig | 22.02.2017 16:32 Uhr
...eine
gute Entscheidung ... erinnert an Viadukte, die einst und somit auch heute das Wasser trage...
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d.teil | 12.03.2017 18:38 Uhrguter Artikel......
......und wie es auf den ersten Blick scheint: schlechte Architektur oder schlechte Ideen?
Nun, wir Architekten haben es aber nicht zwingend immer leicht heutzutage. Man weiss ja nicht, wieviel Zeit die Büros für die Bearbeitung erhalten haben. Die Regel ist leider heutzutage: Du hast kaum Zeit. In der Regel bleiben dir plus minus 2 Monate für eine Beabeitung. Selten mehr, öfters gar weniger.
Bei den Bildern kommt kein Frohsinn auf.
...."Wie aus der Pandorra"....trifft es schon recht gut.