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22.11.2010

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Pumpwerk und Autostazione

BDA-Nachwuchs-Preise in Berlin


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Trotz der außerordentlichen Projekte, die am vergangenen Freitag im Bethanien in Berlin mit dem Nachwuchspreis des BDA Berlin beziehungsweise mit zwei Auszeichnungen prämiert wurden – so richtig glücklich war die Jury nicht. Zum diesjährigen Hans-Schaefers-Preis waren nur 16 Arbeiten eingereicht worden, für die Daniel-Gössler-Belobigung – den entsprechenden Architekturtheorie-Preis – nur eine einzige, und deren Einreicher war auch noch ein paar Monate zu alt, weshalb dieser Preis nun gar nicht vergeben wurde.

Die Jury, allen voran deren Vorsitzende Angelika Schnell (Wien), warb in ihrer Festrede daher eindringlich um den Nachwuchs. Zudem wurden die Auswahlkriterien gelockert: In Zukunft sollen auch Kooperationen zwischen „Senior-Partnern“ – also über 40-Jährigen – und jungen Architekten preisfähig sein. Ein Büro war sogar bereits dabei, das in solch einer Konstellation arbeitet: Johannes Löbbert und Johan Kramer von Glass Kramer Löbbert Architekten (Berlin) wurden für das MRT-Forschungsgebäude in Berlin-Buch mit einer Auszeichnung gewürdigt. Eine weitere Auszeichnung ging an Tim Bauerfeind und Henning von Wedemeyer von UT Architects (Berlin) für die Ausbildungswerkstätten RZB E.V. (siehe BauNetz-Meldung vom Januar 2010).

Die beiden gleichwertigen Preisträger sind in diesem Jahr die Architektin Anne Boissel mit ihrem Projekt „Autostazione Zepperi" im italienischen Olevano Romano sowie Nils Wenk und Jan Wiese mit dem Umbau eines Pumpwerkes in Berlin-Neukölln zum Wohn-, Atelier- und Galeriehaus.



„Das Preisgericht überzeugte der engagierte Umgang Boissels mit einem verlassenen Busbahnhof aus den 50er Jahren, dessen historischer und kultureller Wert in Verbindung mit einer neuen Nutzung für die Bewohner verdeutlicht wurde. Anne Boissel setzt auf einfache Gestaltungsmittel. Mit Lichteffekten, reflektierenden Materialien aus dem Straßenbau sowie wenigen baulichen Maßnahmen rückt sie das Gebäude wieder in den Blickpunkt.“

Am umgebauten Punpwerk Neukölln überzeugte die Jury, dass die Architekten „mit wenigen gezielten aber beherzten Eingriffen den denkmalgeschützten Industriebau von 1925/26 in ein Atelierhaus mit Künstlerateliers, einer Wohnung sowie einer Galerie umwandelten. Vorhandene Elemente wie die Krananlagen wurden dabei erhalten, in die neuen Nutzungen integriert und in ein Gestaltungskonzept eingebunden, das seine Wirkung aus der Reduktion auf wenige Elemente sowie homogene Flächen erzielt.“

Beide werden dafür ausgezeichnet, dass sie eine „besonders engagierte und präzise Haltung gegenüber dem Bestand einnehmen, dessen Wert und Brauchbarkeit sie anerkennen, ohne diesem zu huldigen. Beide vermeiden den Terminus ‚Bauen im Bestand‘, genauso wie das Attribut ‚historisch‘. Der jeweilige Eingriff bzw. Umbau erfolgt ganz und gar als Antwort auf gegenwärtige Notwendigkeiten des Gebrauchs, der Finanzierung und auch der Ästhetik. Besonders überzeugte die Jury, dass beide Verfasser ihre Intelligenz und Sorgfalt auf die Herausarbeitung der Komplexität des Themas aufgewendet haben“ (Jury).

Eine Ausstellung aller eingereichten Arbeiten ist noch bis zum 22. Dezember 2010 in der BDA-Galerie, Mommsenstr. 64, 10629 Berlin, zu sehen. Öffnungszeiten: Mo, Mi, Do 10-15 Uhr und nach Absprache.


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

9

Peter | 25.11.2010 14:55 Uhr

Nachwuchsförderung

An Florian und alle Interessierten:

Ich bin gerne bereit für eine Vertiefung dieses Themas, wie es Florian angesprochen hat, allerdings außerhalb dieser Plattform, die dafür wenig geeignet scheint. Vielleicht kann die Baunetz-Redaktion meine e-Mail-Adresse an Florian und ggfs. an weitere Interessierte weitergeben - ich lege sie diesem Kommentar bei. Florian, vielleicht kannst Du Dich in dieser Sache ebenfalls bei der Baunetz-Redaktion melden.

8

Peter | 24.11.2010 16:47 Uhr

Nachwuchs

an Frank:

Vielen Dank, Frank. Genau so ist es. Du hast für meine Gedanken die treffendsten Worte gefunden.

Die deutsche Vorgehensweise, den Architekten-Nachwuchs (nicht) zu fördern, endet darin, dass

a) wie gesagt fähige Köpfe ins Ausland abwandern

b) junge Architekten gezwungen sind, für schlechtes Geld in größeren und großen, etablierten Büros zu arbeiten, aus denen sie, je länger sie dort arbeiten, immer schwerer herauskommen (sie haben ja keine eigenen Referenzen, und irgendwann sind sie zu alt, um bei den Wettbewerben noch als "jung" oder "Nachwuchs" durchzugehen). Diese "Jungen" können es dann vergessen, später am Wettbewerbswesen teilzunehmen.

Wer also seine Auftraggeber nicht gerade in der Verwandt- und Bekanntschaft rekrutiert (neudeutsch: Networking), der schaut in die Röhre, und ist er noch so talentiert und fähig...

Und gleichzeitig wickeln jahrzentealte, behördenartige, dreibuchstabige Planungsfabriken a la GMP, HPP, HWP und wie sie alle heißen einen uninspirierten Wettbewerb nach dem anderen ab, belasten unsere Umwelt mit gebauter Langeweile und werden immer wieder zu neuen Teilnahmen zugelassen.

GRW, RPW und Co. bzw. deren Auslegung und Anwendung leisten ihren vernichtenden Beitrag zur Auslöschung eines guten Stückes Baukultur, obwohl sie eigentlich für das Gegenteil gedacht sind.

Leute, eigentlich ist das alles nicht weniger als ein Skandal.

7

Florian | 24.11.2010 13:08 Uhr

Was tun?

Ich stimme 1-6 vollkommen zu.
Die Kammer habe ich als selbstständiger Berufsanfänger bisher als wenig hilfreich empfunden- im Gegenteil, eher als verkrustetes System permanenter Gängelei. Das fängt bei unsinnigen Aufnahmekriterien wie dem Nachweis einer existierenden Berufshaftpflicht (die zur Aufnahme nicht projektbezogen abgeschlossen werden darf- also hohe Versicherungskosten auch ohne konkrete Bauaufgabe!) und hört bei den vollkommen irrsinnigen Referenzanforderungen für Wettbewerbe auf.

Die Wut ob dieser Hilflosigkeit gegenüber diesem System der Abschottung ist groß, doch die Frage ist, was wir konkret gegen diesen Zustand unternehmen können- wie verschaffen wir uns Gehör? Wie bekommen wir eine Lobby? Petitionen? Offene Briefe? Plattformen schaffen? Anyone?
Wir sind viele!

6

Frank | 23.11.2010 15:53 Uhr

Nachwuchs

Da wundert sich die Jury, dass unter den aktuellen Bedingungen keine Nachwuchsprojekte eingereicht werden.
Der Grund ist ganz einfach - es gibt sie nicht. Dafür haben die Kammern durch Wettbewerbszulassungsbeschränkungen, private und öffentliche Bauherrn gesorgt.
Nachwuchs erscheint den Senioren als billiges, unerschöpfliches Arbeitsreservoir. Der junge, selbstständige, erfolgreiche Architekt ist wohl ihr größter Alptraum. Konkurrenz das schlimmste, vorstellbare Übel. Daher ist man sich schnell einig, wie der Berufstand gesichert werden muss - man grenzt die Jungen systematisch aus.
In allen anderen Bereichen ist das genau umgekehr, da wird gefördert, gehipt, da wird an der Zukuft gearbeitet.
Ganz anders geht das Ausland mit dem Thema um. Dort wird der Nachwuchs noch als Bereicherung empfunden wird. Wenn sich dann die Architekturpflänzchen unter dem angenehmen Klima gut entwickelt haben, kann man sie später risikoarm importieren und alle wichtigen Gebäude bauen lassen (Reichstag, Allianz Arena, Elb Philharmonie, Neues Museum...) .

Wo nichts wächst, da kann nichts werden.

5

gescheitert aber zufrieden | 23.11.2010 11:18 Uhr

Auswahlkriterien gelockert

Die Unorganisiertheit sowie der Lobbyismus des BDA's-Berlin spieglt sich in den Auszeichnungen wieder. Gegenüber des Auslobungstextes wurden plotzlich nur realisierte Projekte zugelassen, die Projekte welche sich theoretisch mit aktuellen und städtebaulichen Themen auseinandergesetzt haben wurden weder beachtet noch erwähnt. 5 von den 16 waren theoretischer Natur, die können sich nicht alle "girrt" haben. Hintergrund dafür ist warscheinlich die zusätzliche Preisvergabe durch die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher welche die Preisträger zu einem Bewerbungsverfahren für einen von der Stadt auszulobenden Wettbewerb einlud. Fraglich ist auch, gegenüber des Auslobungstextes, die plötzliche Lockerung der Auswahlkreterien. Sicherlich wäre es jedem Teilnehemer möglich gewesen sich mit einem älteren Architekten zusammen zu tun. Lieber BDA so gewinnt ihr keinen Nachwuchs!

4

Junior | 23.11.2010 10:49 Uhr

Nachwuchs

Qualität entsteht in der Marktwirtschaft durch Wettbewerb. In der Architekturbranche ist die Teilnahme an diesem Wettbewerb für junge Büros nahezu verunmöglicht. Die Folge ist eine Erstarrung und Verödung der Branche - neue Ideen haben keine Chance, wenn die Alten ihre zigfach erprobten Konzepte immer wieder neu aufwärmen. Talentierte, aber frustrierte junge Architekten wandern massenhaft ins Ausland ab (Stichwort Schweiz), übrig bleiben die Mittelmäßigen.

Die Einführung einer Senior-Kooperation ist ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Der "Brain Drain" wird dadurch nur weiter beschleunigt.

Stattdessen müssen junge Architekten wieder die Möglichkeit erhalten, sich am Wettbewerb zu beteiligen - nur das kann die Qualität deutscher Architektur sichern und anheben.

3

nicht mehr 40 | 22.11.2010 17:27 Uhr

Alter+

Die neue mögliche Regelung "Junior+Senior" wird dazu füren, daß die "Alten" sich jetzt einen "Jungen" suchen, um auch diesen Preis abzuholen.

2

nicht mehr 40 | 22.11.2010 17:25 Uhr

Alter

Keine Wunder, daß kaum Projekte eingereicht wurden, da die "Jungen" immer weniger zum Bauen kommen, da die "Alten" nicht genug bekommen.

1

Peter | 22.11.2010 16:53 Uhr

Nachruf zum Nachwuchs

Traurig. Ist diese Meldung Ironie? Sarkasmus ?Ich sehe mich selbt als Teil dieses Nachwuchses, und in meinem Umfeld kenne ich einige, die die Situation ähnlich sehen dürften - kurzum:

Gebt uns Aufträge, dann geben wir Euch junge Nachwuchsarchitektur zurück!

Mit großer Sorge beobachte ich das Wettbewerbswesen in Deutschland, und für uns Nachwuchsarchitekten ist es in den letzten Jahren nahezu unmöglich geworden, einen Auftrag über die Teilnahme an einem Wettbewerb zu aquirieren. Offene Wettbewerbe für Hochbauprojekte gehören faktisch der Verganganheit an, und die Bewerbungskriterien für halboffene Verfahren sind mittlerweile so streng, dass junge Architekten ohne entsprechende Referenzen kaum noch eine Chance haben.

Verehrte Kollegen im BDA und in den Architektenkammern, verehrte Bauherren - bitte tun Sie etwas! Wir können nicht auf der einen Seite über mangelnden Nachwuchs klagen und auf der anderen Seite klüngelhafte Lobbyarbeit und Abschottung gegenüber dem Nachwuchs betreiben.

Ja, wir möchten unsere Fähigkeiten auf den Prüfstand stellen. Ich bin überzeugt, wir haben gute Ideen. Um unser Können unter Beweis zu stellen, brauchen wir "Jungen" mehr Wettbewerb(e).

Ja, ich mache mir ernsthaft Sorgen, nicht um meine persönliche Zukunft, sondern vor allem um die Zukunft der deutschen Architekturszene insgesamt, die sicher noch nie für besondere Aufgeschlossenheit und Innovationsfreude bekannt war. Dennoch haben wir einen Ruf zu verlieren und teilweise auch erst wieder neu aufzubauen. Bei den derzeitigen Rahmenbedingungen sehe ich dafür derzeit eher schwarz.

 
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Preis: Autostazione Zeppieri

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Preis: Pumpwerk Neukölln

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