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05.07.2018
Dreieck, Prisma, Stirlingstützen
Ausstellungsarchitektur für die Berlin Biennale der Büros für Konstruktivismus
von Kathrin Schömer
Es ist eine definitive Neuerung in der Geschichte der Berlin Biennale, die in diesem Jahr zum 10 Mal stattfindet – und höchste Zeit dafür: Chefkuratorin Gabi Ngcobo machte erstmalig eine aus einer Hand geplante Ausstellungsarchitektur zur Bedingung ihres Kuratorenvertrags. Mehrere Büros wurden kontaktiert, den Zuschlag erhielten Sandra Bartoli und Silvan Linden. Als Büros für Konstruktivismus (Berlin) planen und bauen sie, wohingegen sie sich unter anderem mit ihrer Magazinreihe AG auch mit der Rezeption von Architektur im Gebrauch auseinandersetzen. Sie planten zum Beispiel den Umbau der Berliner Galerie carlier | gebauer, gestalteten Beiträge zu Ausstellungen wie „The Domain of the Great Bear“ (Kunstraum München) oder als eigenständige Arbeit lesbare Displays wie für „La Zona“, einer Ausstellung der NGbK Berlin, die sie zusammen mit Ulrike Feser und Florian Wüst auch inhaltlich konzipierten.
Die 10. Berlin Biennale sieht sich als Konversation von und mit Positionen, deren Dringlichkeiten außerhalb der Kunst verortetet sind. Sie möchte den Zustand kollektiver Psychose, in der die Kunst zum einen, zum anderen aber auch die gesamte Gesellschaft derzeit verharren, mithilfe der Kraft radikaler Subjektivität überwinden. Die drei innerhalb des S-Bahn-Rings weit verstreuten Hauptaustragungsorte greifen verschiedene Stationen bis zu diesem konstatierten heutigen Dämmerzustand auf: Historisches Kunstverständnis (Akademie der Künste) wird um den seit Anfang der 90er-Jahre geprägten Zeitgenossenschafts- und Teilhabebegriff (KW-Institute for Contemporary Art) sowie die Reflexion der Entstehungsbedingungen von Kunst und des Künstlers als politisiertem Körper (ZK/U) erweitert. Mit dem HAU2 und dem Pavillon der Volksbühne kommen zwei weitere Orte hinzu, die mit klar zeitbasierten, performativen und ephemeren künstlerischen Strategien assoziiert sind.
We don’t need another White Cube
Passend zum Thema der Biennale X, „We don’t need another hero“ (nach Tina Turners Song von 1985), war es auch den Architekten der Büros für Konstruktivismus ein Anliegen, kein abstraktes, physisch fast nicht existentes Ausstellungsdisplay zu entwickeln, das die gezeigten Arbeiten (und ihre Verfasser) unantastbar auf einen Sockel hebt. Ihre Ausstellungsarchitektur aus Ständerwänden, die strenge, geometrische Grundformen annehmen, ist im Gegenteil collagenhaft. Sie geht humorvoll auf die räumlichen Besonderheiten und institutionellen Dispositionen der beherbergenden Räume ein – und bleibt stets Intervention: klar als Addendum oder Kommentar erfahrbar.
In Düttmanns mittlerweile deutlich patinierten und teilweise durch akustische und lichttechnische Maßnahmen verbauten Akademie der Künste wird beispielsweise an die ursprünglichen Qualitäten des Baus erinnert: Das Tageslichtsystem und das Ausstellen der Möglichkeiten industrieller Vorfertigung. Aus jeder der drei Ausstellungshallen wirkt nun – trotz Lichtschutzfolie – der obere Patio wieder als Zentrum des Baus. Durch spielerische Überzeichnung von Perspektive und Proportionen – verzerrte Einbauten und nicht zuletzt die an James Stirlings Badass-Postmodernebauten erinnernden Stützen – tritt die stark rationale, ursprüngliche Planung wieder in den Vordergrund. Eine Ständerwand schneidet quer durch die sich durch Akustikplatten nach oben hin im diffusen, leicht schmuddeligen Dunkel verlierende Shedhalle und macht ihre lichte Raumhöhe von 7,50 Metern spürbar.
Bruch mit dem Auratischen
Besonders gut funktioniert das Konzept allerdings in den Räumen des KW in der Auguststraße: Die geometrische Strenge und der nahezu groteske Wille zur Form der von Bartoli und Linden eingefügten Raumsequenz treffen im Erdgeschoss auf die freigelegten und dadurch pittoresk betonten Ziegel der Kappendecke im Bestand oder pressen sich im dritten Obergeschoss durch die vorhandene Säulenreihe. So wird mit der – insbesondere nach der letzten Renovierung – nahezu ikonenhaft konservierten Aura des in den Neunzigerjahren umgenutzten Altbaus aufgeräumt.
Seit dem letzten Direktorenwechsel erfolgt der Eintritt in die KW-Ausstellungen seitlich und durch das Treppenhaus – eine Nadelöhrsituation, nach deren Passage der anschließende bombastische Raum im Untergeschoss schon ein Angebot machen muss, um nicht erschlagend zu wirken. Mittels ihrer von einem sechseckigen Raum eröffneten Enfilade aus Ständerwänden konnten BFK diese Erwartungshaltung lakonisch überhöhen – und der Halle zudem zu ihrem verdient royalen Auftritt verhelfen.
Dass diese dann durch die Künstlerin Dineo Seshee Bobapes wiederum zu ruinösen Szenerie umgestaltet wird, entbehrt zwar nicht einer gewissen Ironie, war aber Teil des Konzepts: Die Ausstellungsarchitektur entstand ohne Kenntnis eines endgültigen Hängeplans, Änderungen waren bis zur letzten Minute möglich. Es ging darum, räumliche Möglichkeiten zu eröffnen, die die Kunst dann nutzen konnte. In der Regel ging das Hand in Hand, wie im Falle von Mario Pfeifer, dessen Doppelprojektion einen bestimmten Schneidewinkel zweier Wände benötigte. Lediglich im ersten Stockwerk der KW wurde auf ein größereres Gestaltungselement verzichtet: Die Idee eines über zwei Geschosse reichenden Turms musste einer kuratorisch erwünschten, nun durch flatternde Bahnen aus Abdeckfolie markierten Bühne weichen.
Fotos: Martin Eberle, Timo Ohler, Tobias Fink, BFK
Zum Thema:
Mehr zu den Inhalten der 10. Berlin Biennale in der Baunetzwoche#516: Fetisch Bunker
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Ausstellungsräume in Form gleichschenkliger Dreiecke und Prismen installierten BfK in der Akademie der Künste und dem KW-Institute for Contemporary Art.
Eine Ständerwand schneidet Düttmanns Shedhalle und macht ihre selten genutzte volle Höhe erfahrbar.
Wo nichts gehangen wurde, sind die Wände nur einseitig beplankt – die offene Rückseite erhält mobiliarhafte Qualitäten.
Schneiden und spiegeln gehören zum gestalterischen Vokabular der Ausstellungsarchitektur.
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