„Wir brauchen nicht nur mehr Wohnungen, wir brauchen auch andere Wohnformen“, schrieb Gerhard Matzig Anfang Oktober in der Süddeutschen Zeitung. Damit bringt er die „Wohnungsfrage“ auf den Punkt. Wollte man in den Neunzigern noch „schöner Wohnen“, und in den Nuller Jahren vielleicht eher „anders Wohnen“, geht es aktuell in vielen Städten nur noch um eins: bezahlbaren Wohnraum. Und da dieses Problem nach den gescheiterten Großkomplexen des sozialen Wohnungsbaus der 60er bis 80er Jahre weltweit vor allem die Immobilienbranche zu lösen versucht (oder zumindest mit Formeln wie „Smart Living“ die dementsprechenden Profite für sich zu nutzen weiß), und Politik sowie Architekten die dadurch in Gang gesetzten Prozesse nur noch als Zaungäste beobachten, werden Wohnungen weder schöner noch besser und schon gar nicht sozialer oder günstiger. Zeit also für Alternativen – Zeit, das etwas passiert.
Der „Wohnungsfrage“ stellt sich das Haus der Kulturen der Welt in Berlin zum Jahresende mit einem vielschichtigen Programm. Neben der Ausstellung, die diesen Donnerstag eröffnet wird, gibt es ein Symposium am Eröffnungswochenende (u.a. mit Reinhold Martin, Pier Vittorio Aureli und Martha Rosler), eine internationale Akademie und eine Publikationsreihe. Kuratiert von Jesko Fezer, Nikolaus Hirsch, Wilfried Kuehn und Hila Peleg untersucht das HKW-Projekt Wohnungsfrage die „spannungsgeladene Beziehung von Architektur, Wohnungsbau und sozialer Realität“.
Da dürfen neben Architekten und Planern auch Nutzer und Bauherren nicht fehlen, so dass u.a. die Berliner Initiativen Seniorentreff Stille Straße und die Mietergemeinschaft Kotti&Co in die Rolle der Auftraggeber treten. Während sich die Ausstellung so experimentellen Wohnformaten bis hin zur Realisierung von Wohnmodellen im Format 1:1 widmet, setzen sich die Spector-Books-Publikationen mit den Möglichkeiten eines selbstbestimmten, sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus auseinander. Hannes Meyer, Friedrich Engels und Atelier Bow-Wow – die Namen spannen einen Bogen über historische Schlüsselwerke und internationale Fallstudien.
Eröffnung: Donnerstag, 22. Oktober 2015, 19 Uhr
Eröffnungsprogramm: Freitag, 23. Oktober, 14-22 Uhr
und Samstag, 24. Oktober, 14-22 Uhr
Ausstellung: 23. Oktober bis 14. Dezember 2015
Ort: Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, 10557 Berlin
Das Projekt Wohnungsfrage findet im Rahmen von 100 Jahre Gegenwart statt, das als Zeitdiagnose aktuelle gesellschaftliche Probleme im Kontext historischer Perspektiven sucht. BauNetz ist Medienpartner des HKW-Projekts Wohnungsfrage.
Zum Thema:
www.hkw.de
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