Flüchtlingslager sind für den Architekten Manuel Herz die vermutlich direkteste Umsetzung von Politik in Raum. „Wer trägt die Verantwortung?“, lautet die Frage, die seiner Ausstellung in Innsbruck zugrunde liegt.
Ausgehend von konkreten Situationen in West- und Zentralafrika, setzt Herz sich mit den Auswirkungen einer bedenklichen Planungsstrategie auseinander. Herz hinterfragt dabei die Rolle des Architekten und Planers in einem Kontext von humanitärer Hilfe in Reaktion auf kriegerische Auseinandersetzungen. So werden beispielsweise die derzeit rund tausend weltweit existierenden Flüchtlingslager in den meisten Fällen nach ein und demselben Modell der UNHCR gebaut.
Beginnend beim Zelt als zentralem Element in der Ordnungsstruktur und Systematik werden die Lager hierarchisch in Cluster, Blöcke und Sektoren organisiert, durch Wege unterteilt und durch Straßen erschlossen. Dieser auf rein technischer Ebene abgehandelte Planungsansatz ignoriert jedoch die sozialen, politischen und gesellschaftlichen Konsequenzen. Lokale Gegebenheiten und soziale Auswirkungen werden negiert, etwa wenn für Lager im Süden des Tschad bewaldete Flächen mitten in Naturschutzgebieten als Standort zugewiesen werden oder gigantische „Suburbias“ ohne jede städtische Struktur entstehen.
Welche Auswirkungen haben Planungsstrategien, wenn sich ursprünglich temporär geplante Flüchtlingslager nach 35 Jahren zu den größten urbanen Siedlungen der gesamten Sahara entwickeln? In wie weit eignen sich gerade die technischen Planungsmodelle für eine politische Instrumentalisierung?
Auf Basis seiner Recherchen und mittels ausgewählter Dokumente verdeutlicht Manuel Herz in einer in Innsbruck gezeigten Ausstellung die Architektur der Flüchtlingslager als Beispiel einer auf europäischen Normen basierenden, fortgesetzten, verstetigten, kolonialen Praxis.
Ausstellung vom 19. Februar bis 12. Juni 2010
Eröffnung mit Vortrag von manuel Herz: 18. Februar 2010, 19 Uhr
Ort: aut. architektur und tirol, Lois-Welzenbacher-Platz 1, A-6020 Innsbruck
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