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24.09.1999
Blumlägerfeld esse delendam
Ausschuß entscheidet: Radikal moderne Siedlung in Celle kann weitgehend zerstört werden
Am 23. September entschied der Kultur- und Wissenschaftsausschuß des niedersächsischen Landtags über die Zukunft der Siedlung „Blumlägerfeld“ in Celle, die 1931 von Otto Haesler errichtet wurde. Ergebnis: Die Siedlung kann nach den Plänen einer örtlichen Wohnungsbaugesellschaft (Architekt: Ivan Kozjak, Hannover) gravierend umgebaut werden, was einer weitgehenden Zerstörung des bestehenden, denkmalgeschützten Bestands gleichkommt. Alle Versuche, diesen schwerwiegenden Eingriff durch eine denkmalverträglichere Umbau-Variante zu ersetzen, sind damit gescheitert. Die Entscheidung des Ausschusses ist rechtsverbindlich und endgültig; der Bauantrag kann damit sofort gestellt werden. Entgegen anderslautenden Pressemeldungen muß diese Entscheidung nicht mehr durch das Plenum des niedersächsischen Landtags bestätigt werden.
Wie aus dem Umfeld der „Otto-Haesler-Initiative“, die sich vehement für den Erhalt der Siedlung einsetzt, verlautete, war der Landtagssausschuß deutlich verärgert, daß ihm bei dieser Entscheidung „die Hände gebunden“ waren: Aus rechtlichen Gründen blieb dem Ausschuß keine Alternative zu dieser Entscheidung, weil im Vorfeld durch verschiedene Behörden, darunter die lokale und regionale Denkmalpflege, planungsrechtliche Fakten geschaffen worden seien. Der Hannoveraner Bauhistoriker und Hochschullehrer Sid Auffahrt sagte unter dem Eindruck der Ausschuß-Entscheidung gegenüber dem BauNetz: „Der Ausschuß hatte leider keine rechtliche Handhabe, diese Pläne noch zu korrigieren. Er hat eine deutliche Rüge gegenüber der Stadt Celle ausgesprochen, die natürlich wirkungslos bleibt. Wir bedauern, daß hier eine provinzielle Entscheidung gegen ein herausragendes Denkmal der Moderne getroffen wurde.“
Die Siedlung Blumlägerfeld ist 1930 / 31 von dem Avantgarde-Architekten Otto Haesler in seiner Heimatstadt Celle errichtet worden. In Zeiten der Wirtschaftskrise konzipiert, beherbergt die in radikal modernen Formen gestaltete Zeilenbausiedlung Kleinwohnungen zwischen 40 und 60 Quadratmetern Größe. Nach den Plänen der Wohnungsbaugesellschaft sollen die Zeilenbauten durch Zubauten „aufgedoppelt“ und aufgestockt werden, um die Wohnungen zu vergrößern. Die „Otto-Haesler-Initiative“ hatte einen Plan vorgeschlagen, nach dem durch Zusammenlegungen von Wohnungen über zwei Geschosse eine Vergrößerung der Einheiten wesentlich denkmalverträglicher hätte vorgenommen werden können.
Otto Haesler ist - wenn auch weniger bekannt - einer der bedeutendsten deutschen Avantgarde-Architekten der zwanziger Jahre. Unter anderem hat er mit Walter Gropius die Dammerstocksiedlung in Karlsruhe gestaltet. Zu seinen Hauptwerken zählen die Rothenbergsiedlung in Kassel, das „Marie-von-Boschan-Aschrott“-Altersheim in Kassel, die Siedlung „Friedrich-Ebert-Straße“ in Rathenow / Brandenburg (die vor einigen Jahren durch unsachgemäße Renovierungen ihrer Substanz beraubt wurde) und Bauten in Celle wie die Altstädter Schule, die Siedlungen „Italienischer Garten“, „Georgsgarten“ und eben „Blumläger Feld“.
Otto Haesler ging nach dem Krieg in die DDR und wirkte dort an der wissenschaftlichen Erforschung des industrialisierten Bauens.
Weitere Informationen auf der Website der „Otto Haesler-Initiative“
Fotos aus „Otto Haesler, Mein Lebenswerk als Architekt“, Henschel-Verlag, Ost-Berlin, 1957. Zwei weitere Bilder sind als Zoom hinterlegt: „Südansicht“ und „Fernblick“.
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