Ein Gartenhaus, das als künstlerisches Atelier und Galerie funktioniert, war der Wunsch eines Bauherren in der östlich von Genf liegenden Gemeinde Chêne-Bougeries. Das Genfer Büro Cabinet, 2019 von Fanny Noël und Diogo Lopes gegründet, hat ihn in Zusammenarbeit mit Oxalis Architectes Paysagistes (Carouge) in einen poetischen Entwurf übersetzt. Äußerlich nicht sichtbares, aber interessantes Extra: Das Studio ist über einen unterirdischen Gang mit dem einige Meter entfernt stehenden Haupthaus verbunden, in dem der Künstler wohnt. Es lässt sich also ungesehen und trockenen Fußes bei jedem Wetter erreichen.
Das eigenwillig und zugleich unprätentiös auftretende Minihaus nach Vorbild eines Schuppens wurde in der äußersten Ecke des Gartens platziert, wo es das Grundstück im rechten Winkel zu zwei Seiten abschließt. Mit seinen in waldgrünem Farbton gehaltenen Holzfassaden passt sich der Bau gut in die dichte Baum- und Heckenszenerie ein. Während beide Rückseiten abgesehen von einzelnen Öffnungen eher geschlossen erscheinen, öffnet sich der Bau an der Vorderseite mit dynamischer Geste. Hier schließt das Volumen mit halbrunder Glasfassade zum Garten ab, sodass der Eindruck eines kleinen Amphitheaters entsteht. Der Studioraum sei als „Observatorium für die Bewegung des Lichts und den Rhythmus der Jahreszeiten“ gedacht – Themen, die im Werk des Künstlers eine essenzielle Rolle spielen, erklären Cabinet die Intention ihrer Gestaltung.
Tatsächlich ergibt sich ein spannender wechselseitiger Bezug: Im Innenraum lässt es sich hervorragend mit Panoramablick in den Garten sinnieren und produzieren. Die Öffnungen an den Rück- und Querseiten mit unterschiedlichen Größen, Tiefen und Transparenzen fokussieren hingegen auf sehr bewusst gewählte Ausschnitte der dahinterliegenden „Wildnis“. So könne der Künstler zum Beispiel einen ganz bestimmten Baum betrachten, der ihm besonders wichtig sei. Von außen wiederum ist stets sichtbar, was im Inneren geschieht oder präsentiert wird.
Ein doppeltes Pultdach, das im vorderen Bereich leicht auskragt und steil ansteigt, während es im hinteren Teil wesentlich flacher verläuft, kann sicherlich als Zitat auf das Sheddach klassischer Atelier- und Galeriesituationen in Industriebauten gelesen werden. Es versorgt den Raum mit Nordlicht und gibt dem Bau von beiden Querseiten aus betrachtet eine skulptural und verspielt wirkende Form. Im Gegensatz zum kräftigen Farbton der Außenwand zeigt sich der Innenraum mit weiß lasiertem Sperrholz und hellem Terrazzoboden ruhig und konzentriert, ohne dass dabei die im Kunstkontext gemeinhin übliche „weiße Kiste“ entsteht. (da)
Fotos: Federico Farinatti
Zum Thema:
Mehr zu Obergadenfenstern bei Baunetz Wissen
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
3
auch ein | 08.08.2023 11:27 Uhrarchitekt
@2: was bedeutet "minderen Vorstellungskraft "?
Man muss nur die bilder ansehen, das reicht eigentlich (oft) um es bewerten zu können.
und (achtung FACHBEGRIFF): die schönheit oder nicht liegt im auge des betrachters, dem bauherren gefällt es wahrscheinlich ;-)