Der Wilhelm-Leuschner-Platz direkt südlich der Leipziger Altstadt ist eine riesige Brachfläche, wie man sie nur noch selten im Herzen einer deutschen Großstadt findet. Das wird sich in den nächsten Jahren komplett ändern. Mehrere Neubauten in der östlichen Hälfte des Areals sind in Planung. Der legendäre, postmoderne (weitgehend unterirdische) Bowlingtreff im Norden wird zum neuen Standort des Naturkundemuseums umgebaut. Und nicht zuletzt läuft momentan der künstlerische Wettbewerb für das nationale Freiheits- und Einheitsdenkmal, das auf dem Platz entstehen soll.
All diese Angebote sind freilich nur halb so attraktiv ohne eine überzeugende freiraumplanerische Einbindung und Platzgestaltung. Diese werden voraussichtlich die Landschaftsarchitekt*innen von Atelier Loidl aus Berlin übernehmen. Sie wurden Anfang März mit dem ersten Preis im nichtoffenen, einphasigen Realisierungswettbewerb nach RPW 2013 mit anschließendem Verhandlungsverfahren ausgezeichnet.
In dem von Schubert + Hort Architekten (Dresden) betreuten Verfahren setzten sich die Berliner*innen gegen 22 konkurrierende Teams durch. Drei Preise und zwei Anerkennungen vergab das Preisgericht unter Vorsitz von Burkhard Wegener von club L94 Landschaftsarchitekten aus Köln:
- 1. Preis: Atelier Loidl Landschaftsarchitekten (Berlin)
- 2. Preis: Planorama Landschaftsarchitektur, Maik Böhmer (Berlin)
- 3. Preis: Därr Landschaftsarchitekten (Halle an der Saale)
- Anerkennung: hoch C Landschaftsarchitekten (Berlin)
- Anerkennung: Lohaus Carl Köhlmos (Hannover)
3,8 Hektar Fläche in prominenter Lage zwischen Altstadt und Südstadt galt es zu überplanen und dabei auch einen Vorschlag für den Standort des nationalen Freiheits- und Einheitsdenkmals mit circa 3.500 Quadratmetern Größe zu machen – wohlgemerkt, ohne dass dessen Gestaltung bereits bekannt ist.
Der Anspruch der Stadt Leipzig ist hoch. Trotz innerstädtischer Lage und aufgeladener Funktion soll ein durchgrünter Platz entstehen, der als „zukunftsweisende Klimakomfortinsel für das Quartier mit herausragender ökologischer und gestalterischer Qualität“ fungiert. In der Auslobung wird auch betont, dass der
Wilhelm-Leuschner-Platz ein kommunales Pilotprojekt für klimaangepasstes Bauen sein soll. Dementsprechend wichtig ist beispielsweise der Umgang mit Niederschlagswasser, das laut Ausschreibung „in erster Linie als Gestaltungselement betrachtet werden“ sollte.
Über das erstplatzierte Projekt von
Atelier Loidl urteilt das Preisgericht, dass es sich um einen „mutigen Vorschlag für einen parkähnlich-modernen Stadtraum mit Alleinstellungsmerkmalen“ handle. Der „sehr hohe unversiegelte Bereich“, die „landschaftlich locker verteilte Baumstruktur“ sowie das „intelligent in die Topographie integrierte“ Regenwassermanagement charakterisieren den Entwurf, dessen „naturadaptierte Formensprache“ eine „sehr große Einzigartigkeit“ schaffe, dessen „konsequente Typologie“ zukünftig aber nur „kleinteilige Nutzungsanpassungen“ zulasse. Strukturell setzten Atelier Loidl auf mehrere amöbenförmige Grünbereiche. Die südwestliche Insel sehen sie als potentiellen Standort des Denkmals.
Laut Auslobung sind 12 Millionen Euro netto für die Kostengruppen 500 budgetiert. Wie es konkret weiter geht, wird man nach der Entscheidung im Wettbewerb für das Freiheits- und Einheitsdenkmal sehen. In Leipzig ist der Jury eine glücklichere Hand zu wünschen als in Berlin, wo seit vielen Jahren
über die immer noch nicht fertiggestellte „Einheitswippe“ gestritten wird. Mit der nun vorgestellten Freiraumplanung scheint die sächsische Metropole jedenfalls einen guten Weg eingeschlagen zu haben.
(gh)
Zum Thema:
Zwei wichtige Projekte am Rande des Wilhelm-Leuschner-Platzes sollte man kennen. Schulz und Schulz bauten am westlichen Rand des Platzes die Trinitatiskirche, die vor genau neun Jahren eingeweiht wurde. Unter dem Platz liegt die eindrucksvolle S-Bahn-Station von Max Dudler, die vor gut zehn Jahren in Betrieb ging.
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