Es ist wie mit Coverversionen in der Popmusik: Wird das Original reinterpretiert, so nimmt man es noch einmal neu und bewusster wahr. Atelier Kempe Thill wird keinen Song neu auflegen, dafür aber eine Architektur aus den Fünfzigern.
Das Florair ist ein Ensemble aus Apartmentgebäuden im belgischen Jette bei Brüssel. Es soll nun modernisiert werden. Dafür wurde ein geschlossener Wettbewerb ausgelobt, aus dem Atelier Kempe Thill aus Rotterdam als Träger des ersten Preises hervorgekommen ist.
Ein klassisches Beispiel für die Moderne der Fünfziger ist das Florair. Die singulären Apartmenthochhäuser sind in eine aufgelockerte, begrünte Anlage eingebettet. Typisch ist auch die elegante Fassade, die aus vorfabrizierten Betonstreben und Fenstern in Stahlrahmungen komponiert wurde. Diese Gitterfassade sollte, so die Bedingung des Auftraggebers SLRB – Foyer Jettois, auch nach der Modernisierung bestehen bleiben.
Eine materielle und ästhetische Reinterpretation der originalen Fassade ist nun der Ansatz von Kempe Thill. Sie schlagen vor, die einzelnen Bauten auflagegemäß zu dämmen und jeweils mit einer komplett neuen Hülle zu umwickeln. Diese neue Außenschicht aus vorfabrizierten Betonelementen und großen Fenstern mit stark akzentuierten Rahmen greift das ursprüngliche Gitterprinzip der Fassade auf. Die Fifties-Ästhetik würde so beibehalten, allerdings mit neuen Materialien übersetzt.
Die technische Umsetzung dieses Projektvorschlags enthüllt jedoch ein Paradox: Um jene Eleganz der Fassade zu erhalten, muss das Original gänzlich entfernt werden. Die neue Fassade wird lediglich auf die Rohstruktur appliziert. (sj)
Auf Karte zeigen:
Google Maps