Angeblich ist er der „weltweit am meisten genutzten Baustoff“ und das nicht ohne Grund. Beton böte „gestalterische Potentiale und vielfältige Anwendungsmöglichkeiten“, meinen die Auslober des Architekturpreises Beton. Alle drei Jahre wird er vergeben, zuletzt also 2014. Zum diesjährigen Verfahren wurden 170 Projekte eingereicht, vier davon erhielten gleichrangige Preise, weitere vier erhielten Anerkennungen.
Viele der prämierten Projekte sind in Fachkreisen ausgiebig diskutiert worden, so die Erweiterung des Hannoverschen Sprengel Museums von Meili Peter Architekten (Zürich) aus dem Jahr 2015. Die „Wandgestaltung mit anthrazitfarbenem Sichtbeton“ würde das „bewegte Innere auf geistreiche Weise mit dem stillen Relief der Außenhaut“ verbinden, heißt es im Jurybericht. Als „außergewöhnlich“ wird die Wirkung der leicht gegen die rektangulären Achsen des Hauses verschobenen Ausstellungsräume bewertet. Der „komplizierte Übergang von den Ebenen des Altbaus zum Neuen“ sei den Architekten durch einem Treppenhaus „mit organischem Formenschatz“ gelungen.
Bekannt sind aber nicht nur die ausgezeichneten Architekturen, sondern auch die Juroren. Neben Architekten wie Simona Malvezzi (Kuehn Malvezzi Associates, Berlin) und Stefan Marte (marte.marte architekten, Feldkirch) waren u.a. auch Andreas Denk (Chefredakteur „der architekt“) sowie BDA-Präsident Heiner Farwick dabei. Folgende Preise wurden vergeben:
Preisträger
- Erweiterung Sprengel Museum Hannover, Meili Peter Architekten, Zürich
- Konzerthaus Blaibach von Peter Haimerl.Architektur, München
- E20_Wohnhaus, Pliezhausen von Steimle Architekten, Stuttgart
- Kreativwirtschaftszentrum Mannheim von hartwig schneider architekten, Stuttgart
Anerkennungen- Seminargebäude Hochschule der Medien Stuttgart von Simon Freie Architekten, Stuttgart
- St. Agnes — König Galerie, Berlin von Brandlhuber+ Emde, Burlon, Berlin, mit Riegler Riewe Architekten, Berlin
- Bürogebäude am Hamburger Bahnhof, Berlin von Miller & Maranta Architekten, Basel
- Wohnsolitär Gret-Palucca-Straße Dresden von Leinert Lorenz Architekten, Dresden
Das
Konzerthaus in Blaibach von
Peter Heimerl (München) gilt der Jury als „außergewöhnlicher Beitrag zur Revitalisierung einer peripheren Region“. Der schräg gestellte Kubus umschließt ein bewegtes Beton-Interieur, dessen unbehandelter Beton die „akustischen Verhältnisse des Aufführungsortes“ verbessert.
Die Verwendung von Leichtbeton mit Blähtonzuschlag sei „preiswürdig und zukunftweisend“, denn sie ermögliche erst die expressiv-skulpturale Form des Sichtbetonmonolithen
E20_Wohnhaus in Pliezhausen.
Steimle Architekten konnte bei diesem „Exoten“ in einer Einfamilienhaussiedlung auf „komplizierte, ökologisch problematische Wärmedämmverbundsysteme“ verzichten, was die Jury überzeugte.
Mit dem Kreativzentrum Mannheim sei es
hartwig schneider architekten gelungen, „ein hartnäckiges Vorurteil, dass Beton per se grau, kalt und abweisend wirke“ zu widerlegen. Der „durchgefärbte, ziegelrote Ortbeton mit seiner rauen Bretterschalung“ nehme den Charakter des historischen Bestands der industriellen Backsteinbauten aus dem 19. und 20. Jahrhunderts am Mannheimer Neckarhafen auf. „Die Architekten haben im besten Sinne weitergebaut“, befand die Jury.
Beim Anblick des
Seminargebäudes der Hochschule der Medien Stuttgart von
Simon Freie Architekten meinte die Jury: „Die Fertigteilelemente des Solitärs sind präzise gefügt, die Betonoberflächen von samtiger und ebenmäßiger Textur.“ Die „minimalistische Farbskala“ und der „Eindruck einer klaren, rationalen Architektur“ aus vorgefertigten Stahlbeton-Sandwichelementen war eine Anerkennung wert.
Brandlhuber+ Emde, Burlon und
Riegler Riewe Architekten erhielten eine Anerkennung für den Umbau des ehemaligen katholischen Gemeindezentrums St. Agnes. Werner Düttmann hatte den nachkriegsmodernen Bau in den 1960er Jahren umgesetzt, 2015 wurde in das Kirchenschiff eine Betonplatte auf Stützen eingestellt, um die Nutzung als Galerie und Kulturzentrum zu ermöglichen. „Die Architekten haben Düttmanns große Raumidee für St. Agnes so fortgeführt, dass trotz neuer Nutzung und eingreifender Veränderung die Raumwirkung des Baus erhalten, wenn nicht sogar intensiviert worden ist.“
Die monolithische, selbsttragende dreidimensionale Struktur der Betonfassade mache das Bürogebäude von
Miller & Maranta Architekten am Hamburger Bahnhof in Berlin zu „einem Musterbeispiel für die hohe Qualität Schweizer Betonbaukunst“, befand die Jury und vergab eine Anerkennung an das Projekt.
Leinert Lorenz Architekten sei es mit ihrem
Wohnsolitär in der Gret-Palucca-Straße Dresden sogar gelungen, „Betonfetigteile zum Tanzen“ zu bringen. Die auskragenden Balkone würden „den Eindruck heiterer Schwerelosigkeit“ vermitteln, wie die Jury anerkennend feststellte.
Die Preisverleihung findet am 18. September 2017 im
Ausstellungshaus KIT Kunst im Tunnel an der Düsseldorfer Rheinpromenade statt. Im Rahmen der Veranstaltung werden auch die Preisträger der Concrete Design Competition für Studierende ausgezeichnet, die von der Technischen Universität München, der Technischen Universität Dortmund und dem Karlsruher Institut für Technologie kommen.
(dd)
Zum Thema:
www.architekturpreis-beton.de
Objektberichte bei Baunetz Wissen: das Sprengel Museum Hannover, Konzerthaus Blaibach, Kreativwirtschaftszentrum Mannheim, die Hochschule der Medien Stuttgart und St. Agnes in Berlin