Unglückliches Timing beim Architekturpreis Berlin. Eigentlich hätte der Preis, der alle drei Jahre verliehen wird, im letzten Jahr vergeben werden sollen. Doch da bereits das Bauhaus 100. Geburtstag feierte und der Mauerfall sich zum 30. Mal jährte, entschieden die Auslober im Vorfeld ganz pragmatisch, den Preis zu verschieben. Nun fiel das gesamte Procedere des Preises – der von einem gemeinnützigen Verein getragen und unter der Schirmherrschaft des Senators für Stadtentwicklung und Wohnen Sebastian Scheel (Die Linke) steht – in das Jahr der Pandemie.
Bereits am 1. und 2. Oktober fand die Jurysitzung statt und normalerweise hätte man sich einen Monat später zur feierlichen Preisverleihung getroffen. Den Umständen entsprechend wurde das Ergebnis vergangenen Freitag einfach veröffentlicht. Die Auslober hoffen, die feierliche Übergabe im nächsten Jahr nachholen zu können. Coronabedingt war die Sitzung des Preisgerichts etwas kompliziert. Fuensanta Nieto und Jo Taillieu beteiligten sich im Vorfeld der eigentlichen Sitzung an einer ersten Auswahl, konnten aber nicht selbst nach Berlin reisen. Für sie rückten die Architektin Almut Grüntuch-Ernst und der Galerist Johann König nach, dessen Ausstellungsraum in der St. Agnes-Kirche vor vier Jahren den Preis gewonnen hatte. Vorsitzender der Jury war Kevin Carmody, weitere Mitglieder waren der Londoner Designer Jason Bruges sowie die Direktorin des Jüdischen Museums Berlin Hetty Berg.
15 der insgesamt 153 Einreichungen besichtigte die Jury vor Ort, um schließlich drei gleichberechtigte Preise, vier Anerkennungen und einen Sonderpreis „Neues Urbanes Wohnen“ auszuwählen. Darüber hinaus wurde ein Publikumspreis vergeben, über den alle Interessierten online abstimmen konnten.
Preisträger:
Auszeichnungen:
- Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch von O&O Baukunst (Berlin, Köln, Wien), Bauherrin: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Berlin
- Wohnhaus einfach gebaut von orange architekten tschada weber (Berlin), Bauherr: orange bauwerk
- Dachaufstockung Wassertorstraße von buchner + wienke architekten mit Architekturbüro Martina Trixner (beide Berlin), Bauherrin: Bauherrengemeinschaft Wassertorstraße
- Haus an der Spree von Tanja Lincke Architekten (Berlin), Bauherren: Tanja Lincke und Anselm Reyle
Sonderpreis Neues Urbanes Wohnen:
- Wohnregal von FAR frohn&rojas (Berlin), Bauherr: privat
Publikumspreis:
- KPM Hotel & Residences von Axthelm Rolvien, Bauherr: Allgemeine Beamten Kasse
Im Großen und Ganzen also keine Überraschungen. Die hochkarätig besetzte Jury entschied sich fast durchgehend für Projekte, die bereits diverse nationale und internationale Preise gewonnen haben. Allein bei der Dachaufstockung in Holz von
buchner + wienke und
Martina Trixner in der Wassertorstraße pickte sie ein etwas weniger prominentes Projekt heraus, das aber am ehesten die alltäglichen Probleme der Stadt adressiert.
(gh)
Zum Thema:
www.architekturpreis-berlin-2020.de
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
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STPH | 03.11.2020 08:09 UhrFalsche Bescheidenheit
wenn man die Beiträge überklickt bleibt das rechtwinklig strukturelle, wenig plastische als Eindruck zurück. Kein selbstbewusstes Statement sondern die Tugend des weniger, des zurückweichens, des sich fast ängstlichen fügens, nicht aneckens. gerade mal die Diagonalzierde der taz als äußerster Biss..lässt man sich aus der Schweiz bescheinigen. Ist diese Bescheidenheit falsch?
Oder innere entfremdung in der man eine eher fremdbesetzte Jury fragt: wie fühl ich mich?
Ausdruck des überregulierten auch des Überichs? feigheit