- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
13.04.2004
Kindergeburtstage und Karnickelkästen
Architekten-Polemik gegen Stahl-Glas-Architektur in Hamburg
Durch zu viel Glas und Stahl droht das Hamburger Stadtbild zu zerfallen. Zwei örtliche Architektenverbände, der BDB und der AIV, kritisierten jetzt im „Hamburger Abendblatt“ diesen Trend und fordern neue Grundsätze fürs Bauen.
Das Blatt zitiert in seiner Ausgabe vom 10. April 2004 besonders den „Berliner Bogen“ und das „Doppel-X-Gebäude“ von Bothe Richter Teherani (BRT) als Beispiele für die vielen Stahl-Glas-Bauten in Hamburg. „Die Architektenverbände schlagen wegen der Inflation von Glas- und Stahl-Bauten, die sich zunehmend in die gewachsene Backsteinarchitektur der Hansestadt drängen, Alarm“, so die Zeitung weiter.
Der Bund Deutscher Baumeister (BDB) warnt vor dem Verfall des Hamburger Stadtbilds, weil „die Bauten sich kaum noch unterscheiden und der Wiederholungseffekt von ewig gleichen Versatzstücken müde macht. Manche Straßenzüge wirken wie eine Monopoly-Allee, weil jeder dort nur einen Klotz hinsetzt“, schimpft der BDB in dem Artikel. „Die Häuser haben kaum noch eine Beziehung zur Umwelt. Der Wunsch, dass sich die traditionelle Bebauung in einer Glasfassade spiegelt, hebt sich auf, sobald ähnliche Gebäude aneinander gereiht werden.“
Der BDB macht das „allgegenwärtige Glas- und Stahl-Einerlei in Hamburg“ an der „Einfallslosigkeit der Architekten“ fest, die „die Fassade wie eine Tapete um die Grundstücksgrenze wickeln“. Diese Entwurfsmode mache die Neubauten mit vom Fußboden bis zu Decke verglaste Einzelbüros beliebig. In derlei „Karnickelkästen“ seien die Menschen schutzlos allen Blicken ausgesetzt und hätten keine Rückzugsmöglichkeit.
Wegen der „Glasinflation“ werden am 26. April 2004 im Architekten-Club die Baumeister der Stadt mit dem Kunsthistoriker Hermann Hipp darüber diskutieren, wie in Hamburg gebaut werden soll.
Der Architekten- und Ingenieur-Verein (AIV) setzt noch eins drauf: Werde so weitergebaut, drohe „die gesamte Baukultur in Hamburg“ zu kippen. „Wenn man alles in Glas und Stahl baut, bekommen wir eine Hitech-Architektur, die sich der traditionellen Hamburger Backsteinarchitektur gegenüberstellt. Das ist bei zu häufiger Anwendung störend“, so der Vorsitzende des AIV.
Der Architekt Volkwin Marg (gmp) wird damit zitiert, dass „es wichtig für Hamburg ist, die Stadtsilhouette unbeschadet zu erhalten“. In der Innenstadt sollten daher keine Hochhäuser mehr zugelassen werden, um die Dominanz der Türme des Rathauses und der Kirchen zu erhalten.
Damit Hamburgs Identität erhalten bleibt, fordert Marg verbindliche Grundsätze, an denen sich alle Architekten orientieren müssen. „Wenn man die Architekten machen lässt, was sie wollen“, bemerkt er, „sieht es hinterher aus wie nach einem Kindergeburtstag“.
Zu den Baunetz Architekt*innen:
gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner
Kommentare:
Meldung kommentieren