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11.02.2020

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documenta urbana entstellt

Architekt*innen fordern Rückbau in Kassel


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Groß war der Aufschrei, als 2010 der Berliner IBA-Turm von John Hejduk kaputtsaniert werden sollte. Der Protest hatte Erfolg, der originale Zustand konnte erhalten werden. Jetzt gibt es mit der documenta urbana in Kassel einen weiteren drastischen Fall aus der gleichen Epoche. An dem kollektiven Wohnexperiment sind ohne Beteiligung der Architekt*innen substanzielle Veränderungen vorgenommen worden. Insbesondere die Detailqualität der Architektur wurde teils vollständig zerstört. Betroffen sind unter anderem Bauabschnitte von Herman Hertzberger, Otto Steidle und Hinrich und Inken Baller.

Von Luise Rellensmann

2017 würdigte die Baunetzwoche#480 die 1982 fertiggestellte documenta urbana, ein Wohnungsbauprojekt in Kassel, das zu seiner Bauzeit bundesweite Aufmerksamkeit genoss. Bis heute kann es als richtungsweisend und vorbildhaft gelten – insbesondere auch im derzeitigen Diskurs zu neuen Wohnformen.

2019 zeigte die Ausstellung zur „Neuen Heimat“ in der Pinakothek der Moderne in München und im Museum für Hamburgische Geschichte in Hamburg ebenfalls die soziale Architektur des Kollektivprojekts namhafter Architekt*innen, die im Rahmen der 7. Documenta realisiert worden war. Unterdessen sind an der als „Wohnschlange“ bekannten, sich windenden Häuserzeile unbemerkt gravierende Umgestaltungen vorgenommen worden.

Das fiel erst im November 2019 auf, als zwei Berliner Architekturstudierende nach Kassel pilgerten, um sich den geschwungenen Geschosswohnungsbau mit Bauten unter anderem von Herman Hertzberger, den Baufröschen, Hilmer & Sattler, Roland Rainer, dem Planungskollektiv Nr.1, Hinrich und Inken Baller oder Otto Steidle anzuschauen. Die Enttäuschung war groß: Die eigentlich von vielfältigen Handschriften geprägte Wohnschlange zeigte sich verunstaltet, umgebaut und in ein vereinheitlichendes Beigegrau getaucht.

Platten verkleiden jetzt die markanten Betonsäulen des ehemals einfarbig hellen Steidlebaus, dessen Erdgeschosszone nun in dunklem Anthrazit gestrichen ist. Auf dem Dach wurden Wohnungen hinzugefügt, an der rückwärtigen Fassade kragen neue gläserne Balkone aus. Massive Brüstungen ersetzen Herman Hertzbergers Umwehrungen aus Betongittersteinen. Eigens für das Projekt entworfene Holzfenster wurden durch Fenster von der Stange ersetzt. Die vielleicht drastischsten Eingriffe, die weit über Materialiät und Ästhetik der Fassaden hinausgehen, erfolgten am Bauabschnitt der Hamburger Architekten Patschan, Werner, Winking, wo ein Dachaufbau zugunsten von zwei neuen Wohneinheiten entfernt wurde.

Geradezu höhnisch wirkt es, dass die neu entstandenen Wohnungen auf dem Immobilienmarkt als „Luxuswohnungen“ und „Teil des Gesamtkunstwerks Documenta Urbana“ erfolgreich verkauft wurden. „Wie kann eine Stadt, die sich mit dem Namen ‚documenta-‘ und ‚Baukultur‘- Stadt schmückt, solche Baumaßnahmen genehmigen?“, wunderte sich die Berliner Architektin Inken Baller. Sie war von den Studierenden benachrichtigt worden. Auch ihre Bauten sind nicht wiederzuerkennen: So weist die Fassade des von Inken und Hinrich Baller entworfenen Abschnitts eine völlige andere Struktur auf. Vormals vertikale Fenster sind quadratisch und die für Baller-Architektur typischen filigranen Metallgeländer ersetzte man durch hohe Glasgeländer mit dickleibigen Profilen.

„Keines der ursprünglich beteiligten Büros wurde über diese Eingriffe in irgendeiner Weise vom Bauherrn oder seinen Architekten informiert, obwohl ganz offensichtlich die Urheberrechte der vier Architektenbüros hochgradig verletzt wurden“, formulieren nun die ursprünglichen Urheber*innen in einem Offenen Brief. 2016 hatte der Immobilien-Unternehmer Philipp Heitmann die sanierungsbedürftige Anlage von der Wohnungsbaugesellschaft Hessen übernommen. 2017 berichtete die Lokalzeitung Hessische Niedersächsische Allgemeine über die Sanierungsbedürftigkeit der Wohnschlange. Sie machte auch die Denkmalschutzbehörden auf das Objekt aufmerksam. Mit gerade einmal 34 Jahren erschien das Ensemble der documenta urbana jedoch noch nicht als Prüffall für die Denkmalpflege.

Mit der „Sanierung“ des Ensembles ist ein wichtiges Zeugnis partizipativer und kooperativer Planung der späten Vorwende-Bundesrepublik gedankenlos oder mutwillig, in jedem Fall aber ohne Not zerstört worden. Die baulichen Maßnahmen erfolgten dabei offenbar auch noch ohne Baugenehmigung. Auf einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch kündigte der Kasseler Stadtbaurat Christof Nolda an, den Fall juristisch zu prüfen. Die Architekt*innen von damals fordern in jedem Fall den Rückbau der entstellenden Veränderungen unter ihrer Beteiligung. Und es stellt sich die Frage: Wie kann so etwas passieren, ohne dass es jemand merkt?

Fotos 2017: Marc Timo Berg


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

17

Hansi | 08.03.2020 22:23 Uhr

aneinander vorbei

Die Diskussion hier geht leider vollkommen aneinaner vorbei, ist aber ein schönes Lehrstück zwischen Laien, Halbexperten (die beteiligten Firmen) und der architekturhistorischen Fachwelt.

Den Bewohner*innnen geht es um hübsch und ordentlich, den Firmen um sachgerecht ausgeführt und den Architekt*innen um Denkmalschutz, auch wenn das hier aufgrund der Versäumnisse der Behörden über die Urheberrechtsnummer läuft. Das sind komplett unterschiedliche Kriterien.

Klar sind die Firmen und Planer beleidigt, wenn man ihnen schlechte Arbeit unterstellt. Aber klar ist auch, dass die Umbauten in Bezug auf die ursprüngliche Architektur absolut nicht sensibel gemacht sind, egal welche Materialien verwendet wurden und wieviel Mühe sich die Fensterplaner gegeben haben.

Umgekehrt muss man aber eben auch sagen: die Bauten stehen nicht unter Denkmalschutz, also mussten sie sich die Verantwortlichen auch nicht darum kümmern. Und vor allem mussten eben auch keine Firmen beauftragt werden die in diesem Bereich Kompetenzen haben. Was ja auch okay wäre, wenn es nicht um so ein interessantes Ensemble ginge. Natürlich wäre das bei mehr Erfahrung und eventuell auch mehr Aufwand ganz anders gegangen.

Abschließend muss man schon sagen, dass hier in erster Linie ein Versagen der Denkmalschutzbehörden vorliegt, was sehr schade ist. Wenn sich darum noch etwas machen lässt mit dem Urheberrecht, dann wäre das gut.

Ach so, und noch zu den rührenden Berichten der Bewohner*innen: Es ist absolut okay, dass sie sich in Bezug auf diesen Fall so äußern, weil ja eben kein Denkmalschutz besteht und dann eben auch andere (wenn auch sehr provinzielle, siehe die Tonnen) Kriterien gelten. Ich hoffe aber, die Bewohner*innen verstehen auch, dass ihre eigene Sichweise nicht maßgeblich ist in Fragen von Gestaltung und Denkmalschutz. Sonst wäre auch so manches alte historische Bauwerk schon lange, lange komplett zerstört worden.

16

M. aus Kassel | 24.02.2020 08:25 Uhr

Zum Thema Schwarzbauten statt Denkmalschutz

Ich habe das Objekt "Documenta-Urbana" als führender Lieferant für Baustoffe während der Bauzeit begleiten dürfen. Die einzelnen Gewerke sind nach Rücksprache mit dem Eigentümer und den einzelnen Bauunternehmungen so ausgeführt worden, dass stets hochwertige Baustoffe verwendet worden sind und seitens des Eigentümers immer primär darauf geachtet worden ist, dass alle Gewerke nach neusten Vorschriften ausgeführt werden. Die Gebäude sind sehr Aufwendig und Nachhaltig restauriert worden, und dass sollte man auch nicht unberücksichtigt lassen.
Während der Bauzeit habe Ich viele Termine vor Ort auf der Baustelle wahrgenommen und immer wieder mit Mietern sprechen dürfen, die Fragen zur Revitalisierung der Urbana hatten. Viele der Mieter gaben stets ein positives Feedback über die Sanierung und freuten sich über Schimmel- und diverse Baumängelbeseitigungen.
Die Gebäude sind nun aufwendig saniert worden, und der Eigentümer sowie alle Beteiligten Personen haben in diese Revitalisierungsmaßnahme viel Arbeit investiert, dass sollte man nicht verkennen, ebenso wie viele glückliche Mieter. Die Siedlung ist wieder hochmodern und die Häuser befinden sich nun in einem ansehnlichen Zustand. Das gefällt der breiten Masse.
M. aus Kassel

15

Junge Familie | 23.02.2020 19:41 Uhr

Endlich zufrieden!

Wir können diese ganzen negativen Berichte auch einfach nicht nachvollziehen!!! Die Anlage ist ENDLICH gepflegt die Häuser wurden wunderschön zurecht gemacht das sie wieder richtig bewohnbar sind. An viele Stellen musste von Grund auf alles neu gemacht werden und wir konnten schritt für schritt die positiven Veränderungen sehen. Wir haben jederzeit einen Ansprechpartner, ob per Anruf wo einem gleich geholfen wird oder wenn man vor Ort einen Mitarbeiter anspricht. Dazu kommt das alle Mitarbeiter freundlich zu einem sind und sich die Belange anhören und helfen. Bei Freunden und bekannten hört man nur noch wie schön es endlich hier geworden ist. Grade auch die Veränderung von dem Haus auf Bild 1 wie oft haben sich die Leute über diese zwei Tonnen auf dem dacht lustig gemacht. Nun sieht es viel freundlicher aus auch von der Farbe wie persönlich sind sehr froh das bei unserem Balkon endlich die gittersteine zu gemacht wurden zur Sicherheit alleine schon für die Kinder. Einfach gesagt wir verstehen das Theater nicht! Wir sind froh das endlich was gemacht wird und das wir einen netten Ansprechpartner haben der sich vorallem auch kümmert.

14

Bauleitung Absturzsicherung und Dämmarbeiten | 23.02.2020 15:55 Uhr

Klarstellung aus nächster Nähe

Ich durfte bei der Sanierung der Documenta Urbana mitwirken. Der Zustand der Documenta Urbana verlangte fast durchgehend eine rund um die Uhr Betreuung!
Eingesetzte Materialien im Rohrleitungsnetz, Frisch- sowie Abwasser und Lüftung waren in den seltensten Fällen den Anforderungen gewachsen, von Anfang an falsch geplant und mittlerweile vollkommen verschlissen!
Auch im Bereich der Trinkwasser Rohranlage wurde keine Mühe gescheut, diese so zu planen, dass es möglichst viele Möglichkeiten für die Vermehrung von Keimen wie Legionellen gab. In manchen Häusern musste das Rohrnetz von der Wasseruhr bis zum Wasserhahn erneuert werden.
Auch Stromausfälle im Wohnraum und Gemeinschaftsbereich gehörten zum Alltag. Die Elektro Anlage war kurz gefasst lebensgefährlich! Sie entsprach auch nicht den Vorschriften von 1984.
Schutzerdung und FI Schutzschalter für eine Gefahr, die man weder sehen noch hören kann war beim Bau der Documenta Urbana offensichtlich ein Fremdwort. Der Focus war scheinbar mit aller Gewalt Baumängel an allen erdenklichen Stellen sicherzustellen!
Es grenzt an ein Wunder das die maroden und einsturzgefährdeten Fassaden welche oberhalb des Daches in Verlängerung als Absturz Sicherung bzw. Brüstung gebaut waren, nicht als Leiter in den sicheren Tod von Kindern geführt hat. Fern von jeder Zulässigkeit wurden damals Absturzsicherungen in der Documenta Urbana als eine Art Leiter gebaut und offensichtlich abgenommen!
Tragende Betonteile wurden häufig ungedämmt vom Außenbereich durch dünne Außenwände in den Innenbereich geführt! Das diese im Winter immer nass und verschimmelt waren ist selbst für den Laien vollkommen klar.
Das war selbst nach damaligem Stand der Technik ganz offensichtlich gewollt von den Planern!
Oft fragte ich mich ob die Planer überhaupt einen Gedanken an eine spätere Bewohnbarkeit verschwendeten....
Vielmehr wurde sich Gedanken gemacht über Holzgerüste auf frei zugänglichen Flachdächern.
Diese wurden auch ohne jegliche Art der Sicherung für Leib und Leben errichtet und offensichtlich abgenommen.
Schon damals waren sie lebensgefährlich.
Im Laufe der Jahre wurde das Holz faul und drohte jederzeit einzustürzen und Menschen zu erschlagen.
Wie kann Kunst über der Sicherheit von Menschenleben bei der Planung und Abnahme gestanden haben?
Viele Mieter die nun zum ersten Mal ohne Zugluft in einer schimmelfreien Wohnung leben können ihr Glück immer noch nicht fassen.
Zum ersten Mal gab es Ansprechpartner die sich nicht nur die Probleme anhörten, sondern die Probleme konsequent und mieterfreundlich abstellten.
Die Documenta Urbana ist nicht mehr lebensgefährlich, sondern mängelfrei und wunderschön! Jeder einzelne Mieter fühlt sich in der Anlage und in seiner Wohnung wohl.
Das Thema Sicherheit spielt hier offensichtlich gar keine Rolle und ist weder von den Planern noch von der Presse erwähnenswert. UNGLAUBLICH.
Die Planer sollten an das Wohl der Mieter denken und sich dahin zurückziehen, wo sie die letzten 30 Jahre auch waren!

13

Team Heroal Pfosten Riegel Konstruktion Abteilung Fertigung | 21.02.2020 19:47 Uhr

Documenta Urbana

Auch ich bin entsetzt über die Berichtersattung in der HNA und vor allem hier im Internet. Ich arbeitete bei dem Hersteller, der die neuen Fassaden und Fenster in mühevoller Arbeit hat planen und produzieren dürfen. Wir sind einfach nur stolz auf unsere Arbeit. Wir haben die Eckfenster der Häuser wochenlang in Computersimulationen versucht nach allen Möglichkeiten den alten Fenstern nachzemfinden. Da bei den alten Fenstern die Betonecken direkt nach Innen durchgingen und somit in 1984 keinerlei Ansprüche an die Bauphysik und an den Wärmeschutz gestellt wurden, mussten die Fenster minimal anders gestaltet werden. Trotzdem Haben die Fenster weiterhin einen Winkel von 140 Grad (genau wie die alten Fenster). Auf den Fotos ist eindeutig zu erkennen das die Fenster perfekt zu dem Haus passen. Wer die Arbeit schlecht macht muss sich schämen! Auch verstehe ich nicht warum sich die Archtekten erst nach 48 Monaten Bauzeit melden? Es hat sich um eine offzielle Baustelle gehandelt wo zeitweise 50 Arbeiter gearbeitet haben. Bevor man hier alles in den Kommentaren schlecht redet sollte man bei Sonnenschein einfach mal durch die Wohnschlange schlendern, die Anblicke der sanierten Häuser genießen oder mal mit den Bewohnern sprechen, die vermutlich sehr zufrieden sind.

12

Müller | 21.02.2020 17:55 Uhr

documenta urbana entstellt

Ich war über drei Jahre an dem Projekt als externer Bauleiter beteiligt. Meine Aufgabe war es, die einsturzgefährdeten Bereiche (vorwiegend verfaulte Fassaden mit dem Tonnendach) an den Häusern zu sichern und Demontagen zu planen und zu überwachen.

Diese absurden Diskussionen und Anfeindungen (nicht nur auf dieser Seite) kann kein normaler Mensch verstehen. Die einseitige Berichterstattung erinnert mich an das Dritte Reich! Waren die Verfasser dieser Artikel/Kommentare an den Bauabläufen beteiligt? Ist Hintergrundwissen vorhanden? Mit Sicherheit nicht! Hier mal ein Beispiel;

Auf dem Bild Nr. 16 ist eine verrottete Fassade zu sehen. Im Kommentar ist zu lesen, dass sensible Modifikationen innerhalb der Grundstruktur ohne Weiteres möglich gewesen wären. Diese Behauptung ist schlichtweg eine Lüge. Sensibel hätte man hier nur eine Abrissbirne einsetzen können. Die komplette Fassade mit der UK war verfault. Es gab keine Dämmung (auch schon vor 40 Jahren Standard). Die Bewohner hatten mit Feuchtigkeit, Wassereinbruch und Schimmel zu kämpfen.

Ich war an zahlreichen Baubesprechungen beteiligt und kann nur bestätigen, dass dort mit viel Liebe zum Detail gearbeitet wurde. Eine Schande ist es, dass die letzten 30 Jahre nichts in die Instandhaltung investiert wurde. Dann wäre es so weit gar nicht gekommen und eine Generalsanierung wäre nicht nötig gewesen. Den Zustand der Bauteile, die wir bei Beginn der Arbeiten vorgefunden haben war nicht erhaltungswürdig. Dadurch wurden die Möglichkeiten eingegrenzt, alles wieder so herzustellen wie es vorher war, da in der Vergangenheit dort definitiv nicht nach Vorschriften der Hessischen Bauordnung gearbeitet wurde. Was ich dort persönlich gesehen habe entsprach auch nicht den Vorschriften von 1984 (Massive Schimmelbildung, Wärmebrücken, Beton Innen/Außen, Schwitzwasser). Den neuen Eigentümer für alles verantwortlich zu machen, finde ich total fehl am Platz.

11

Langjähriger Mieter | 21.02.2020 14:57 Uhr

Alles Quatsch

Die Sanierung der baufälligen und teils einsturzgefährdeten Gebäude war mehr als überfällig und wurden immer nur wieder „beigepfuscht“ besonders die beiden Häuser mit den neuen Fassaden waren einfach nur noch Schrott, und hätten besser komplett entfernt werden sollen.

10

Fabian Wieser | 14.02.2020 11:27 Uhr

Detailfragen

Ich möchte klarstellen: Ich halte das Urheberrecht im allgemeinen für nicht zeitgemäß und bin offen gegenüber einer Diskussion über jedes Teilgesetz, dass man da mit einbeziehen kann - egal ob Patente, Copyright, Verwertungsrechte, ... Ich halte das in keinem Fall für eine wirklich gute Lösung.

Gerade mit Blick auf diese Debatte erscheint es mir problematisch eben weil das Urheberrecht als Schwert verwendet werden soll um den mehrfach geforderten Rückbau durchzusetzen. Um mein Problem am Beispiel zu erklären:
Ferrari hat den Künstler Deadmau5 dazu aufgefordert die Aufkleber auf dem gekauften Ferrari zu entfernen. Erfolgreich.
Ich finde das nicht richtig und sehe keinen wirklichen Unterschied zu dem hier geforderten Anwendung.

Ich muss "mies antroph" an einer weiteren Stelle widersprechen: "Angesichts der Bilder aus Kassel sollte aber auch Ihnen klar werden, wo dem freizügigen Umgang mit neuerworbenem Eigentum Grenzen gesetzt werden müssen." - es wird mir nicht klar. Ich sehe ein interessantes Gebäude, das jetzt stinklangweilig ist. Aber anhand von Bildern treffe ich keine Entscheidung über die Gewichtung von Eigentums- gegenüber Urheberrechten. "Offensichtlich" liegt im Auge des Betrachters, daher bitte ich um ein tatsächliches Argument.

Zuletzt:
"Ich glaube übrigens kaum, dass die betroffenen Kollegen, eine "fürchterliche Haltung gegenüber dem Bauherrn" eingenommen hätten, wären sie in das Sanierungsprojekt eingebunden oder befragt worden. Ihr Architektenbild erscheint mir korrekturbedürftig." - das trifft den Nagel auf den Kopf. In meinem Architekten/Selbstbild habe ich genausowenig ein Recht darauf dem Eigentümer da hineinzureden wie Ferrari. Sich dann nicht beschweren wenn man einen Auftrag bekommt - das ist keine moralische Haltung die ich gegen Eigentumsrecht ins Feld führen will.

9

mies antroph | 13.02.2020 18:17 Uhr

Unsinn

Danke, Fabian Wieser für diese Demonstration landläufiger Vorurteile gegen das Urheberrecht des Architekten und die dahinterstehende Intention.
Angesichts der Bilder aus Kassel sollte aber auch Ihnen klar werden, wo dem freizügigen Umgang mit neuerworbenem Eigentum Grenzen gesetzt werden müssen. Ich glaube übrigens kaum, dass die betroffenen Kollegen, eine "fürchterliche Haltung gegenüber dem Bauherrn" eingenommen hätten, wären sie in das Sanierungsprojekt eingebunden oder befragt worden. Ihr Architektenbild erscheint mir korrekturbedürftig.

8

Fabian Wieser | 13.02.2020 10:45 Uhr

Urheberrecht

Das Urheberrecht für Architekten ist im besten Fall ein überholtes Relikt, im schlechtesten Fall war es schon immer unnötig.

Das ich nicht will, dass jemand anderes meinen Entwurf kopiert kann ich damit unmöglich durchsetzen, und "mein" Gebäude dann so zu erhalten wie "ich" es errichtet habe ist eine ganz fürchterliche Haltung gegenüber Bauherrn etc.

Städte und Gemeinden - aka Bauämter - haben dafür zu sorgen, dass Gebäude die Umgebung nicht verschandeln, ja, aber ich habe ja wohl das Recht mein Eigentum so zu verändern wie ich das will!

Bedenken wir doch mal die verknüpfte Nachricht: "Lieber Bauherr, wenn du deinem Architekten Freiraum lässt etwas großartiges zu entwerfen, dann hast du im Nachgang weniger Rechte an deinem Haus. Wenn du Kontrolle über dein Eigentum haben willst, lass generische Architektur regnen".

7

mies antroph | 12.02.2020 18:00 Uhr

Entstellung

Aufstockungen ohne Baugenehmigung. Es ist kaum vorstellbar, dass die Baubehörde keine Kenntnis vom Zerstörungswerk der Erwerber gehabt haben soll. Es wäre Aufgabe der Kommune gewesen, die Investoren zur Zusammenarbeit mit den Entwurfsverfassern aufzufordern, letztere über die geplanten Eingriffe zu informieren. Hoffen wir, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte der Architekten endlich stärker respektiert werden. Dazu würde der erzwungene Rückbau im Falle Kassel wohl öffentlichkeitswirksam beitragen.

6

auch ein | 12.02.2020 15:11 Uhr

architekt

@Johann Meier:

- Was sind denn Ihrer Meinung nach "Baugeschichtler"? -

Diese beschäftigen sich mit der Baugeschichte, dem Umgang mit der Substanz und Ja, evtl. auch dem Umgang im Falle einer Sanierung (siehe NotreDame, Garnisonskirche etc). Sie schaffen eine Grundlage für den Umgang damit.

- Ein Architekt kann das nicht? Sollte er dann sein Diplom zurückgeben? -

Er macht das schon. Siehe in Kassel. Und er kanns sicher auch. ABer die Bewertung des Ergebnisses ist dann unterschiedlich.... In diesem Falle brauchts nichtmal einen Baugeschichtler...;-)


- Was ist eigentlich ein "epochaler Zustand" und wie erkennt man ihn? -

Am Beispiel einer Kirche: Da an diesen oft jahrhundertelang gebaut wurde/wird ist ja die Frage welchen baulichen Zustand aus welcher Epoche man wiederherstellt falls etwas zu restaurieren/sanieren ist.
Und Ja: Im Idealfall kann man sanieren und erhalten (überarbeiten). Mit etwas Feingefühl und oft auch nur mit viel Herzblut und Geld....

- Was ist eigentlich ein "gebauter Alltag"? -
Meines Erachtens die Gebäude die "Ottonormalbürger" vielleicht nicht als besonders sieht oder empfindet aber dennoch einen geschichtlichen Wert haben. Auch Gegenstände, vom Auto bis zur bildenden Kunst.

- Also ich weiß nicht.-

Das scheint mir auch so. Willkommen im baunetz, ist auch für Fachfremde sehr interessant!

5

Johann Maier | 12.02.2020 10:34 Uhr

Auch ein Fragen #4

Was sind denn Ihrer Meinung nach "Baugeschichtler"? Die Summe der Leute, die sich mit "älteren Gebäuden" beschäftigt und Geschichten darüber schreiben? Was sollen diese dann in so einem Fall machen? Diese historischen Gebäude nach aktuellen Anforderungen sanieren? Machen die das überhaupt? Ein Architekt kann das nicht? Sollte er dann sein Diplom zurückgeben?

Was ist eigentlich ein "epochaler Zustand" und wie erkennt man ihn? Kann man ihn freilegen oder zu ihm zurückspulen? Gibt es ihn nur beim Dom in Köln? Kann man ihn gleichzeitig erhalten und sanieren?

Was ist eigentlich ein "gebauter Alltag"? Die Summe der geplanten und durchgeführten Alltagsbeschäftigungen?

Also ich weiß nicht.

4

auch ein | 12.02.2020 07:38 Uhr

architekt

da ist jahrelang etwas verpennt worden.

so konnte man nur noch versuchen aus ruinen etwas zu machen....nicht gelungen.

man hätte sich, gerade bei den steidle-bauten mit ihren schön gedachten, bauphysikalisch aber katastrophalen elementen etwas überlegen müssen.

auch dazu sind m.E. "baugeschichtler" da: nicht nur überlegen wie man den kölner dom und in welchem epochalen zusand man ihn erhält und saniert sondern auch gebauten alltag.

3

peter | 11.02.2020 18:09 Uhr

omg

meine güte, wie schlecht ist das denn bitte. hier wurde dilettantisch verschandelt, was man nur verschandeln kann. unsensibel ist gar kein ausdruck für dieses verbrechen an der architektur.

2

Fred Blanke | 11.02.2020 16:36 Uhr

Herzberger Umbau

absolut schrecklich, daneben und nicht empfehlenswert

1

Dr. Rainer Köllner | 11.02.2020 16:10 Uhr

documenta urbana entstellt



Entsetzt und erstaunt hat mich der Artikel zum Thema "documenta urbana entstellt..".
Man muss sich fragen, wie es sein kann, dass urheberrechtlich geschützte und unter Denkmalschutz stehende Gebäude derart verschandelt werden können.

Bei der documenta urbana handelt es sich schließlich um ein einzigartiges und zukunftsgerichtetes Gebäudeensemble, das seinesgleichen sucht. Selbst 1982 an Führungen durch einen Teil der Gebäude mit Herrn Prof. Hinrich Baller beteiligt, kann ich das große Interesse an dem Projekt bescheinigen, das versucht hat, andere Formen des Wohnens und Zusammenlebens zu initiieren und architektonische Impulse zu geben.
Aus meiner Sicht, als Baugeschichtler, kann die Forderung, die auch Frau Prof. Inken Baller erhebt, nur heißen: Rückbau der Schwarzbauten.

Dr. Rainer Köllner, Hann. Münden

 
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Bauteil von Patschan, Werner, Winking, Zustand 2017

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Nach dem Umbau ist das Gebäude 2020 nicht mehr wiederzuerkennen.

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Baller meets Hertzberger: Ein gemeinsames Treppenhaus bildet den Übergang zwischen den Häusern, die Details kommunizieren die Zusammenarbeit.

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Der gleiche Bauabschnitt nach der Umgestaltung.

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