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17.10.2022

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Kein Weiter wie bisher

Architects for Future über Lösungsansätze der Bauwende


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Zunächst in Bremen als Bewegung gegründet, agieren Architects for Future (A4F) seit 2020 als gemeinnütziger Verein, sind in zahlreichen Ortsgruppen aktiv, arbeiten ehrenamtlich und erfreuen sich konstant steigender Mitgliederzahlen. Ihr Appell an Politik, Planende und Industrie wird dabei immer lauter und dringlicher. BauNetz sprach mit der Organisation zu ihrem Beitrag auf dem anstehenden Klimafestival und zu ihren wichtigsten Zielen.

Im Mai haben Sie das Bauwende-Festival organisiert, nun will mit dem Klimafestival eine weitere große Veranstaltung ein Zeichen für die Baubranche setzen. Mit welchem Beitrag ist A4F in Düsseldorf vertreten?
Architects for Future unterstützt die Bemühungen von Heinze, alle Akteure der Baubranche an einen Tisch zu bekommen, um Lösungsansätze der Bauwende zu verbreiten und gemeinsam weiterzuentwickeln. Dies werden wir auch in einem Workshop mit interdisziplinären Teilnehmenden untersuchen, indem wir die für eine Bauwende notwendigen Veränderungen unserer Berufsbilder erarbeiten möchten. Ein „Weiter-wie-bisher“ – also neu bauen – können wir uns nicht mehr leisten und müssen die aktuelle Baupraxis grundsätzlich umkrempeln. Dazu trägt auch unser Vortrag mit Podiumsdiskussion zum Thema Bestandsstrategien bei. Darüber hinaus sind wir noch in weiteren Workshops und Podiumsdiskussionen als Teilnehmende vertreten und natürlich als Netzwerkpartner vor Ort ansprechbar.

Architects for Future wurde außerdem in die Jury des Heinze Architektur Awards eingeladen. Die meisten Einreichungen für den Award haben bedauerlicherweise bestätigt, dass die Notwendigkeit einer Bauwende von vielen Kolleg*innen noch nicht verstanden wird. Ein paar inspirierende Projekte sind allerdings dabei. Doch auch für diese Projekte muss gesagt werden: Da geht noch mehr!

Die dringlichste Forderung ist, Bestandserhalt als Prämisse für anstehende Bauaufgaben zu betrachten. So ist Ihr Verein maßgeblicher Unterstützer des Abrissmoratoriums und Sie haben Vorschläge für eine novellierte Muster(UM)Bauordnung erarbeitet. Woran scheitert derzeit noch die großflächige Umsetzung dieser Forderung? Allem voran steht die Suffizienz und wir fordern, dass Bedarfe und Ansprüche gesenkt werden. Der Bestandsumbau ist der wichtigste Hebel, um CO2- Emissionen, Müllaufkommen, Ressourcen- und Flächenverbrauch zu vermeiden.

Bis jetzt wurden die klimaschädlichen Aspekte des Bausektors nicht genügend betrachtet. Den meisten Baubeteiligten war und ist nicht bewusst, wie schädlich der Einsatz von vielen gängigen Baustoffen für die Umwelt und Gesundheit ist. Neubau scheint einfacher und bedarfsgerechter, er schränkt Bauherren sowie Planende weniger ein. Zudem hat die Bauindustrie größeres Interesse am Neubau, da sie so ihre Produkte an den Markt bringen kann. Viele Regularien, Lehrgänge und Marktentwicklungen entspringen diesen Einstellungen, Gewohnheiten und dem Wirtschaftsstreben, wodurch Neubau nur noch mehr befeuert wird. Diese in Jahrzehnten gewachsene Struktur muss jetzt innerhalb weniger Jahre auf den Umbau neu ausgerichtet werden. Die Umbauordnung ist ein Schritt in diese Richtung, aber das Aufbrechen der alten Strukturen scheint auch der bisher leider trägen Politik nicht leicht zu fallen.

Wie verläuft bisher der Dialog mit der Industrie?
Die Bauindustrie spielt eine maßgebliche Rolle in der Bauwende. Statt neu zu bauen, muss sich eine kreislaufgerechte Wirtschaft mit Fokus auf Bestandsnutzung und Sekundärrohstoffe etablieren. Dieser Verantwortung wird die Industrie bisher aber kaum gerecht. Mit kleineren Herstellern insbesondere im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe sind wir zum Teil schon in Austausch gekommen, mit größeren eher weniger. Die Zementindustrie ist aufgrund ihrer enormen CO2-Emissionen natürlich allen voran im Blickfeld unserer Proteste. Zu Kooperationen ist es bisher nicht gekommen, was unsere ehrenamtlichen Kapazitäten aber leider auch kaum zulassen.

Welche weiteren konkreten Forderungen gehen A4F derzeit noch an? Neben der Suffizienz und dem Bestandserhalt arbeiten wir noch an den weiteren acht der bald zehn A4F Forderungen: für eine Energiewende, zukunftsfähige Qualität, Kreislaufgerechtigkeit, Biodiversität, Klimaresilienz, Gesundheit, soziale Verantwortung und integrale Planung. Die Veröffentlichung steht noch aus, aber in unseren Aktionen sind sie bereits im Fokus. Die Forderungen haben einen starken Bezug auf Planungsakteur*innen, sind aber übertragbar und richten sich an die gesamte Baubranche, Politik und Gesellschaft. Da die Politik an einem sehr großen Hebel sitzt, arbeiten wir in diesem Bereich an Stellungnahmen zu Regularien und Maßnahmen, etwa dem GEG oder der BEG-Förderung und versuchen da in den Austausch mit der Lokal- und Bundespolitik zu kommen.

Wo darf für A4F die Reise hingehen?
Die Reise unserer Bewegung sollte idealerweise nicht mehr weit gehen. Wir verstehen uns als Treiber*innen der Bauwende, die nicht mehr gebraucht werden, wenn der Wandel umgesetzt wurde. Leider ist dies aber bei Weitem noch nicht in Sicht, daher werden wir zukünftig weiter mit Nachdruck an politischen Weichenstellungen, öffentlicher Bildungsarbeit, Netzwerk und Kooperation arbeiten. Mit dem Ziel, immer mehr Beteiligte der Baubranche mit ins Bauwende-Boot zu holen.

Das Interview führte Sabina Strambu mit Johanna Wörner, Pressesprecherin A4F.


Zum Thema:

Architects for Future sind mit Adrian Nägel, Claus Friedrichs, Judith Ottich, Leonie Wipf, Michael Wicke und Johanna Wörner an allen drei Tagen des Klimafestivals in Düsseldorf vertreten. Unter anderem am Donnerstag, 3. November 2022 (11–12 Uhr) sprechen sie gemeinsam mit Uta Pottgießer (TH OWL und TU Delft) über den „Umgang mit dem Bestand“.

Die Teilnahme am Klimafestival ist kostenfrei. Mehr Informationen und Anmeldung
: klimafestival.heinze.de


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Karl | 25.04.2024 19:10 Uhr

Friedrich

die bauwende kommt ganz von allein, wenn das geld alle ist. dann baut man wieder sinnvoll, mit menschlichem maß und nachhaltig. das muss dann natürlich ohne grünen stahl, klimapalaver und tausend zertifikate gehen müssen. bauen gehört zum leben und das leben sucht und findet seinen weg auch ohne solche apokalyptiker. bei mir ist jeden tag neuanfang, mit jedem neuen blatt papier und jeder neuen aufgabe.

4

Stefan Frischauf | 20.10.2022 14:15 Uhr

"Umsetzungsdefizite"

Da gebe ich Ihnen Recht. Das WIE wird ständig in Lobby- und Rechtsdschungel ausgebremst bzw. mit dem Klammerbeutel gepudert. Oder so.
Und völlig richtig: ohne kulturelle Wende stehen wir bald ziemlich armselig da. Vielleicht auch, weil da begrenzte Interessen oft viel zu sehr unbegrenzte Macht auf ach so freien Märkten haben.
Andererseits: gut, dass Heinze das fördert.
Die zum Aufbruch aus verkrusteten Strukturen erforderliche Bewegung wird nur mit partizipativen Angeboten und Zusammenschlüssen überhaupt losgehen können. Und: die Bauwende ist ja nur ein Teil des gesamten kulturellen Wandels, der da erforderlich ist.

3

.,- | 20.10.2022 08:27 Uhr

Zynimus

Nee zynisch war das überhaupt nicht gemeint!
Das war einfach die Realität. Und steht ja ausser Frage das wir eine Bauwende, eine Klimawende, eine Ernährungswende letztendlich eine gesellschaftliche Wende bräuchten.
Aber mit diesen Kongressen zu all den Themen, an dem letztendlich ein Paket von Maßnahmen herauskommt und sich alle die Hände schütteln und sich beglückwünschen das sie ja alles gemacht haben und dann an die Politik verweisen dieses umsetzen, denn sie können ja nix machen, bleibt am Ende für den Ar...
Es wäre toll sich zu unterhalten über das WIE ... wie machen wir das jetzt und schaffen wir das (nicht die Politik oder wer auch immer).
Die Themen die anzugehen sind nicht so komplex das man die nicht schon seit den 60er kennt.
Dafür braucht man nicht wieder eine neue Theorietagung der Fachspezialisten.
Passiert ist in den ganzen Wendenrunden am Ende nichts, ausser man hat dadurch irgendwie Geld und Benefit kreiert.

Also BITTE verlasst den Thesentisch und werdet konkret ohne an Dritte gebundenen Forderungen!

2

Stefan Frischauf | 19.10.2022 13:36 Uhr

@1 hier : der Zynismus des "Business as Usual"

Ihr Kommentar, werter Namensloser Zyniker hier in allen Ehren. ABER: die Baubranche ist eine der vielen Branchen, die sich umstellen muss. Überbordende (Markt-und Bau-) Regeln und Gesetze sind da Teil der Lösung und Teil des Problems. Insbesondere der Bestand und damit verbunden solche Stichworte wie "urban mining" statt "Greenwashing": ein wirkliches "sozial verträgliches" Herangehen an diese Thematik erfordert eine ganz andere Bewertung von Bau- und Planungsleistungen wie auch an der handwerklichen Ausführung als das, was da derzeit vorherrscht und was Sie nicht zu Unrecht frustriert. Und: das ist nur eines von vielen Themen dabei. Recyclingmaterialien, etwa Beton und "statische Sicherheitszuschläge", "grüner Wasserstoff-Stahl" und entsprechende Zertifizierungen: wenn wir den "Earth Overshoot Day", der 2022 auf den 28.Juli fiel, jenen Tag also, an dem die Erde und ihre Rerssourcen verbraten waren tendenziell in Richtung Januar bewegen, dann wird "Homo Sapiens" nicht mehr viel Zeit bleiben. Wäre blöd. Insofern müssen wir da eher Richtung Herbst gehen. Das geht nur mit Bauwende etc.

1

.,- | 19.10.2022 09:58 Uhr

Lösungsansätze

Ganz ehrlich ... da hat doch keiner in der Branche Interesse! Es geht um Geld und die Branche ist so teuer wie nie ... so kompliziert und komplex gemacht worden, um möglichst viel Geld durch komplexes Bauen und durch möglichst viele Spezialisten, das keiner weder die Politik, noch die Lobbyisten, noch irgendwer in der Branche daran Interesse hat weniger zu verdienen! Also WARUM sollten man die Branche, das Bauen pragmatisch und billiger machen? Die Vorschriften reduzieren oder das Bauen einfach und nachhaltig machen? sorry ... die Diskussion ist komplett umsonst!

 
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