Im September 2023 stellte die Bundesregierung ein 14-Punkte-Maßnahmenpaket für bezahlbares Wohnen vor. Kurz darauf rief das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im November den sogenannten „Bau-Turbo-Pakt“ aus. Teil desssen war auch die „Bau-Turbo-Norm“ Paragraf 246e im Baugesetzbuch. Die Pläne für diese Sonderbauregelung hat das Bauministerium nun in einem Entwurf konkretisiert.
Der Gesetzesentwurf für Paragraf 246e sieht vor, dass in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bei Projekten mit mehr als sechs Wohnungen von den Vorschriften des Baugesetzbuches weitreichend abgewichen werden kann. Vorgesehen ist, dass das Gesetz – wenn es denn beschlossen wird – bis vorerst Ende 2026 gilt. Ausgangspunkt für den Entwurf dieser Sonderbauregelung war das 2022 von der Bundesregierung formulierte Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu realisieren. 2023 hat man dies jedoch weit verfehlt.
Nun haben sich mehrere Verbände in einem öffentlichen Appell gegen den Gesetzesentwurf geäußert. Dazu zählen die Bundesarchitektenkammer, der Bund Deutscher Architekten und Architektinnen, Architects for Future und der Naturschutzbund Deutschland NABU. Die Verbände befürchten Fehlentwicklungen bei der Siedlungsplanung zu Lasten von Klima- und Naturschutz. „Wir brauchen kompakte Siedlungen mit einer effektiven Infrastruktur, wir können doch nicht die Ränder unserer Siedlungen einem zerstörerischen Wildwuchs preisgeben – wider jeder Baukultur!“, so Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer.
Regelungen, die möglicherweise außer Kraft gesetzt werden könnten, sind etwa die Umweltverträglichkeitsprüfung und die Öffentlichkeitsbeteiligung. Auch Vorschriften, die die Ausstattung mit sozialer Infrastruktur gewährleisten oder zum geltenden Bebauungsplan gehören, könnten umgangen werden. So würde es möglich werden, Wohnbauten an ungeeigneten Standorten wie Landwirtschafts-, Grün- oder Sportflächen oder an Randlagen zu errichten, schreiben die Verbände in ihrem Appell. Das sei nicht im Sinne einer geordneten und nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung.
Weiterhin kritisieren sie die potenzielle Verschärfung der Wohnungskrise. Der Gesetzesentwurf eröffne Möglichkeiten, Regelungen zum Dämpfen von Mietpreisen in Gebieten mit Erhaltungssatzungen zu umgehen. Außerdem gäbe es in dem Paragrafenentwurf keine Vorgaben, ob oder wie viel sozial geförderter Wohnraum entstehen muss oder ob eine Mietobergrenze einzuhalten ist.
Die Bundesarchitektenkammer macht einen Gegenvorschlag: Sie fordert die Verdichtung und Aufstockung bestehender Gebäude. Dafür seien baurechtliche Anpassungen und gezielte Fördermaßnahmen nötig. Die Kammer verweist dabei auf die Deutschlandstudie der TU Darmstadt von 2019. Darin wurde gezeigt, dass bundesweit bis zu 2,7 Millionen Wohnungen auf Bestandsdächern entstehen könnten. (gk)
Zum Thema:
Der Gesetzentwurf im Wortlaut ist auf der Webseite des Bauministeriums mit den Stellungsnahmen zahlreicher Stakeholder zu finden.
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auch ein | 01.02.2024 16:08 Uhrarchitekt
WILDWUCHS mindestens bis 2026.
das ist der springende punkt.
wer auf so einen mist kommt: kurz mal die gesetze auszuhebeln um schnell vor der wahl einen auf "wir bekämpfen die bürokratie" zu machen???