Bei einem derart eindrucksvollen landschaftlichen Kontext wie dem des Südtiroler Ahrntals bleibt konzeptuell eigentlich nichts anderes übrig, als sich auf mehreren Ebenen darauf zu beziehen. Mit ihrem Erweiterungsbau für das traditionsreiche Hotel Bühelwirt in Saint Jakob tun Pedevilla Architekten (Bruneck) genau das. Über seine äußere Form, seine Farbigkeit, seine Materialität und letztendlich durch seine Adaption von typischen architektonischen Elementen der Region kommuniziert das Gebäude klar seine Zugehörigkeit zum Ahrntal, entwickelt aber auch eine eigenständige Sprache. Sie entsteht gleichermaßen aus einer ästhetischen Auseinandersetzung mit Topografie, Vegetation und Geologie der Alpenlandschaft und einer (bau)kulturellen mit den vorherrschenden Handwerkstechniken und Bautypologien.
Mit einem tief gezogenen, asymmetrischen Satteldach werden letztere adaptiert, interpretiert und übersetzt. Die schwarze Holzfassade, die über die Zeit einen leichten Grünschimmer entwickeln wird, nimmt die Farbgebung der sattgrünen bis schwarzen Wälder auf, so wünschen es sich zumindest die Architekten. Der Grünschimmer der Putzoberflächen in den Innenräumen entsteht durch die Verwendung spezieller Zuschläge aus dem nahe gelegenen Kupferbergwerk. Ein regionaler Bezug bei der Wahl der Oberflächenmaterialien wird aber nicht nur durch die Adaption bestimmter charakteristischer Farbgebungen hergestellt – vertraute Farben werden auf ein fremdes Trägermaterial appliziert –, sondern auch in der bewussten Wahl bestimmter lokaler Produkte: Die in Handarbeit mit Kupfer eingefassten Lampen verweisen auf besagtes Kupferbergwerk und die Vorhänge der Zimmer wurden in der lokalen Lodenmanufaktur produziert. Lokalpatriotismus und „heimelige“ Athmosphären sind in Südtirol nun mal entscheidende ästhetische Triebkräfte.
Die äußere Form des sechsstöckigen Erweiterungsbaus ist vom spektakulären Blick auf die Südtiroler Alpenlandschaft bestimmt. Umgeben von 80 Dreitausendern birgt das Ahrntal einige Postkartenmotive, die die Architekten in den zwanzig Zimmern des Hotels abbilden. Die schräg vorspringenden Erker sind so ausgerichtet, dass ihre Fenster verschiedene Ausblicke in die Berge rahmen. Im Innenraum wird diese zentrale Idee des Gebäudes durch in Lärchenholz ausgeführte Sitznischen weiter ausformuliert. Bei Gestaltungsprinzipien, die Blickrahmungen eine formgebende Funktion beimessen, wirkt das Ergebnis oft determiniert: Es suggeriert einen Abdruck der Parameter, der nicht anders sein könnte. Das stimmt natürlich nicht. Denn würde bei der Ausrichtung der Erker eine Winkeländerung von 30 Grad nicht einen ebenso spektakulären Ausblick bieten? Letztendlich funktioniert die Form eher als Kommunikator: Das, was den Architekten für die Konzeption des Innenraums am wichtigsten war – der Ausblick auf die Berge –, ist von außen weithin lesbar und dient dem Hotel als Alleinstellungsmerkmal. (df)
Fotos: Gustav Willeit
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Sebastian Illichmann | 23.02.2021 16:40 UhrInteresse geweckt!
Die Kommentare haben mein Interesse jetzt mehr geweckt als die Fotos. Au denen erscheint mir das Projekt fast ein wenig zu gewollt und streng. Da werde ich wohl einen Ausflug machen müssen.