Als einer der ersten gebauten Zeugen von Industriearchitektur im Iran entstand vor rund hundert Jahren im Zentrum von Teheran ein Fabrikgebäude, das in den 1960ern und 1970ern seine Hochphase der Nutzung als größte Getränkeproduktionsstätte des Landes erlebte. Fast fünf Jahrzehnte lag es brach, bevor 2016 die Pejman Foundation das abrisswürdige Relikt erwarb und gemäß ihres Stiftungszweckes umbauen ließ. Gründer und Sammler Hamidreza Pejman betreibt nun ein Netzwerk mit mehreren Standorten in der iranischen Hauptstadt, in dem Kunst an der Schnittstelle zu Philosophie und unabhängig nationaler Grenzen gefördert werden soll. Die Argo Factory, benannt nach dem Bier, das einst in der Fabrik gebraut wurde, dient nun auch als Hauptquartier der gemeinnützigen Organisation.
Des Umbaus für das neue Argo Contemporary Art Museum & Cultural Centre nahm sich das in New York beheimatete Büro Ahmadreza Schricker Architecture – North (ASA North) gemeinsam mit Hobgood Architects (Raleigh, North Carolina) an. Der iranisch-österreichische Architekt Ahmadreza Schricker sowie Patrick Hobgood studierten nicht nur gemeinsam, sie arbeiteten auch viele Jahre in der New Yorker Zweigstelle von Rem Koolhaas' Office for Metropolitan Architecture (OMA). Das Museum in Teheran knüpft an die jahrelange Erfahrung der beiden Protagonisten mit der Errichtung von Kulturbauten weltweit.
Das Programm, mit dem sich der Bauherr um den Erwerb, Erhalt und die Neunutzung der Argo Factory bei der Stadt bewarb, geht über die Ausstellung zeitgenössischer Kunst weit hinaus und erforderte umfassende Eingriffe in die Substanz, die jedoch nach außen kaum merklich erscheinen. Es entstanden sechs große Galerieräume sowie Ausstellungsräume für die ständige Sammlung, eine Bibliothek, eine Künstlerresidenz, ein Auditorium, Veranstaltungsräume, ein privates Studioapartment, ein Kunstshop, eine Aussichtsplattform, Büros und eine Bar, in der eine neu aufgelegte, alkoholfreie Version des Argo-Biers serviert wird. Zudem umschließt der Bau einen Innenhof, der öffentlich zugänglich ist und als Treffpunkt für die Nachbarschaft dienen soll.
2017 gewannen ASA North den von Pejman ausgeschriebenen Wettbewerb für das Argo Museum für zeitgenössische Kunst mit dem Ziel, das Gebäude vollständig zu restaurieren und zu renovieren. Die nutzbare Fläche wuchs seit Abschluss der Arbeiten auf 1.890 Quadratmeter an. All dies geschah unter Wahrung der tragenden Ziegelwände beziehungsweise Wiederverwendung originaler Backsteine, ebenso blieb der weit sichtbare Schornstein erhalten. Im Untergeschoss unterstützt eine neue Tragstruktur aus Ortbeton die Konstruktion, zudem erfuhren die Fundamente eine Unterfangung. Für die Statik zeichnet Behrang Bani-Adam verantwortlich.
Die neue Zeitschicht ist von außen vor allem am Dach ablesbar. Hier setzten die Architekt*innen den einzelnen Volumen fünf „schwebende“ Metallhäute auf, die mit zahlreichen Oberlichtern versehen sind und den darunterliegenden Bereichen besondere Lichtsituation bescheren. Einen markanten Neuzugang bildet die zwölf Meter lange, stützenfreie Treppe in Sichtbeton, die mit dem Material und den Formen der Umgebung kontrastiert. Der neuen privaten Kulturinstitution rund um die ehemalige Bierfabrik soll nun die große Aufgabe zukommen, ganz im Sinne eines Bilbao-Effekts als Katalysator für die Renovierung weiterer Bauten der Umgebung sowie für die kulturelle Wiederbelebung der Innenstadt von Teheran zu agieren. (sab)
Fotos: Ahang Ahmadi, Mona Janghorban, Keyvan Radan, Nasser Farrokhi, Ahmadreza Schricker
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen:
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
3
Mauly | 21.07.2022 22:16 UhrDas dach...
Keine guten Proportionen. Verstehe das Konzept nicht. reine Marketing-Architektur IMHO.