Die Schweiz hat sich ja in den letzten Jahren einen gewissen Ruf mit ihren Volksabstimmungen erarbeitet – auch zu gewichtigen Architekturprojekten gab es immer mal wieder spektakuläre Volksabstimmungen. So sprachen sich die Basler 2007 gegen den Casino-Entwurf von Zaha Hadid aus (siehe BauNetz-Meldung) und 2008 sprach sich eine klare Mehrheit gegen einen Kongresshaus-Neubau von Rafael Moneo in Zürich aus (siehe BauNetz-Meldung). Nun kommt es am 13. Juni 2010 zur Abstimmung über den Anbau an das Landesmuseum in Zürich, dessen Bau nach Entwürfen von Christ & Gantenbein eigentlich noch in diesem Jahr beginnen sollte, damit der Eröffnungstermin 2013 eingehalten werden kann. Mit dem Volksentscheid wurde eine langwierige Geschichte um einen hervorragenden Entwurf um ein weiteres Kapitel verlängert.
Die Basler Architekten hatten sich bereits 2002 mit ihrem Entwurf in einem internationalen Wettbewerb durchgesetzt (siehe BauNetz-Meldung). Präsident der Jury war damals immerhin Peter Zumthor. Der Realisierung wurden jedoch bereits zwei Monate nach der Bekanntgabe des Wettbewerbsergebnisses die Mittel gestrichen. Fünf Jahre später willigten die zuständigen Ämter dann doch ein (siehe BauNetz-Meldung „Nun doch“), und nachdem auch die Schweizerische Eidgenossenschaft der Finanzierung zugestimmt hatte, hatten wir bereits den Baubeginn verkündet (siehe BauNetz-Meldung „Grünes Licht“) – doch zu früh gefreut. Eine Kombination aus Heimatschutzlern und SVPlern hat den Prozess nun zu einem Volksentscheid gemacht.
Was genau soll abgestimmt werden? Der dringend notwendige Anbau von Christ & Gantenbein versteckt sich geradezu hinter dem ebenso gewaltigen wie prächtigen Altbau. Dass dieser Altbau zu klein ist, war bereits seinem Entwerfer Gustav Gull bei der Eröffnung 1898 klar, so dass er schon von einer Erweiterung in Richtung der rückwärtigen Parkinsel gesprochen hatte. Inzwischen muss das Landesmuseum außerdem dringend saniert und modernisiert werden. Die Wirkung des Gull-Baus bleibt von der Bahnhofsseite aus praktisch völlig unbeeinträchtigt, es werden keine Teile abgerissen, nur die Ansicht von der Parkseite wird „verstellt“, wobei der neue Entwurf allerdings das Flügelkonzept des Altbaus auf moderne Weise fortschreibt. Ebenso wurde darauf geachtet, dass Durchblicke durch den Neubau einige Blickbeziehungen zwischen dem Altbau und der Parkinsel zulassen.
Wir können von hier aus zwar nicht mitabstimmen, können uns aber immerhin auf die ideelle Befürworterliste setzen, und bei Facebook würden wir „gefällt mir“ dazu sagen.
Wir wünschen dem Erweiterungsbau auf jeden Fall alles Gute für den 13. Juni. Vielleicht gibt es nach über acht Jahren Vorlaufzeit ja doch noch ein Happy End.
Zum Thema:
www.jazumlandesmuseum.ch
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.
2
schweiz | 28.05.2010 09:28 Uhrabstimmungen
hmmmm. ob das eine anspielung auf einen gewissen minarett-streit sein soll? nur so eine vermutung...
wie immer bei abstimmungen: ich bin sehr dafür, dass über architektur abgestimmt wird (berliner schloss!!), denn das fördert das allgemeine verständnis und die diskussionskultur über architektur.
aber dann muss es auch mit einer guten informations-politik einhergehen (warum, für was, wieviel kostet es, was wären die alternativen) - da scheint mir auch die schweiz noch einiges lernen zu können....