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05.12.2019

Hexenmeister der Postmoderne

80 Jahre Ricardo Bofill


Der Hexenmeister der Postmoderne Ricardo Bofill feiert heute seinen 80. Geburtstag. Am 5. Dezember 1939 in Barcelona als Sohn eines Bauunternehmers geboren, gründete Bofill bereits mit 24 Jahren sein eigenes Architekturbüro Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura (RBTA). Umstritten wie geliebt polarisieren seine Bauten bis heute.

Gibt einem Erfolg letztlich immer Recht? Jedenfalls hat es Bofill mit seinem Bau Muralla Roja (1973) im spanischen Calpe geschafft, auch ein knappes halbes Jahrhundert nach der Eröffnung präzise den Nerv der Zeit zu treffen. Der an der Mittelmeerküste gelegene, pastellfarbene Wohnkomplex mit seinen labyrinthischen Treppenanlagen ist jedenfalls eines der großen architektonischen Instagram-Phänomene der 2010er-Jahre.

In direkter Nachbarschaft liegt Xanadú von 1971. Der Wohnbau für 18 Sommerapartments thront wie eine Festung über der Klippe. Die Stapelung von Versatzstücken traditioneller Hausformen verstand sich damals als provokative Positionierung gegen die Monotonie des spätmodernen Wohungsbaus. Im Inneren finden sich organisch anmutende, runde Formen, die keinem funktionalen Gedanken zu folgen scheinen.

RBTA entwirft und plant seit Mitte der 1970er-Jahre in La Fábrica – zugleich Büro und private Wohnresidenz von Bofill im Westen Barcelonas. La Fábrica befindet sich in einem von den Architekt*innen umgebauten Zementwerk aus dem späten 19. Jahrhundert. Die aufgelassene Fabrik mit den gigantischen Silos begriff Bofill, wie er selbst betonte, als „großen Marmorblock“, aus dem er seine eigene Architekturvision herausschälen konnte.

Das angrenzende Walden 7 von 1975 mit ursprünglich 446 Apartments ist eine der aufregendsten Wohnsiedlungen des Jahrzehnts. Die Nutzung modularer Elemente kann als Synthese der Unité d’habitation von Le Corbusier und strukturalistischer Ideen gelesen werden. Der von Vor- und Rücksprüngen sowie markanten, halbrunden Balkonen und Erkern gezeichnete Block besitzt zwischen den sieben Innenhöfen liegende Verbindungsstege sowie Dachgärten mit Swimmingools – aber noch nicht die vielfältigen historischen Zitate der späteren Wohnbauten.

Damit sind Großsiedlungsprojekte wie Les Arcades und Les Temples du Lac oder Les Colonnes de Saint-Christophe, insbesondere aber Les Espaces d’Abraxas von 1982 im Pariser Vorort Noisy-le-Grand gemeint. Antikisierende Tempelfront- und Triumphbogenmotive sollten Abraxas zu einem „Versailles für das Volk“ machen. Mit der auf Symmetrie ausgelegten Gesamtplanung und den mit kolossalen Pilastern und Halbsäulen versehenen Fassaden ist das Ensemble als Paradebeispiel für den Hang der Postmoderne zur Gigantomanie in die Architekturgeschichte eingegangen. Die bis heute zugleich faszinierende und verstörende Wirkung hat der Regisseur Terry Gilliam in seinem dystopischen Film Brazil von 1984 kongenial in Szene gesetzt.

Inzwischen arbeiten drei Generationen Bofills im Büro und errichten seit den 2000er-Jahren neben Spanien und Frankreich auch in China, Japan, Marokko, Russland und den USA Bauten. (stu)


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Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Muralla Roja, Calpe, 1973

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Muralla Roja, Calpe, 1973

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Xanadú, Calpe, 1971

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Xanadú, Calpe, 1971

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Les Espaces d’Abraxas, Marne La Vallée,  1982

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Les Espaces d’Abraxas, Marne La Vallée, 1982

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Walden 7, Barcelona, 1975

Ricardo Bofill – Taller de Arquitectura: Walden 7, Barcelona, 1975

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