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30.07.2014

Bauen nach dem Nebel

5+1AA erweitern Mailänder Universität


Einst war Mailand eine nebelige Stadt, so die Architekten von 5+1AA. Dann jedoch verschwanden die Schwaden, und plötzlich wurde klar: Nicht der Nebel, sondern die Häuser selbst sind grau. – Die Mailänder Privatuniversität IULM ist spezialisiert auf Sprachen und Kommunikation, und 5+1AA (Mailand, Genua, Paris) haben deren Campus südwestlich der Innenstadt soeben um mehrere neue Gebäude erweitert. Kein schriller Kontrast zum Grau war das Ziel, sondern eine morphologische Transformation des Bestehenden, in einem Rot, das an das Leuchten der Ampeln im Dunst der Nachkriegszeit erinnert.

Der städtebauliche Kontext des Campus folgte einst der Idee der autogerechten Stadt, die hier breite Straßen und große Grundstücke samt freistehender Bauten für Forschung und Produktion hinterlassen hat. Räumlich verstehen 5+1AA ihr Ensemble darum als „Verhandlung von Baukörpern und Freiräumen“, die sie als wesentliches kommunikatives Element der Universität betrachten, die sie aber auch der Stadt selbst zur Verfügung stellen wollen.

Der Turm an der Straße bildet das Aushängeschild des neuen Komplexes. Er beherbergt neben der digitalen Bibliothek vor allem Archivräume, die um eine Wendeltreppe herum organisiert sind. Nördlich hiervon bildet ein flaches lineares Volumen mit Präsenzbibliothek und Mensa den Übergang zu den bestehenden Bauten der IULM. Südlich hiervon schließt ein weiteres Gebäude an, das nicht nur Raum für Seminare und andere akademische Formate, sondern auch für öffentliche Veranstaltungen, Ausstellungen oder Konferenzen bietet.

Das eigentliche Zentrum des Projekts bildet jedoch das große Auditorium, das den größten Teil des Grundrisses einnimmt und das so den natürlichen Dreh- und Angelpunkt definiert. Hier wird auch deutlich, was 5+1AA mit der „Verhandlung“ der Zwischenräume meinen: Zahlreiche Innenhöfe, Passagen und Übergänge machen auch das Zentrum des Komplexes durchlässig, sie erlauben alternative Wege und überlagern das Programm der Universität mit den Interessen der Öffentlichkeit.

Bemerkenswert ist auch die Materialwahl der Architekten, die, wie die Formensprache insgesamt, Vorbilder wie Aldo Rossi oder James Stirling zitiert. Rote Ziegel und Glasbausteine, minimalistische Grundformen in Sichtbeton, im Regen mysteriös grünblau changierende Fliesen und kubistisch anmutende Innenräume in Keramik und Pastell erzeugen eine Ästhetik, die zugleich neu und, im Positiven, alltäglich gebraucht erscheint.

Dank dieser detailreichen Realisierung wie auch aufgrund ihres Konzepts ist 5+1AA ein außergewöhnlich präzises, aber auch mutiges Gebäude gelungen, das mit Blick auf andere Universitätsbauten seinesgleichen sucht. (sb)

Fotos: Ernesta Caviola


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