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02.11.2022
Katalysator für urbanen Wandel
25 Jahre Guggenheim Bilbao
Am 18. Oktober 1997 eröffnete das Guggenheim-Museum in Bilbao. Frank O. Gehrys spektakulärer, dekonstruktivistischer Bau war Auslöser des sogenannten Bilbao-Effekts und trug massiv zur Transformation der einst heruntergekommenen baskischen Industriestadt in einen Kultur-Hotspot von internationaler Reichweite bei. Zum 25-jährigen Jubiläum zeigt das Guggenheim Bilbao nun eine große Sonderschau mit Sammlungshighlights. Ein Besuch vor Ort.
Von Belinda Grace Gardner
Das schimmernde Gebilde, das zum Wahrzeichen von Bilbao geworden ist, erscheint wie eine Kreuzung aus mehrfach gefaltetem Metallvogel und spacigem Schiff. Es wäre kaum verwunderlich, wenn es vom angrenzenden Gewässer aus zu fernen Sternen abhebt. Doch greift jede Beschreibung von Frank O. Gehrys Guggenheim-Museum, seit 1997 Tourismusmagnet der Hauptstadt der baskischen Provinz Bizkaia, zu kurz. Denn die kurvenreiche Konstruktion des 1929 geborenen, kanadisch-amerikanischen Stararchitekten, angelehnt an seine 2003 eröffnete Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, hat viele Gesichter. Die sanft glänzende Titanumhüllung fängt die Lichtstimmungen des Himmels ein und bleibt so optisch immer in Bewegung, das Wechselspiel aus Bögen und Kanten lässt den Bau aus jeder Blickrichtung immer wieder anders erscheinen. Auch das sich blütenkelchartig nach oben hin öffnende Atrium in seinem Inneren sorgt für überraschende Sichtachsen, möglich gemacht durch die Simulationssoftware CATIA, die Gehry aus dem Flugzeugentwurf in die Architektur übertrug.
Angesichts des strahlenden Museumsbaus, der von Jeff Koons’ zwölf Meter hohem Blumenhund „Puppy“ bewacht wird, fällt es schwer, sich das düstere Bilbao von einst vorzustellen: ein heruntergekommener Standort der in den 1980er-Jahren in die Krise geratenen Schwerindustrie. Das frühere Hafenareal am damals stark verschmutzten Fluss Nervión lag brach. Heute reisen über eine Million Besucherinnen und Besucher jährlich aus aller Welt an, um Gehrys Museumsgebäude aus Sandstein, Titan und Glas sowie die darin präsentierte zeitgenössische Kunst zu sehen.
Mit 11.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche, die sich über drei Stockwerke verteilen, bietet das Haus Raum für Wechselausstellungen und ständige Präsentationen, darunter großmaßstäbliche Skulpturen wie die mehrteilige begehbare Installation „The Matter of Time“ von Richard Serra. Die bis 22. Januar 2023 gezeigte Sonderschau zum 25-jährigen Bestehen rückt nun weitere markante Objekte aus der hochkarätigen hauseigenen Sammlung in den Blick: Unter anderem Werke der Arte Povera, Pop Art und Conceptual Art sowie aktuelle Positionen aus dem Globalen Süden.
Mit dem Bau des Guggenheim, das unter Einhaltung von Budget und Zeitplan in vier Jahren für umgerechnet rund 100 Millionen Euro realisiert wurde, ging ein ehrgeiziges, mehrstufiges Sanierungskonzept einher. Es transformierte die ehemalige Industriestadt in einen lebendigen internationalen Anziehungspunkt. Der Fluss wurde gesäubert und ist mittlerweile ein attraktives, von Grünflächen gesäumtes Gewässer, an dem Einheimische wie Auswärtige entlangflanieren. Längst haben sich in Bilbao zu Gehrys Museum weitere architektonische Highlights gesellt, beispielsweise Santiago Calatravas Flughafenbau und Fußgängerbrücke, Norman Fosters Metrostationen, Philippe Starcks Kultur- und Freizeitzentrum Centro Azkuna sowie Alvaro Sizas Auditoriumsgebäude für die Universität.
Der sogenannte „Bilbao-Effekt“ machte Schule und gilt als Beweis dafür, dass Kunst und Kultur urbanen Wandel erfolgreich ankurbeln und nachhaltig sichern können. Und stieß doch zugleich immer wieder auf Kritik: Bemängelt wurden die rasch fortscheitende Gentrifizierung und die Eingemeindung der Stadt Bilbao in das Guggenheim-Franchise-Imperium, das von New York über Venedig bis nach Abu Dhabi – wo der jüngste Guggenheim-Ableger 2025 fertiggestellt werden soll – reicht.
Letztlich ist die Vision, einen innovativen Kunstbau als Katalysator für Stadtentwicklung zu implementieren, in Bilbao aufgegangen. Dass dies gelang, liegt mit daran, dass trotz globaler Ausrichtung der Fokus von Anfang an auf der regionalen Anbindung des Hauses lag, das bis heute unter der Generaldirektion des aus Bilbao stammenden Gründungsdirektors Juan Ignacio Vidarte steht. Gehrys Bau fasziniert auch 25 Jahre nach Entstehung weiterhin durch seine eigenwillige, wandelbare Schönheit. Die dauerhafte Wirkung des Museums ist indes seiner geglückten Einfügung in die Stadtlandschaft zu verdanken, die zusammen mit ihm den Abflug in die Zukunft wagte.
Fotos: Erika Ede
Zum Thema:
Zum detaillierten Jubiläums-Programm: guggenheim-bilbao.eus
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Kommentare:
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Frank O. Gehrys vor 25 Jahren errichteter Museumsbau wurde zum Wahrzeichen von Bilbao.
Die schwungvolle La-Salve-Brücke führt quasi durch das Gebäude hindurch.
Jeff Koons’ zwölf Meter hohe Skulptur „Puppy“ prägt den Platz vor dem Gebäude.
Atrium im Inneren des Gebäudes
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