Häkeln bis die Finger wund sind – schließlich wollen 114 Kilometer Nylonschnur erst einmal verarbeitet sein. Genau das taten 53 Frauen, ein Mann und ein Junge, allesamt aus dem baden-württembergischen Lorch, um ein ganzes Haus Realität werden zu lassen. Das 360 Kilogramm schwere Häkelgewand verhüllt seit kurzem das „Luginsland“, ein Gebäude des Klosters Lorch. Der Entwurf stammt vom Münchner Büro Hild und K.
Nur wenige Kilometer weiter, im Örtchen Urbach ragt seit einigen Tagen ein hölzerner Turm in die Luft. Ein Entwurf von Achim Menges und Jan Knippers (beide Stuttgart) aus sich selbst formenden Holzbauteilen. Gearbeitet haben die Architekten dabei mit einem Verfahren, das dem Holz Feuchtigkeit entzieht. So wurden die 14 Meter langen Sperrholzteile im flachen Zustand laminiert, ehe sie sich in einem Trocknungsprozess selbst in die vorausberechnete Form bogen.
Ein gehäkeltes Haus, ein innovativer Holzbau, dazu eine Freiheitsstatue, ein an Fachwerkhäuser erinnerndes Kaminhaus, ein Dach, das in den Bäumen zu schweben scheint, ein Hochzeitsturm und ein Wengerterhäuschen, traditionell Schutzhütte und Lagerraum der schwäbischen Weinbauern – Dies sind nur einige der Projekte, die im Zuge der Gartenschau im Remstal entstanden sind.
Insgesamt 16 Büros haben unter dem Titel „16 Stationen“ in 16 Gemeinden 16 unterschiedliche, pavillonartige Projekte realisiert. Unter einen Hut gebracht und kuratiert hat das Ganze Jórunn Ragnarsdóttir. Welches Büro für welche Gemeinde entwirft, wurde im Dezember 2016 per Los entschieden.
Ganz Baden-Württemberg scheint aktuell vom Pavillon-Fieber gepackt. Während im Rahmen der BUGA in Heilbronn in erster Linie stadtentwicklungsrelevant gebaut und experimentiert wird, steht im Remstal die Landschaft im Fokus. Und so reihen sich die 16 Pavillons entlang des 78 Kilometer langen Remstals östlich von Stuttgart auf. Von der Quelle der Rems bei Essingen, über die Weinberge von Schorndorf, Weinstadt und Waiblingen bis zur Mündung in den Neckar, wo das Badehaus von Christoph Mäckler Architekten (Frankfurt) den geografischen Schlusspunkt bildet.
Die Büros von der Quelle bis zur Mündung:
- Essingen: Harris + Kurrle Architekten, Stuttgart
- Mögglingen: Brandlhuber +, Berlin
- Böbingen an der Rems: Staab Architekten, Berlin
- Schwäbisch Gmünd: Florian Nagler Architekten, München
- Lorch: Hild und K Architekten , München
- Plüderhausen: Uwe Schröder Architekt, Bonn
- Urbach: Achim Menges und Jan Knippers, Stuttgart
- Schorndorf: Schneider+Schumacher, Frankfurt
- Winterbach: Burger Rudacs Architekten, München
- Remshalden: Schulz und Schulz, Leipzig
- Weinstadt: su und z Architekten, München
- Korb: Studio Rauch, München
- Kernen im Remstal: Kuehn Malvezzi, Berlin
- Fellbach: Barkow Leibinger, Berlin
- Waiblingen: J. Mayer H. und Partner, Berlin
- Remseck am Neckar: Christoph Mäckler Architekten , Frankfurt
Als Bauherr jedes Pavillons fungierte die zugehörige Gemeinde, die auch für die Finanzierung der zwischen 70.000 und 200.000 Euro teuren Bauten zuständig war.
Wie Natur und Architektur bestmöglich in Einklang zu bringen sind und welchen Beitrag Architektur zur Frage, wie wir künftig leben wollen, leisten kann, darum soll es auch bei einem öffentlichen Symposium mit den 16 Architekt*innen und der Kuratorin am 30. Juni 2019 gehen. Bereits mit Blick auf die IBA 2027 in Stuttgart. (kat)
Zum Thema:
remstal.de
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Nils | 23.05.2019 09:05 UhrArchitektur
Ich finde das Projekt toll!
Toll das es noch Gemeinden gibt die sowas fördern und finanzieren.
Anmerkung:
Leider muss man anmerken das wohl Vielfalt in der Architektur nur noch im kleinen Rahmen scheinbar möglich ist ...