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03.04.2019

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Buchtipp: Nachruf auf ein verlorenes Denkmal

Auferstehungskirche zu Sailauf


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Die Auferstehungskirche zu Sailauf wurde in den Jahren 1969 bis 1971 von Emil Mai errichtet und war ein Gemeinschaftsprojekt der Gemeinde – eine Herzensangelegenheit, die nur durch einen Spendenmarathon finanziert werden konnte. Doch nach 38 Jahren Nutzung wurde die Kirche im Jahr 2009 abgerissen. Die notwendige Sanierung war zu kostenaufwendig; die barocke Vituskirche sollte wieder Hauptkirche der unterfränkischen Gemeinde werden. Als posthume Würdigung des Gebäudes der Nachkriegsmoderne hat der junge Architekt Peter Wohlwender nun, zehn Jahre nach ihrem Abriss, ein Buch über die Auferstehungskirche in seinem Heimatort herausgegeben.

Der ehemalige Kirchenbau auf der Anhöhe des Ortes Sailauf war ein gefalteter Baukörper aus Sichtbeton, der sich nach Osten hin zunächst verjüngte, durch den eingeschobenen Turm im Altar aber gerade abschloss. Der Zugang erfolgte seitlich der Wandscheiben, die sich Richtung Süden auffächerten. Erfassen konnte man den Kirchenraum in einer Bogenbewegung. Der rohe und schlichte Innenraum war geprägt durch die massiven Dachbalken aus Holz, die im Altar zusammenliefen.

Da die Kirche nie umfassend fotografiert wurde, dokumentieren nur wenige Bilder, vorrangig in Schwarzweiß, die Architektur. Diese flüchtigen, teils unscharfen Aufnahmen scheinen symptomatisch für einen beiläufigen Umgang mit Nachkriegsarchitekturen. Umso deutlicher ist die Aussage des Autors: Die Kirche in Sailauf war ein besonderes Bauwerk und ist ein verlorenes Denkmal – der Nachdruck seiner Haltung schlägt sich auch formal durch die ausschließliche Nutzung gefetteter Schrift im Buch nieder. Gegen den Abriss gab es damals kaum Widerstand, da der neuen Generation der Bezug zu diesem Bau fehlte. „Die Kirche hatte keine Beschützer“, schreibt Dokumentarfilmer Dieter Wieland in seinem Nachruf am Ende des Buches.

Neben einer feinsinnigen Baubeschreibung liefert Wohlwender mit seinem Buch auch die historischen Umstände in Sailauf vor und während des Baus der Kirche, einen Blick auf den Architekten Emil Mai sowie die Nachgeschichte der Kirche. Es ist ein ernstes, aber aufgeladenes Buch. Peter Wohlwender hat der Auferstehungskirche zu Sailauf damit ein nachträgliches Denkmal gesetzt.

Text: Natalie Scholder

Auferstehungskirche zu Sailauf

Peter Wohlwender

104 Seiten
Verlag Dreiviertelhaus Berlin 2019
ISBN 978-3-96242-901-0

25 Euro



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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

4

Andrea Palladio | 23.04.2019 20:38 Uhr

Weimar

Man möchte nur mal so zum Beispiel dies hier mit dem neuen Bauhaus-Museum in Weimar vergleichen. Da kann man über den Zustand der Baukultur in diesem Land einfach nur verzweifeln.

3

Designer | 04.04.2019 18:25 Uhr

@peter

So eine Nachnutzung, egal wie, Hauptsache nicht zerstörerisch, wäre hier wünschenswert gewesen.

Mir sind hier und da schon mal schöne und sehr moderne Kirchen begegnet aber so richtig tief drin bin ich nicht in dem Thema.
Für mich würde sich dieser Abriss nur rechtfertigenlassen wenn es etwas sehr ähnliches gäbe.

Mir ist klar, dass Denkmalschutz hin und wieder sehr umstritten ist, auch abseits ökonomischer Bedenken. Ein weites Feld über was man lange Diskutieren könnte und diskutiert wird.

2

peter | 04.04.2019 15:20 Uhr

@Designer

Es gibt in (West-)Deutschland eine Masse an modernen Kirchen aus der Nachkriegszeit - die meisten sind von einer überdurchschnittlichen Architekturqualität und in gutem Zustand. Dennoch werden in den nächsten Jahren sehr viele davon abgerissen werden - einfach, weil sie niemand mehr benutzt und ein Abriss für die Gemeinden offenbar oft besser zu verkraften ist als eine Umnutzung als was auch immer, meinetwegen als Moschee. Aus Sicht des Denkmalschutzes sollte jede bewahrende Umnutzung, und sei es als Lagerhalle, zu befürworten sein. Vielleicht ändern sich die Zeiten auch mal wieder, dann könnte man die Kirchen wieder herrichten.

Im übrigen halte ich den hier gezeigten Bau nicht für den besten seiner Art. In jedem Fall aber hat das Thema mehr Aufmerksamkeit verdient.

1

Designer | 03.04.2019 17:06 Uhr

typisch Deutschland

Oh man, was soll man dazu noch sagen.

Es wird so viel Schrott gebaut und dann wird ein Gebäude was ganz offensichtlich was will (und kann) einfach abgerissen.

Mir läuft ein kalter Schauer den Rücken runter.

 
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Buch „Kirche zu Sailauf“ von Peter Wohlwender

Buch „Kirche zu Sailauf“ von Peter Wohlwender

An den schmal zulaufenden Kirchenbau ist im Osten der Glockenturm über dem Altarraum angeschossen.

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