Seit zwei Wochen läuft die siebte Ausgabe der Architekturbiennale in Tallinn. Während sich das relativ junge Format vor zwei Jahren mit dem Zusammenspiel von Nahrungsmittel- und Raumproduktion beschäftigte, steht es dieses Mal unter dem Motto „Resources For a Future“. Hinter dem Titel, der in Zeiten des Klimawandels in ähnlicher Form sicher schon für andere Veranstaltungen verwendet wurde, verbirgt sich ein Programm aus Ausstellungen, Symposien, Führungen und Seminaren. Im Fokus: der Einsatz lokaler Baustoffe und traditioneller Bautechniken.
Dass sich ein Blick auf die Architektur Estlands, Lettlands und Litauens lohnt, zeigt nicht nur die Biennale, sondern auch die Dynamik in der Region, insbesondere in den Hauptstädten. Hier entstehen zunehmend Projekte, die sich mühelos mit mitteleuropäischen Bauten messen können. Auffällig ist jedoch, dass viele öffentliche Bauten nicht von lokalen Architekt*innen geplant wurden. So hat Studio Libeskind das private MO Museum in Vilnius entworfen, das litauische Kunst seit 1960 präsentiert.
Ein Kulturbau anderer Art in Riga stammt von Mailitis Architects und Arhitekta J. Pogas birojs: eine von Wäldern umgebene Freilichtbühne, die hauptsächlich für die traditionsreichen Gesangs- und Tanzfeste genutzt wird. Dabei stehen schon mal bis zu 20.000 Sänger*innen auf der Bühne. Musik, insbesondere Volkslieder, haben im Baltikum eine große Bedeutung, was sich auch in zwei Musikzentren widerspiegelt. Eines davon, mitten im estländischen Wald gelegen und mit fließenden, organischen Formen gestaltet, wurde von Nieto Sobejano Arquitectos entworfen. Das andere, von haascookzemmrich Studio2050, besticht durch seine klare Geometrie und steht exponiert auf einem Platz im lettischen Ventspils. Wer sich von den spannenden Entwicklungen in den baltischen Ländern selbst überzeugen will, sollte sicher nicht bis zur nächsten Biennale warten. (gk)
Teaser: Schlossrestaurierung im estnischen Põltsamaa von studio ARGUS und LUMIA. Foto: Tõnu Tunnel