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05.06.2024

Lernen im brutalistischen Postamt

Sanierung und Umbau von archipelago in Neu-Löwen


Umbauten und -nutzungen beobachten wir besonders gern. Nicht nur, weil Bestand erhalten wird, sondern auch, weil manch interessantes Kapitel der Architekturgeschichte wieder emporschwappt. Diesmal in der belgischen Planstadt Louvain-la-Neuve, zu Deutsch Neu-Löwen. Der heutige Stadtteil von Ottignies-Louvain-la-Neuve entstand ab Anfang der 1970er, als der französischsprachige Teil der Katholischen Universität Löwen (Université Catholique Leuven – UCL) in der Provinz Wallonisch-Brabant seine eigene Heimatstätte gründete. Die Bauwerke zeugen deutlich vom Architekturstil ihrer Entstehungszeit. Einige von ihnen sind bereits umgenutzt worden, zum Beispiel entstand in einer ehemaligen Bibliothek ein Museum.

Nun wurde das ebenfalls brutalistisch geprägte Postgebäude saniert und als Lernzentrum der Universität umgebaut. Die Planung übernahm das Brüsseler Büro archipelago, das Bildungszentrum C.P.F.B asbl agiert als Bauherr. Es ist mit der UCL verbunden, sein Schwerpunkt liegt auf sozialer Entwicklung. Archipelago brachte für die neue Aufgabe einschlägige Erfahrung mit, wie der Umbau eines Gebäudes aus den 1970er zum Rathaus von Uccle zeigt.

Eine Aufgabe bestand darin, die Spuren diverser Zwischennutzungen zu revidieren. Die „Klangschule“, die zuletzt im Bau untergebracht war, hatte kleinteilige Räume und umfassende Schallschutzmaßnahmen hinterlassen. Dabei sei die Klarheit der Architektur und die Einfachheit der Materialien verloren gegangen, so die Architekt*innen. Im Zuge der Sanierung haben sie den Beton freigelegt oder instandgesetzt, das ursprüngliche Mauerwerk wiederhergestellt und Holzprofilelemente erhalten.

Die Planenden haben die Volumen sowohl funktional als auch räumlich entflochten. So konnten die beeindruckende Raumhöhe und das Zusammenspiel der Dachträger mit dem durch Glassteine fallenden Licht wieder inszeniert werden. Der Eingriff in die Struktur betraf nur Wände, die nachträglich eingebaut oder verändert wurden. Lediglich die Ostfassade erfuhr eine größere Anpassung, um die „räumliche Kontinuität im Erdgeschoss zu erhöhen“. Trotz der Wiederherstellung der originalen Gestalt erhielt das Gebäude eine moderne technische Ausstattung und thermische Ertüchtigung.

Die nächste Nutzungsphase durch das CPFB beinhaltet unterschiedliche Kurse für variierende Gruppengrößen. Den Planenden war es wichtig, das Projekt in einem Co-Creation-Prozess mit den Studierenden und Lehrkräften zu entwickeln. Anhand von Plänen wurden Gruppendynamiken, Anforderungen an die Arbeitsplätze, Raum- und Nutzerverbindungen abgebildet. Daraus ergab sich die Definition unterschiedlicher Aktivitäten und Anforderungen an die neu zu gestaltenden Orte. Anstatt den Räumen eine bestimmte Funktion zuzuweisen, sollen sich die Nutzer*innen die Umgebung entsprechend ihren Aktivitäten aneignen. (sab)

Fotos: Johnny Umans, Gil Plaquet, archipelago


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