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07.05.2024
Lichttürme überm Dreispitz
Umbau für das Kunsthaus Baselland von Buchner Bründler
Der Dreispitz ist ein rund 50 Hektar großes, ehemaliges Bahnhofs-, Material- und Zollfreilagergelände am östlichen Stadtrand von Basel, das schon seit dem frühen 19. Jahrhundert zum Großteil der Merian-Familie gehört. Aus deren Nachlass entstand die Christoph Merian Stiftung, die sich seit 2005 um eine gemeinwohlorientierte Umwandlung des Dreispitz kümmert. Bei einem weitgehenden Erhalt des Bestands entstehen seither vor allem Wohnungen sowie kulturelle und soziale Angebote. Nun ist das ist Kunsthaus Baselland auf den Dreispitz gezogen – in einen eindrucksvollen Umbau von Buchner Bründler Architekten (Basel). Zuvor hat sich seit 2014 auf dem Gelände etwa die Hochschule für Gestaltung und Kunst angesiedelt (Hochhaus von Morger+Dettli). Und Herzog & de Meuron haben hier ihr Archivgebäude.
Für das Kunsthaus Baselland bauten Buchner Bründler eine sehr schlichte Lagerhalle, in der früher wohl hauptsächlich Champagnerflaschen gestapelt wurden, charmant ruppig um. Im Wettbewerb 2015 war es den Teilnehmer*innen noch freigestellt, ob die Lagerhalle für die neue Nutzung überhaupt sinnvoll zu erhalten sei. Das Team von Daniel Buchner und Andreas Bründler schlug damals einen maximalen Bestandserhalt vor. Ihr Konzept basierte darauf, einen neuen „Raumkörper“ in die Halle zu bauen und damit auch eine zweite Ebene zu schaffen. Diesem Volumen gelingt es, zwischen alter Hülle und neuem Kern eine Reihe von sehr unterschiedlichen Ausstellungsräumen von insgesamt 1.500 Quadratmetern zu schaffen. Dabei unterstützt der Einbau zugleich die Tragfähigkeit der alten Halle.
Fast die gesamte Außenhülle konnte erhalten werden: sowohl die Außenwände aus mit Kalksandstein ausgefachten Stahlrahmen, als auch das Pfettendach mit gewellten Faserzementplatten. Diese schlichte, industrielle Hülle, kaum mehr als ein Wetterschutz eigentlich, wurde nur ausgebessert, repariert und zusätzlich gedämmt, wo es nötig war. Die bestehenden Tore zu beiden Seiten – auf der einen Seite kamen die Kisten per Bahn, auf der anderen wurden sie auf LKW geladen – erhielten große Glaselemente und Türen aus rohen Aluminiumprofilen, was den rauen Industriecharakter des Gebäudes noch verstärkt. Auch der Rampensockel aus Beton und die Stahlgeländer blieben erhalten. Das 400 Quadratmeter große Foyer ist von beiden Seiten zugänglich und steht allen kostenfrei offen.
Der dramatischste Teil des Umbaus aber ragt hoch über der alten Halle auf. Es sind drei scharfkantige, dreieckige Türme aus Beton, die sich wie Skulpturen 25 Meter in die Höhe erheben und die Kunsthalle damit weithin sichtbar machen. Allerdings sind sie weder Schornsteine noch Luftschächte, sondern Lichttürme, die Zenitlicht gezielt an drei Stellen in die Ausstellungsräume fallen lassen. Man sei dabei unter anderem durch die „performative Kraft der Arbeiten von Gordon Matta-Clark“ inspiriert gewesen, von der „Kraft des Aufschneidens der Gebäudehülle, um einen dunklen Raum mit Licht zu füllen“, sagt Andreas Bründler in einem lesenswerten Interview (PDF-Download) auf der Webseite des Kunsthauses.
Die Dreiecksform sei aus der Schnittfigur des alten Satteldachs entwickelt, erklären die Architekten. Sie funktioniert natürlich auch als neues Symbol für das Dreispitz-Areal. Wichtiger aber ist der im Inneren entstandene Raumparcours. In dem betont rauen Körper lässt dieser auf engstem Raum vielfältige Sichtbeziehungen zu und schafft im Wechsel von Tages- und Kunstlicht äußerst unterschiedliche Atmosphären.
Die lokale Presse zeigt sich jedenfalls begeistert. Die Werke in der Eröffnungsausstellung „Rewildering“ würden bereits „virtuos“ mit den ungewöhnlichen Räumen umgehen, findet der Tages-Anzeiger. Der Blog Architektur Basel erzählt von steifen Nacken beim Rundgang, weil man immer wieder von unten in die monumentalen Lichttürme hinaufblicken müsste. Und Gerhard Mack findet den Umbau in der Neuen Zürcher Zeitung einfach spektakulär. (fh)
Fotos: Finn Curry, Gina Folly, Maris Mezulis
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