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23.11.2023
Ganz schön schräg
Bürohaus in Berlin von Richter Musikowski
Kürzer kann der Weg zur Baustelle kaum sein: Vom Büro von Richter Musikowski Architekten bis zum Neubau an der Ritterstraße 16 in Berlin-Kreuzberg sind es kaum 250 Meter. Im Jahr 2018 gewannen die Architekt*innen das Gutachterverfahren des privaten Investors. Jetzt ist das sechsgeschossige Bürogebäude fertig. Auf dem 1.900 Quadratmeter großen Grundstück gibt es nun knapp 9.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche.
Kaum eine Berliner Straße hat sich in den letzten Jahren so stark gewandelt wie die Ritterstraße. Im Windschatten der raschen Entwicklungen am Moritzplatz rund um die Prinzessinnengärten und das Aufbau-Haus ist ein wahrer „Betonrausch“ ausgebrochen: In wenigen Jahren sind neun Neubauten mit insgesamt über 90.000 Quadratmetern Bürofläche entstanden – darunter die Gewerbebaugruppe von BCO Architekten, Gewerbehöfe von Kadawittfeld und Thomas Hillig oder die mehrgeschossige Aufstockung von Karsten Groot.
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Gegend entwickelt, sieht man dem Straßenzug noch an. Hier und dort stehen zwischen den Neubauten die älteren, eingeschossigen Gewerbebauten der Nachkriegs- und Mauerjahre. So ragt auch der Neubau von Richter Musikowski steil zwischen einer Tankstelle und einem alteingesessenen Sanitärbetrieb auf. Die Höhe des Neubaus entspricht der Berliner Traufhöhe und korrespondiert mit den anderen Neubauten sowie mit den beiden verbliebenen historischen Gewerbehöfen der Gegend – dem Ritterhof und dem Pelikan-Haus.
Die schmale Parzelle der Ritterstraße 16 wies eine besondere konstruktive Herausforderung auf. Darunter verläuft ein U-Bahntunnel, sodass der Stahlbetonskelettbau wie ein Brückenbauwerk auf eine gewaltige Tragrostkonstruktion aus Stahl gesetzt werden musste, die den Tunnel überspannt. Zudem musste das ganze Gebäude von den Erschütterungen entkoppelt werden. Der Aufwand, der für dieses Bürogebäude betrieben werden musste, ist wohl ein Indiz für die große Nachfrage an Büroflächen an dieser innerstädtischen, gut erschlossenen Stelle.
Im Grundriss ist der Neubau ein asymmetrisches T, das einen Blockrand zur Straße und rückseitig zwei Höfe bildet. Ein großer Durchgang dient als zentraler Eingang und spielt mit Assoziationen an die historische Typologie der Kreuzberger Gewerbehöfe. Durch die niedrigen Nachbarn ist auch der in die Tiefe des Grundstücks hinein reichende Seitenflügel von der Straße aus gut sichtbar. Daraus entwickelten Richter Musikowski das Konzept einer umlaufenden Fassade aus sandgestrahlten Betonfertigteilen, deren schräge Vertikalen das Bild prägen.
Hinter dem kräftigen Rahmen wird die Fassade durch Loggien und Terrassen strukturiert, die dem Gebäude zusätzliche Tiefe geben. Die Stahlbetonkonstruktion ermöglicht eine freie Aufteilung der Grundrisse in bis zu 16 Mieteinheiten. Der größere der beiden Höfe ist mit einer Sitztreppe aus Holz und drei Grüninseln als Treffpunkt für alle Nutzer*innen des Gebäudes gestaltet, der kleinere Hof zur Ostseite wurde als eher intimer Bereich konzipiert. (fh)
Fotos: Dacian Groza, Klemens Renner, Schnepp Renou, Richter Musikowski
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