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07.11.2023
Getrepptes Vergnügen
Kulturzentrum von MVRDV in Tirana
Das Rotterdamer Büro MVRDV ist bekannt für seine spektakulären Bauten, deren Architektur außerdem gerne geometrischen Grundformen folgt. Es passte also, dass die Architekt*innen um Winy Maas, Jacob van Rijs und Nathalie de Vries im Jahr 2018 mit Sanierung und Umbau der sogenannten Hoxha-Pyramide in Albaniens Hauptstadt Tirana beauftragt wurden. Diese war einst als Gedenkort für den langjährigen kommunistischen Herrscher Enver Hoxha von seiner Tochter Pranvera Hoxha entworfen worden. Sie dient nun als Kultur- und Bildungszentrum für die Jugend des Landes. Auftakt der Transformation war 2021.
Die Pyramide, deren Fortbestand lange fraglich war, wurde mit dem Projekt vollkommen neu interpretiert. Handelte es sich bisher um einen mit Spiegelglas verschlossenen, introvertierten Bau, krempelten MVRDV die Architektur einfach um. Dank zahlloser flacher Freitreppen hat sich seine Hülle nämlich in einen niederschwelligen städtischen Ort verwandelt, den sich die Bewohner*innen Tiranas schnell aneignen werden. Nicht mehr einem diktatorischen Führer wird hier gedacht, sondern das Leben genossen. Das erinnert auch an die temporäre Treppenskulptur von MVRDV in Rotterdam aus dem Jahr 2016.
Mit ihren flachen Steigungen hatte die Geometrie der Pyramide zu dieser Umkehrung aber auch förmlich eingeladen. Gerade die Jugend der Stadt kletterte verbotenerweise schon früher gerne auf der Pyramide herum. Die einst mit Marmorplatten verkleideten Schrägen eigneten sich außerdem als Rutschbahn. Ein kleines Teilstück wurde nun sogar extra für diesen Zweck wiederhergerichtet. Bunte Boxen vor und auf dem Kulturzentrum, das sehr zentral am Märtyrer-Boulevard steht, markieren jetzt weithin sichtbar das neue Kapitel in der Geschichte des Gebäudes.
Initiiert worden war das Projekt von der Albanian-American Development Foundation, die auf eine US-Initiative zurückgeht und die das Gebäude unter dem Namen Tumo auch dauerhaft betreiben wird. Geboten werden unter anderem spielerische Bildungsangebote in Bereichen wie Software, Robotik, Animation, Musik und Film. Auf fast 12.000 Quadratmetern versammeln MVRDV hierfür Seminarräume, Studios, Werkstätten und Cafés. Dabei finden die Architekt*innen im Umgang mit dem Bestand eine ebenso pragmatische wie bildstarke Lösung. Das neue Programm findet in bunten Boxen Platz, während der Bestand als ein klimatisch offener Kollektivraum genutzt wird. In einem dezenten Ruinenambiente stapeln sich nun also die Kisten. Ein Teil dieser Räume ist dabei auch für externe Nutzer*innen zugänglich, die sich hier einmieten können.
Mit der Pyramide hat Tirana eine weitere Sehenswürdigkeit, deren Gestaltung auf ein prominentes internationales Büro zurückgeht. Der amtierende Bürgermeister Erion Veliaj ebenso wie der legendäre frühere Bürgermeister und heutige Premier Edi Rama hatten dahingehend bereits in der Vergangenheit wichtige Impulse gesetzt. Bereits vor ein paar Jahren wurde beispielsweise der beeindruckende Skanderbeg-Platz von 51N4E eröffnet. Und auch MVRDV selbst arbeiten an weiteren Vorhaben in der Stadt. Tirana gilt darum zunehmend auch als Destination für Architekturinteressierte. (sb)
Fotos: Ossip van Duivenbode
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