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13.09.2023
Schicht um Schicht
Kirche von Wutopia Lab in Shanghai
Selbst aktuelle Kirchenbauten haben oft noch eine geschlossene Form, auch wenn spätestens seit Anbeginn der Moderne der Turm auch mal wieder abseits stehen darf – wie in früheren Zeiten. Bei einer kürzlich in Shanghai fertiggestellten Kirche war es jedoch eine Vorgabe des Wettbewerbs, bestimmte Funktionen in einem kleinen Nebengebäude unterzubringen. Um trotzdem den Eindruck einer klaren Form zu geben, zogen die Architekt*innen von Wutopia Lab (Shanghai) eine durchlässige Einfriedung um die gesamte Anlage.
Die Kirche entstand für eine der größeren christlichen Gemeinden des Landes mit über hundertjährigen Wurzeln in der Pfingstbewegung. Bauherr war aber nicht die Kirche selbst, sondern die Entwicklungsgesellschaft des umliegenden Neubaubezirks in Fengxian im Süden von Shanghai – wie bei vielen jener Gemeinden, die Teil staatlicher Dachorganisationen sind. Die Lage in einem früheren Feuchtgebiet mit vielen Kanälen erklärt dabei auch die Präsenz eines eigenen Pumphauses als Teil der Anlage.
Hinter der Umhüllung aus Gittergewebe gestalten die Architekt*innen das Hauptvolumen mit einer zweiseitigen Ausrichtung. Rückwärtig, in unmittelbarer Nähe zur Straße, liegen auf zwei Geschossen Gemeinde- und Verwaltungsräume, im dritten Stockwerk eine kleine Kapelle. Die meisten Gläubigen dürften das Gebäude aber über den östlichen Eingang betreten, von wo aus man direkt in den eigentlichen Kirchenraum gelangt. Im Grundriss gut zu erkennen ist dabei ein Spiel mit variierenden Symmetrien, das die Architekt*innen um Yu Ting hier realisierten. Dank großer Drehflügel lässt sich der Sakralraum nach Süden öffnen, was an den früheren Andachtsort der Gemeinde erinnert. Dieser war so beengt, dass die Gläubigen manchmal auch vor dem Gebäude beteten.
Beginnend mit der im Erdgeschoss durchlässigen Einfriedung ergeben sich Schichtungen und Überlagerungen als Leitmotiv der Architektur. Das eigentliche Volumen aus Stahlbeton wurde beispielsweise noch durch eine weitere, mit Kreuzen perforierten Hülle aus gestapeltem Kunststein umfangen. Und im atmosphärisch eher kühlen Inneren kaschiert eine feine Lattung einen Umlauf im ersten Obergeschoss. Erhellt wird das Volumen durch Fenster im Dach, deren Licht mittels eingehängter Schalen gefiltert wird.
Yu Ting beschreibt die Kirche, deren Planung und Umsetzung rund acht Jahre in Anspruch nahm, als eine Art persönliche Reise. Er habe in dieser Zeit gelernt, dass es nicht auf die Perfektion eines jeden Details ankomme, sondern die Integrität der Gesamtgestaltung entscheidend ist. In Anbetracht solcher Gedanken stellt sich natürlich die Frage: Ist er womöglich der Jedi mit Kapuze, der auf der Suche nach neuen Erkenntnissen durch die Fotos streift? (sb)
Fotos: CreatAR
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