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15.09.2023

Portalfragment und Halbkreise

Baugruppenhaus in Berlin von Thomas Baecker Bettina Kraus Architekten


In Berlin ist es für Baugruppen inzwischen sehr schwer geworden, geeignete Grundstücke zu finden. Aber ab und zu gelingt es doch noch. Die Wohngebäude, die dann entstehen, gehören in schöner Regelmäßigkeit zu den architektonisch innovativsten und ambitioniertesten der Stadt – wie unter anderem jüngst die Projekte von zanderroth in Mitte, von IFUB* in Neukölln, von Praeger Richter in Schöneberg oder Scharabi Architekten in Friedrichshain beweisen. Nun ist von der Fertigstellung eines Baugruppenhauses im Wedding zu berichten. Entstanden ist es nach Entwürfen von Thomas Baecker Bettina Kraus Architekten (Berlin), die inzwischen als Thomas Baecker Architekten und Kraus Fischnaller Architekten getrennte Wege gehen. Der Ausbau der einzelnen Einheiten erfolgte durch verschiedene Büros, die von den Eigentümer*innen individuell beauftragt wurden.

Die Malplaquetstraße liegt in einem unaufgeregten Teil des Wedding zwischen Leopoldplatz und Seestraße. Die Wohnstraßen sind hier geprägt von gut erhaltenen Häusern der Gründerzeit, teilweise mit aufwändigen Stuckfassaden, tiefen Balkonen und wuchtigen Dächern. Die Nummer 19 allerdings war wegen eines historischen Fragments Baulücke geblieben: Von einem Backsteinportal mit Pförtnerhaus, das einst als Zufahrt zu den Osram-Höfen im Blockinneren diente, war nur die dünne Fassadenschicht erhalten geblieben – notdürftig gegen Umkippen gesichert wie eine alte Filmkulisse. Unter der Bedingung, diese Portalfolie zu erhalten, wurde auf der Baulücke Baurecht geschaffen.

Das neue Haus setzt sich nun direkt hinter das historische Fragment. Die ehemalige Tordurchfahrt wird mit einem kräftigen Betonportal durchdrungen, was dem Fragment eine bemerkenswerte Tiefe gibt. Durch die Übernahme der im Portal angelegten Raumhöhe entstand im Neubau ein beeindruckender Eingangsraum mit fast fünf Metern Höhe, von dem eine halbe Treppe hinauf ins Hochparterre führt. Dort befinden sich zu beiden Seiten Büroräume, die selbst noch eine Raumhöhe von 3,65 Metern aufweisen. Darunter konnte eine Kelleretage als Souterrain geschaffen werden, die 1,80 Meter unter Hofniveau liegt. Dank eines umlaufenden Lichtschachts und übergroßen Fenstern ist das Souterrain hell genug, um trotz Nordausrichtung einen angenehmen Arbeitsraum zu bilden.

Die Fassade des Neubaus ist über dem Portalbogen streng symmetrisch in vier Felder geteilt, die jedoch durch den verspringenden Wechsel aus Balkonen und Panoramascheiben im Format 3,60 mal 3,10 Meter lebendig wirkt. Der Grundriss des Hauses ist L-förmig, sodass auf jeder Etage links eine Wohn- oder Büroeinheit mit etwa 88 Quadratmetern Nutzfläche und rechts eine Einheite mit 130 Quadratmetern liegt. Den oberen Abschluss bildet ein Staffelgeschoss.

Die dreidimensionale Tiefe der Fassade stellt eine lockere Verbindung zu den historischen Fassaden der Nachbarn her. Vom Portalbogen haben die Architekt*innen für ihren Entwurf außerdem den Halbkreisschwung übernommen und spielen mit ihm an verschiedenen Stellen. Am auffälligsten sind natürlich die großen Betonhalbkreise der verspringenden Balkone. Aber auch bei den Treppen am kleinen rückwärtigen Hof, bei der Betonwand am hinteren Ende des Grundstücks, im Schwung der Spiraltreppe und selbst in manchen Möbelstücken taucht der Halbkreis in allerlei Variationen auf. So stellt der Neubau insgesamt ein vielschichtiges Geflecht an Beziehungen zur Geschichte des eigenen Grundstücks wie auch zur Nachbarschaft her. (fh)

Fotos: Philipp Obkircher


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Portalfragment vor dem Neubau

Portalfragment vor dem Neubau

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