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05.09.2023
Grenzerfahrung in Stahl
Mehrfamilienhaus in Zürich von Graser Troxler Architekten
Nur wenige derzeit errichtete Wohnhäuser bestehen aus Stahl. Nicht zuletzt angesichts massiv gestiegener Baukosten für andere Konstruktionsweisen erweist sich das Material aber zunehmend wieder als interessante Alternative. Hinzu kommen eine Menge anderer positiver Eigenschaften wie die gute Rückbau- und Recylcebarkeit. In Zürich zeigt das lokal ansässige Büro Graser Troxler Architekten, wie sinnvoll sich Stahl bei einem Mehrfamilienhaus einsetzen lässt. Das Projekt enstand in enger Kooperation mit dem Büro Büeler Fischli Bauingenieure aus Ibach.
Die Geschichte des Hauses am Herbstweg beginnt mit seinem Doppelhaus-Vorgänger. Weil sich die Baureserve der beiden Parzellen nur durch ein koordiniertes Vorgehen ausnutzen ließen, entschlossen sich die Inhaber*innen zu einem gemeinsamen Neubau. Eine durchgehende Brandmauer aus Beton genau auf der Grundstücksgrenze dokumentierte während des Baus sichtbar diesen Umstand. Während die eine Hälfte primär von den bisherigen Besitzer*innen genutzt wird, entstanden in der anderen Hälfte eine Reihe kleinerer Mietwohnungen. Die erhebliche Nachverdichtung auf insgesamt 1.400 Quadratmetern Nutzfäche spiegelt dabei die allgemeine Entwicklung im Quartier.
Die Planer*innen erfreuten sich sichtbar an der hybriden Konstruktionsweise, bei der es ihnen primär um die Leistungsfähigkeit einzelner Materialien und weniger um konstruktive Orthodoxie ging. Über einem Sockel aus Beton entfaltet sich der Stahlbau mit relativ eng gesetzten H-Profilen und flachen Stahl-Beton-Verbunddecken. Die Wangen der Träger wurden im äußeren Bereich mit Kanthölzern ausgefacht, an denen wiederum das Holzständerwerk der abschließend mit Blech verkleideten Fassade befestigt werden konnte. Nicht zuletzt dank des engen Rasters ließ sich der gesamte Stahlbau innerhalb weniger Wochen und nur mit Hilfe einer Hebebühne aufrichten.
Die Komplexität des Projekts zeigt sich aber nicht nur in der Konstruktion, sondern auch im Grundriss. Denn die Brandmauer ist eben nicht nur eine Linie, sondern ein räumliches Gefüge, das auch von der Verhandlung der Bedürfnisse der beiden Bauherrenschaften erzählt. So wurde beispielsweise zugunsten der einen Erdgeschosswohnung auf eine innenliegende Kellertreppe verzichtet. Kompensiert wird dies wiederum durch den Lift und dessen Anordnung.
Im Inneren verstecken Graser Troxler die Tragkonstruktion des Hauses nicht. Die lackierten Stahlprofile bestimmen das Bild. Die Trapezbleche der Decken sorgen für ein in Wohnräumen eher ungewohntes Bild. Im Zusammenspiel mit den Betonböden ergibt sich nämlich eine Art verfeinerte Rohbauästhetik, bei der vom Holz der Fassade allerdings nichts zu sehen ist. Für warme Akzente sorgen aber an anderer Stelle hölzerne Wandverkleidungen. (sb)
Fotos: Karin Gauch + Fabien Schwartz, Philip Heckhausen
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