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07.07.2023
Glockenturm und Puppen
Kulturzentrum von ACAU in Dives-sur-Mer
Die kleine französische Gemeinde Dives-sur-Mer gehört zum Département Calvados und liegt in der Normandie. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird der Ort mit knapp 5.000 Einwohner*innen von der damals gegründeten Metallfabrik geprägt. 100 Jahre später, Mitte der 1980er Jahre, schloss die damals als Tréfimétaux firmierende Fabrik allerdings ihre Pforten. Seit den 1990er Jahren erfolgt die Umwandlung des Geländes, das als heutiger Yachthafen eine komplett neue Ausrichtung für die Gemeinde einschlug.
Die Fabrikbauten wurden zum größten Teil abgebrochen. Erhalten geblieben sind lediglich zwei benachbarte Gebäude. Während ein ehemaliger Bürobau bereits seit Anfang der 2000er Jahre als Mediathek genutzt wird, fand der 1892 errichtete und 2007 unter Denkmalschutz gestellte Glockenturm der Metallfabrik erst im vergangenen Monat seine neue Bestimmung. Der restaurierte Bestandsbau und die Erweiterung konnten vor kurzem als kulturelles Zentrum für die Region bezogen werden. Für Planung und Realisierung zeichnet das 1985 gegründete Architekturbüro ACAU – Agence Coopérative d'Architecture et d'Urbanisme aus Rouen verantwortlich. In Auftrag gegeben wurde es von der Gemeinde und dem öffentlichen Immobilienfonds der Normandie (EPFN).
Der dreigeschossige Bestandsbau mit Turm bietet Räumlichkeiten für eine interkommunale Musikschule und wird von einem Erweiterungsbau im Norden des Gebäudes ergänzt, der mit „Le Sablier“ ein Nationales Puppentheater und dessen Werkstatträume beherbergt. Dieses ist 2017 aus dem Zusammenschluss zweier in Calvados gelegener Theater entstanden und findet im ehemaligen Fabrikgebäude seine neue Spielstätte.
Das Projekt umfasste sowohl die Erneuerung der Fassade als auch Dach- und Kupferarbeiten. Dazu gehörten neben der Restaurierung von Putz und Ziegeln auch Tischlerarbeiten sowie die Restaurierung der historischen Uhren. Im Innenraum wurden weitreichende Umbauten des seit Jahrzehnten leerstehenden Gebäudes vorgenommen. So wurden die Geschossdecken aufgrund der künftig hohen Betriebslast und Anforderungen an die Akustik der Musikschule vollständig erneuert und mit sichtbaren Holzbohlen verkleidet. Ein eingeschossiger historischer Anbau im Westen, der verfallen war, wurde im Rahmen der Arbeiten ab- und wiederaufgebaut, wobei laut ACAU alle Details der Geländer und des Fries bewahrt werden konnten.
Über eine gläserne, eingeschossige Passage gelangt man in den niedrigen Erweiterungsbau. Dabei sollen die Ziegelsteinfassaden laut Büro die Materialität des benachbarten Glockenturms in den Vordergrund stellen. Dieser wird zudem in der zum Bestand orientierten Fassade aus eloxierten Metallpaneelen reflektiert. Im rückwärtig ansteigenden Innenraum des Anbaus befindet sich das Puppentheater mit einem auf 130 Personen ausgelegten Zuschauerraum. Im Vordergrund steht die zum Hafen hin orientierte, großzügig gestaltete Werkstatt des Theaters. Wie auch beim Bestand wählten ACAU eine warme Holzverkleidung für den Ausbau. Über eine große Fensteröffnung erhalten Passant*innen Einblick in die Arbeitsprozesse hinter der Bühne. (sla)
Fotos: Charly Broyez, Antoine Cardi
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