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26.06.2023

Filmtipp: Where Life Happens

10. Arquiteturas Film Festival in Porto


Am Dienstag beginnt in Porto das 10. Arquiteturas Film Festival. Unter dem Motto „Where Life Happens“ soll es nicht um Gebäude und Architekturen gehen, sondern um die Menschen, die sie bewohnen, sich aneignen und ihnen im Alltag Bedeutung geben. Mehr als 20 internationale Filme sind zu sehen. Gastinstitution ist dieses Mal das Canadian Centre for Architecture (CCA), sein neuer Film feiert Weltpremiere.
 
Where We Grow Older 
Wo werden wir leben, wenn wir älter sind? Wer wird sich um uns kümmern, und wie kann altersinklusive Architektur aussehen? Der neue Dokumentarfilm Where We Grow Older blickt nach Spanien und in die USA. In Barcelona folgt er dem Alltag älterer Menschen. Diese leben in einem Gebäude, das Teil eines städtischen Wohnbauprogramms für Senior*innen mit geringem Einkommen ist, erklärt die Leiterin des Hauses. Später kommen auch der Architekt und ein Politiker zu Wort, im Wechsel mit einem Planungsteam in Baltimore. Hier beginnt bald der Bau eines Co-Housing-Projekts, das sich einer neuen Idee des Zusammenlebens von Pflegenden und gepflegten Bewohner*innen verschrieben hat.

Der Film des Regisseurs Daniel Schwartz bildet den Abschluss einer dreiteiligen Dokumentarfilmreihe, die von CCA-Direktorin Giovanna Borasi konzipiert und vom CCA produziert wurde. Der erste Film What It Takes to Make a Home (2019, 29 min) befasst sich mit dem Thema Obdachlosigkeit. When We Live Alone (2020, 27 min) widmet sich Räumen und Lebensweisen des Alleinewohnens. Beide Filme sind in voller Länge online kostenfrei verfügbar.

Where We Grow Older
Giovanna Borasi, Daniel Schwartz
Kanada, Spanien, USA, 2023
30 min


Topiaskop

Beton wird auf ein Bewehrungsgitter gegossen, eine Person in Gelb müht sich mit einem Plastikschlauch ab. Der Experimentalfilm Topiaskop widmet sich den Materialitäten und Prozessen des Bauens, Abreißens und Wiedererrichtens. Die Vermessung abstrakt scheinender Landschaften aus Erde und Sand wechselt sich ab mit Filmaufnahmen, die im Zeitraffer generische Baustellen oder Vorbereitungsarbeiten eines Abrisses zeigen. Auch hier wird ein Gerüst errichtet, sodass am Ende nicht mehr klar ist, wer hier eigentlich was baut oder abreißt. Die Gebäude wachsen oder fallen scheinbar von selbst. Gleich einem Fernrohr zieht das runde Filmformat die Zuschauenden in den absurden (Ab)bauprozess hinein. Am Ende weitet sich der Blick zu einem rechteckigen Kaleidoskop, das eine vertikale Armee von Arbeitenden schafft. Hier wird das Wahnhafte des seriellen Weiterbauens spürbar. Josephin Böttgers Kurzfilm ist ein audio-visueller Sog, der auch als eine Infragestellung des stetigen Wachstums und Bauens gesehen werden kann, sich aber nicht vor der Faszination Baustelle und ihrer Ästhetik scheut.

Topiaskop
Josephin Böttger
Deutschland, 2019
7 min


Lines (Čiary)

Alltag in Bratislava, das heißt stetiger Baustellenbetrieb, dazu kollabierender Verkehr, steigende Wohnungspreise und die eigenen, ganz persönlichen Sorgen. Der Dokumentarfilm Lines zeigt den Alltag verschiedener Protagonist*innen: Straßenarbeiter ziehen neue Markierungen auf dem Asphalt und denken beim Feierabendbier über die Psyche der Städter*innen nach. Die 50-jährige Blanka lebt alleine in ihrer Wohnung und spricht offen über das Gefühl der Einsamkeit. Matuš, ein junger motivierter Mann, will Stadtrat werden, ist aber nicht so richtig gut darin, sich zu inszenieren. Im Gegensatz dazu verkauft ein überzeugender Immobilienmakler seine Wohnungen als den Traum vom glücklichen Leben. Und dann ist da noch ein Musikkomponist, der mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung lebt. Auf Streifzügen durch die Stadt gibt er sich den Geräuschen hin und versucht, sie in seiner Musik einzufangen. Regisseurin Barbora Sliepková verknüpft Geschichten und Beobachtungen aus der postsozialistischen Stadt zu einem visuellen Essay in Schwarz-Weiß, der Bratislava als einen Ort stetigen Wandels zeigt und gleichzeitig die Dynamik der individuellen Lebensalltage einfängt.

Lines (Čiary)
Barbora Sliepková
Slowakei, 2021
80 min


Death of a City (A Morte de Uma Cidade)

Mitten in Lissabon liegt das Viertel Bairro Alto. Heute eine bei Tourist*innen beliebte Kneipenmeile, war es einst Sitz von Zeitungsredaktionen und Druckereien, die sukzessive geschlossen wurden. Neben der Alfama ist das Bairro Alto eines der von Gentrifizierungsprozessen am stärksten betroffenen Viertel. Der Film Death of a City zeigt den Abriss eines alten Druckereigebäudes, an dessen Stelle nun Luxusapartments errichtet werden sollen. Für den Regisseur João Rosas versinnbildlicht es das Sterbens eines bestimmten Lissabons, eingeebnet von Touristenströmen, zersetzt von Immobilienspekulation. Gleich einem Filmtagebuch folgt Rosas dem Alltag der auf der Baustelle arbeitenden Menschen und ergründet dabei auch die eigene Beziehung zu seiner Heimatstadt Lissabon. (Hannah Strothmann)

Death of a City
João Rosas
Portugal, 2022
116 min


Zum Thema:

arquiteturasfilmfestival.com


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Filmstill Where We Grow Older, 2023. © CCA

Filmstill Where We Grow Older, 2023. © CCA

Filmstill Topiaskop, 2019 ©Josephin Böttger

Filmstill Topiaskop, 2019 ©Josephin Böttger

Filmstill Lines, 2021 Barbora © Sliepková

Filmstill Lines, 2021 Barbora © Sliepková

Filmstill Death of a City, 2022 © João Rosas

Filmstill Death of a City, 2022 © João Rosas

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