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05.06.2023
Koloss im Stahlkorsett
Bürogebäude in Los Angeles von Eric Owen Moss Architects
In Culver City, einer Stadt im Großraum von Los Angeles, liegt das Viertel Hayden Tract, ein vormaliges Industriegebiet und heutiges Büroquartier für die Kreativ- und Technologiebranche. Es ist zugleich bevorzugte Spielwiese des vor Ort ansässigen Büros Eric Owen Moss Architects (EOMA) und des Immobilienentwicklers Samitaur Constructs, die hier seit den späten 1980er Jahren schon etliche, mitunter etwas bizarr wirkende Um- und Neubauprojekte mit sprechenden Namen zusammen realisiert haben. Jüngster Neuzugang ist der sogenannte (W)rapper, ein rund 70 Meter hoher und damit weithin sichtbarer Bürokomplex, der mit brachialer Präsenz aus der flachen Bebauung seiner Umgebung emporschießt.
Sein Standort am Jefferson Boulevard – zwischen dem kanalisierten Fluss Ballona Creek und der Expo Line, einer Stadtbahnlinie, die West Los Angeles mit der Innenstadt verbindet – liegt am östlichen Rand von Culver City und de facto bereits im Stadtgebiet von Los Angeles. Fertiggestellt wurde der rund 17.000 Quadratmeter fassende Neubau 2023, doch sein Konzept ist mehr als 20 Jahre alt. Es geht auf eine Struktur zurück, die Eric Owen Moss eigenen Angaben zufolge erstmals 1998 in einer Ausstellung im Wexner Center präsentierte, einem Kunstzentrum in Columbus, Ohio. Zwischenzeitlich entwickelte er sie zu einem wild gekurvten Exoskelett weiter, das nun namensgebendes Charakteristikum des Büroturms ist und kurz an Herzog & de Meurons Vogelnest-Stadion in Peking denken lässt.
Dem kompakten Hauptvolumen, das an einer Querseite abgerundet ist, während an der anderen eine außenliegende Zickzack-Treppe regelrecht aus der Kubatur herausschleudert, ist ein nach Süden versetzter Versorgungs- und Aufzugskern beigestellt, wodurch eine T-Form entstand. Die 17 stützenfreien Büroetagen sind in drei unterschiedlichen Höhen ausgeführt. Sie bieten Grundrissflexibilität und verfügen teilweise über von der Decke abgehängte Zwischengeschosse. Auf dem Dach locken Terrassen mit spektakulären Ausblicken.
Wenngleich der Bau in seiner Erscheinung eine brutalistische Betonästhetik zitiert, besteht das Tragwerk, dessen Planung von der Los Angeles Dependance von Arup übernommen wurde, laut den Architekt*innen nicht aus Beton, sondern aus Stahl, der mit feuerfestem, grauem Zementputz verkleidet wurde. Die breiten, um die Glasfassade gewickelten Stahlbänder sind mit den Doppel-T-Trägern der Bodenplatten verbunden und reichen bis hinunter zum basisisolierten Fundament. Dieses Korsett und die seismischen Isolatoren, auf denen es steht, sollen eine hohe Erdbebensicherheit garantieren. Im Projektbeschrieb zeigt sich das Büro diesbezüglich zuversichtlich: „Der Turm wird ein schweres Erdbeben überstehen, sodass am nächsten Tag die Arbeit im Büro weitergehen kann.“
Trotz der exzessiven Verwendung von Stahl verstehen EOMA ihr Gebäude als mustergültig nachhaltig und argumentieren dabei unter anderem mit einer angenommenen besonderen Langlebigkeit, seiner Gebäudehülle aus Hochleistungsglas, der räumlichen Flexibilität im säulenfreien Inneren und einer indirekten Förderung der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs – zwischen der im ersten Obergeschoss befindlichen Lobby und der benachbarten Station der Expo Line besteht eine direkte Verbindung für Fußgänger*innen.
Dem (W)rapper könnten bald zwei weitere Hochhäuser folgen, denn er ist nur der erste von insgesamt drei neuen Türmen, die EOMA für das Gebiet planten. Wie das Büro mitteilt, wurden auch die beiden anderen Vorhaben bereits von der Stadt Los Angeles genehmigt. (da)
Fotos: Tom Bonner, Mary Schwinn (Dronenfotos)
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