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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Zur_Sanierung_der_Kunsthalle_Rostock_durch_buttler_architekten_und_matrix_architektur_8233313.html

11.05.2023

Unikat der Ostmoderne

Zur Sanierung der Kunsthalle Rostock durch buttler architekten und matrix architektur


Die 1969 eröffnete Kunsthalle Rostock gehört zu den ganz wenigen Ausstellungsneubauten der DDR-Zeit. Und sie war das einzige große, dezidiert der zeitgenössischen Kunst gewidmete Haus im Land. Nach denkmalgerechter Sanierung wurde es letzte Woche wiedereröffnet.

Von Nikolaus Bernau
 
Vor drei Jahren wurde die Kunsthalle Rostock geschlossen, um den Bau nach mehr als einem halben Jahrhundert Nutzung nach Plänen der ARGE buttler architekten und matrix architektur (beide Rostock) grundlegend zu sanieren. Auftraggeberin war der Eigenbetrieb Kommunale Objektbewirtschaftung und -entwicklung (KOE) der Stadt Rostock. Gerade einmal 10,2 Millionen Euro standen zur Verfügung, eine für die Hansestadt sehr große, im Vergleich etwa zu Berliner Sanierungsprojekten geradezu peinlich kleine Summe. Und selbst die konnte nur dank der Europäischen Union aufgebracht werden, die 4,17 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) beisteuerte. Die Generalsanierung ist die zweite große Baumaßname der letzten Jahre. Im September 2018 war bereits der Neubau des Schaudepots, ebenfalls von buttler und matrix eröffnet worden.
 
Die Befürchtungen, dass bei diesen Arbeiten ein herausragendes Denkmal der Museums- und Architekturgeschichte der DDR durch zu wenig Geld und zu viel Neuerungsenthusiasmus ruiniert werden könnte, waren also erheblich. Auch deswegen fand 2019 eine internationale Tagung zur Geschichte der Museen in der DDR in der Kunsthalle statt, die in einer Übersichtspublikation zum Thema mündete. Der Autor dieser Zeilen war hieran beteiligt, ist also alles andere als neutral, wenn es um das Thema geht.

Internationalität als Programm
 
Die Kunsthalle gehört zu den ganz wenigen Museumsneubauten, die die DDR errichten ließ. Neben einigen kleinen Kunstpavillons war sie das einzige, dezidiert der zeitgenössischen Kunst gewidmete Ausstellungshaus. In den 1960ern versuchte die DDR fast verzweifelt, durch eine offensive Kulturpolitik an internationalem Ansehen zu gewinnen. Dazu gehörte auch die Veranstaltung der Ostsee-Biennale, der die Kunsthalle als Ausstellungshaus diente. Entworfen seit 1964 von Hans Fleischauer und Martin Halwas nach Vorstudien von Erich Kaufmann, wurde sie 1969 eingeweiht. Zweifellos ist sie einer der bedeutendsten Bauten der DDR-Architekturgeschichte.

Das Haus liegt am Rand des Schwanenteichparks und kondensiert viele Ideen, die im damaligen Museumsbau international charakteristisch waren: die Lage in einem Garten und nahe von Wohnvierteln; Transparenz, indem man durch die Scheiben des einstigen Skulpturen- und heutigen Veranstaltungssaals tief bis in den strahlend weißen Innenhof blicken kann; die Säle im Obergeschoss mit klarem Oberlicht; der demonstrativ einfache Zugang; das Café mit direktem Zugang zum Blumengarten oder die betont einfachen Materialien. Von der klaren, kubischen Anmutung konnte bemerkenswert viel bei dem tief in die Baustruktur eingreifenden Sanierungsprojekt erhalten werden, obwohl kaum eine Oberfläche unangetastet blieb.

Kompromisse bei der Hülle, Sorgfalt im Inneren

Allerdings musste die Außenhülle einen erheblichen Eingriff erleiden. Zwar konnte der allergrößte Teil der sanft geformten Reliefplatten aus geweißtem Beton, aus denen die Fassade im Obergeschoss besteht, bewahrt, gereinigt und wieder verwendet werden. Doch wurde dieser Teil der Fassade gut zehn Zentimeter aufgedoppelt, da die Aufhängung der Platten komplett erneuert werden musste. Sie ragt nun vor, was gerade aus der Nähe ärgerlich sichtbar ist. Die in den 1960ern so wichtige kantige Gestaltung des Baukörpers war übrigens bereits vor einigen Jahren durch die Bauverwaltung konterkariert worden, als sie spitzelig wirkende Oberlichter auf das Dach setzte und dadurch den Postkartenblick über den Schwanenteich störte.
 
An anderen Stellen konnte sich die Denkmalpflege besser durchsetzen. So wurden die Fußböden im Hauptgeschoss wieder mit jetzt noch sehr hell strahlendem Kiefernholz belegt, die im Obergeschoss mit würfelförmig gemustertem Parkett. In Skulpturensaal und Foyer wurden wieder nun hellrot schimmernde Klinker verlegt; die rauen Betondecken blieben hier offen sichtbar. Die Aufzugsanlage verschwand in einem Nebengelass, und selbst die um das Treppenhaus eingezogenen Glaswände im Obergeschoss fallen kaum auf. In den Ausstellungssälen wurde die Gliederung durch Treppen beibehalten, die Heizungskörper stehen weiter wie Skulpturen mitten im Raum.

Sogar die Aufteilung der neuen Oberlichtdecken orientiert sich wenigstens grosso modo an der originalen Decke. Das Licht in den Ausstellungshallen ist nun jedoch geradezu gleißend hell. Die Säle können aber vollständig verdunkelt werden, teilt Direktor Uwe Neumann beruhigend mit. Die originale Glasdecke konnte allerdings nicht erhalten werden – angeblich aus bautechnischen und statischen Gründen. Verloren ging damit ein charakteristisches Denkmal der Technik-, Kultur- und Museumsgeschichte, hergestellt aus Glasplatten, die für den Stallbau in der Landwirtschaft entwickelt worden waren und hier umgenutzt wurden.

Transformationen der DDR-Hinterlassenschaften

Auch die nicht-bauzeitlichen, sondern erst später montierten, für die Gestaltkultur der DDR jedoch charakteristischen Kunstschmiedegitter an den Fenstern entfielen. Sie wurden wenigstens teilweise – zusammen mit einer Bunkertür – von der Berliner Künstlerin Andrea Pichel zu einem neuen, bald goldglänzenden Kunstwerk mit dem Titel „Kiosk – Fragmente einer Zeit“ verarbeitet, das hinter der Kunsthalle steht und einen Zeitungspavillon zitiert.
 
Trotzdem: Im Vergleich zum anderen jüngsten Großprojekt dieser Art (dem allzu glatt, allzu modernistisch die Geschichte zum Dekor machenden Umbau des ehemaligen Terrassenrestaurants Minsk in Potsdam) ist die sanierte Kunsthalle Rostock ein DDR-Bau mit Geschichte geblieben – mit all ihrer Materialarmut und all ihren (über-)großen kulturellen Ambitionen.

Fotos: Tim Kellner, KOE, Nikolaus Bernau


Zum Thema:

Mehr zu Betoninstandsetzung, Beton-Fassadentafeln und Tageslicht in Museen bei Baunetz Wissen.


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Kommentare:
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Gerade einmal 10,2 Millionen Euro standen für die denkmalgerechte Sanierung zur Verfügung.

Gerade einmal 10,2 Millionen Euro standen für die denkmalgerechte Sanierung zur Verfügung.

Die KOE hat Fotos des generalsanierten Hauses veröffentlicht, jedoch kein Planmaterial zum Bauprojekt.

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Der allergrößte Teil der sanft geformten Reliefplatten aus geweißtem Beton konnte bewahrt werden.

Der allergrößte Teil der sanft geformten Reliefplatten aus geweißtem Beton konnte bewahrt werden.

In den Ausstellungssälen wurde die Gliederung durch Treppen beibehalten, die Heizungskörper stehen nach wie vor wie Skulpturen mitten im Raum.

In den Ausstellungssälen wurde die Gliederung durch Treppen beibehalten, die Heizungskörper stehen nach wie vor wie Skulpturen mitten im Raum.

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