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30.09.2022

Kein Quadrat

Museumserweiterung von Gigon/Guyer und pbr Planungsbüro Rohling in Bottrop


Ausnahmsweise fängt dieser Beitrag mit dem an, was ein Gebäude nicht ist. Denn Gigon/Guyer und pbr Planungsbüro Rohling haben mit ihrer Erweiterung dem Josef-Albers-Museum Quadrat in Bottrop eben kein fünftes Quadrat hinzugefügt. Dennoch überzeugt die neu eingefügte Struktur.

Von Uta Winterhager

Der 1888 in Bottrop geborene Maler und Kunsttheoretiker Josef Albers war 1933 nach der Schließung des Bauhauses durch die Nationalsozialisten mit seiner Frau Anni Albers in die USA geflüchtet. Seine Arbeit als Künstler und Hochschuldozent konnte er dort fortsetzen und seine Werke, die der konkreten Kunst zuzuordnen sind, wurden auch in der jungen Bundesrepublik geschätzt. Ausgestellt waren sie auf der documenta 1 im Jahr 1955 als Teil einer neuen Positionierung der Kunst.

An der Serie „Homage to the Square“, der Huldigung an das Quadrat, arbeitete Albers bereits seit zwanzig Jahren, als er 1970 Ehrenbürger seiner Geburtsstadt wurde. Sein Dank war eine Schenkung von sechs Bildern und einige Graphiken, die die Stadt zum Anlass nahm, das alte Heimatmuseum im Stadtgarten zum Museumszentrum Quadrat auszubauen. Bernhard Küppers, Architekt und langjähriger Leiter des Hochbauamts von Bottrop, setzte eine Kette von drei Mies-inspirierten Pavillons auf quadratischem Grundriss in den Park und dockte mit dem mittleren an die alte Museumsvilla an. Die Eröffnung fand in Albers’ Todesjahr 1976 statt. Vier Jahre später übergaben Anni Albers und die Albers Foundation der Stadt weitere 300 Werke aus dem Nachlass mit der Auflage, das Museum zu erweitern. Finanziert aus Landesmitteln wurde der Neubau – wiederum Küppers und wiederum ein Quadrat – mit einer verglasten Passerelle an den Cluster angeschlossen und 1983 als Josef Albers Museum eröffnet.

Vierzig Jahre später sah sich das Museum gefangen im Quadrat, es mangelte an Raum und Freiraum, sich auch mit Wechselausstellungen zu positionieren. So lobte die Stadt 2016 einen nicht offenen Planungswettbewerb mit 25 Büros aus. Unter Juryvorsitz von Christoph Sattler wurde die Arbeit von Gigon/Guyer Architekten (Zürich) und pbr Planungsbüro Rohling (Osnabrück) mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Nach fünf Jahren Bauzeit wird die Josef-Albers-Galerie am 18. Oktober 2022 eröffnet. Einige Elemente, auch die Materialität, erscheinen bekannt. So gelingt die Einordnung in das Ensemble und den Park. Auch Gigon/Guyer verwenden schwarzbraune Stahlelemente, doch anders als beim Bestand kaschieren ihre großformatigen Paneele die Konstruktion des zweigeschossigen Baukörpers. Das Quadrat als Grundriss war für Annette Gigon keine Option, weil der Innenraum ansonsten zu starr für die Kunst sei, das Rechteck dagegen „gutmütiger“.

Erschlossen wird der Neubau mit 1.996 Quadratmetern Bruttogrundfläche über eine Verbindungsbrücke, dunkel verkleidet wie ein Tunnel führt sie ins Licht. Der mäandernde Rundgang durch die acht Ausstellungssäle im Obergeschoss, die zwischen 58 und 122 Quadratmetern groß sind, nimmt den Gedanken des Flanierens im Park auf. Im Erdgeschoss befinden sich Räume für Museumspädagogik, Werkstatt, Bibliothek und Depot.

Mit großer Perfektion und sehr diskret gestaltet, dient hier die Architektur der Kunst. Nichts stört, denn die Technik verschwindet in zwei aufgedoppelten Innenwänden. Vier großformatige Kastenfernster, eines in jede Himmelsrichtung, machen den Neubau zum Teil des Ganzen. Unterschiedliche Kunst- und Tageslichtszenarien können mit LED-Bändern sowie textilen Verdunklungs- und Sonnenschutzelementen, die vor die raumseitig geätzten Scheiben fahren, auf Knopfdruck kreiert werden. Was nicht gebraucht wird, liegt verborgen in der Geometrie des Sheddachs. In der Ansicht bleibt das Shed verborgen, „zu industriell die Anmutung“, sagt Annette Gigon. So bekam der Baukörper an der Dachkante der langen Nord-Ost-Seite eine Ausklappung, „einen Kragen“, der die Zacken verdeckt, aber noch Licht in das letzte Shed einfallen lässt. Das ist irgendwie schräg, aber auch ein schöner Moment jenseits des rechten Winkels.

Für Bottrop hat das Museumszentrum Quadrat große Bedeutung, ihr kulturelles Rückgrat stützt die ehemalige Steinkohlestadt auch während des schwierigen Strukturwandels. Fast 13 Millionen Euro hat der Neubau gekostet, finanziert wurde er aus Bundes- und Landesmitteln sowie durch Stiftungen der Industrie, dem LWL Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Josef & Anni Albers Foundation.

Fotos: Stefan Müller


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

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