- Weitere Angebote:
- Filme BauNetz TV
- Produktsuche
- Videoreihe ARCHlab (Porträts)
15.11.2022
Shinohara auf dem Vitra Campus
Eröffnung des Umbrella House in Weil am Rhein
Das Haus – entworfen für eine kleine Familie – basiert auf einer quadratischen Grundfläche von sieben mal sieben Metern und wird „beschirmt“ durch sein pyramidenförmiges, überstehendes Dach. Diese der traditionellen japanischen Tempelarchitektur entlehnte Form setzte Shinohara erstmals in einem Wohnhaus ein. Innovativ war auch die Verwendung möglichst einfacher und kostengünstiger Materialien, etwa Zementfaserplatten, Reisstrohmatten und verschiedene Hölzer: Zeder, japanische Kiefer und Douglasie.
Auf der einen Seite der 55 Quadratmeter großen Fläche sind die Küche mit Esstisch, ein Wohnraum und ein Bad untergebracht. Den anderen Teil des Hauses nimmt – durch eine Schwelle leicht erhöht – das traditionelle Tatami-Zimmer zum Rückzug und Schlafen für die ganze Familie ein. Es kann durch fünf Schiebeelemente vom Wohnraum abgetrennt werden und besitzt eine flache Decke. Der halbhohe Raum darüber wird als Stauraum genutzt. Über dem gesamten Grundriss bildet die schirmartige Dachstruktur ein vier Meter hohes, großzügiges Raumvolumen. Das Mobiliar im wiederaufgebauten Umbrella House besteht aus den von Kazuo Shinohara zusammen mit dem Designer Katsuhiko Shiraishi entworfenen Originalmöbeln sowie aus Nachbauten. Auch die Drucke der japanischen Künstlerin Setsu Asakura auf den Schiebetüren gehen auf Shinoharas Vorgabe zurück.
Kazuo Shinohara gilt neben Kenzo Tange als einflussreichster Architekt seiner Generation. In seinem Werk, das er in vier – jeweils unterschiedlichen Fragestellungen gewidmete – „Stile“ unterteilte, konzentrierte er sich weitgehend auf die Gestaltung von Wohnhäusern. Er prägte den Begriff vom „Haus als Kunstwerk“. Das Umbrella House ist das kleinste und zudem eines der letzten noch erhaltenen Wohnhäuser des sogenannten Ersten Stils. Shinohara setzte sich darin mit der „Kraft des Raumes“ im bäuerlichen japanischen Lehmbodenhaus auseinander. Als neuartige Interpretation des Einfamilienhauses stellte das Umbrella House einen Gegensatz zum seinerzeit aktuellen Metabolismus und zum westlichen Funktionalismus dar und bildete eine wichtige Anregung im japanischen Architekturdiskurs der 1960er Jahre. (uav)
Fotos: Julien Lanoo, Akio Kawasumi
Zum Thema:
Anlässlich der Eröffnung des Umbrella House auf dem Vitra Campus ist – in Zusammenarbeit von Rolf Fehlbaum, dem Vitra Designmuseum und den Architekt*innen Christian Dehli und Andrea Grolimund – die Monografie „The Umbrella House Project“ entstanden, die am Freitag, 18. November 2022 um 18 Uhr im Vitra Schaudepot vorgestellt wird. Der Buchpräsentation folgt ein Gespräch mit Architekt Christian Kerez (ETH Zürich) und Architekturkritiker Hubertus Adam. Im Anschluss kann das Umbrella House in kleinen Gruppen besichtigt werden. Für die Veranstaltung in englischer Sprache wird um Anmeldung per E-Mail gebeten, der Eintritt ist frei.
Kommentare:
Kommentare (2) lesen / Meldung kommentieren