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29.06.2022
Buchtipp: Poesie der Mathematik
Ingenieurbauführer Hamburg
Anfang 2021 erschien die Baunetzwoche#573, in der wir „außergewöhnliche Architekturführer“ vorstellten. Sven Barduas eben veröffentlichtes Buch Ingenieurbauführer Hamburg. Gewerbe, Bauten für die Öffentlichkeit, Wohnen hätte dort hervorragend gepasst. Denn als Wegweiser durch die gebaute Umwelt konzentriert sich das Buch auf die konstruktiven und technischen Aspekte der Architektur und setzt damit der altbekannten Buchgattung Architekturführer eine bisher noch viel zu selten anzutreffende thematische Fokussierung entgegen.
Welch eminent wichtige Rolle Bauingenieur*innen im Bauprozess spielen, ist gemeinhin bekannt. Doch schnell wird es fachspezifisch. Die Übersetzung ingenieurstechnischer Leistungen in allgemeinverständliche Worte fällt offenbar nicht leicht. Dementsprechend dünn gesät ist allgemein verständliche Literatur. Vergleichbare Führer liegen für Deutschland bisher nur zu Baden-Württemberg (überarbeitete Neuauflage, Beuth Verlag 2019) und Berlin (Michael Imhof Verlag 2020) vor. 2013 erschien beim vdf Hochschulverlag der ETH die überarbeitete Auflage des Ingenieurbauführers Zürich.
Bardua widmet sich nun also Hamburg. Die Einleitung beginnt im locker anekdotischen Ton, berichtet vom Baugrund der Hafenstadt, vom Wandel der Baumaterialien, von Sprengungen und eingestürzten Bauten – und umreißt dann die typischen Aufgaben der Ingenieure vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.
Danach geht es im besten Sinne ans Eingemachte. 57 fundierte und gut lesbare Artikel stellen exemplarisch Bauprojekte aus den letzten 150 Jahren vor. Sie sind der Kern des Buches und gehen weit über das hinaus, was die meisten Führer bieten. Weil Bardua nur relativ wenige Projekt zeigt, hat er entsprechend viel Platz. Die Texte können auf angenehme Weise in die Details gehen, die Bebilderung ist großzügig und wartet mit fantastischen historischen Bildern und Baustellenfotos auf. Vortexte benennen prominent die Spezifiken der Projekte, die Beteiligten werden detailliert aufgelistet, ebenso die verwendete Literatur. Obendrauf verweist das Buch bei einigen Bauten auf Vergleichsbeispiele aus dem Hamburger Kontext.
Schließlich gibt es noch einen fulminanten, 50-seitigen Anhang mit Biographien, Literatur und diversen Registern, wie man sie in dieser Gründlichkeit nur selten sieht. Sollte sich hier die mathematische Präzision der Disziplin im Medium Buch widerspiegeln, so wäre das ein schöner Nebeneffekt.
Wie der Untertitel „Gewerbe, Bauten für die Öffentlichkeit, Wohnen“ andeutet, ist mit diesem Buch längst nicht alles gesagt zum Ingenieurbau in Hamburg. Verkehrs- und Infrastrukturbauten sowie Stadttechnik werden in einem zweiten Band behandelt. Hoffen wir, dass auch andere Städte und Regionen bald mit ähnlich gelungenen Ingenieurbauführern folgen!
Text: Gregor Harbusch
Ingenieurbauführer Hamburg. Gewerbe, Bauten für die Öffentlichkeit, Wohnen
Sven Bardua
Hamburgische Ingenieurkammer-Bau (Hg.)
Gestaltung: Gesine Krüger
320 Seiten
Dölling und Galitz Verlag, Hamburg 2022
ISBN 978-3-86218-094-3
35 Euro
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